Archiv

Im Zweifel intransparent

bv; 20. Aug 2014, 13:23 Uhr
ARCHIV

Im Zweifel intransparent

bv; 20. Aug 2014, 13:23 Uhr
Oberberg – Auch in den oberbergischen Kommunen werden zahlreiche „schwierige“ Themen gerne in nichtöffentlicher Sitzung erörtert oder in Gremien behandelt, die in Hinterzimmern tagen.
Von Bernd Vorländer

Demokratie lebt von Teilhabe – eigentlich ein Grundsatz, der im Jahr 2014 selbstverständlich sein sollte, im ganzen Land und natürlich auch im Oberbergischen. Doch das Gegenteil ist in den Städten und Gemeinden der Fall. Sitzungen der Räte und Ausschüsse sollen in der Regel öffentlich sein, sagt die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung. Dies vor allem deshalb, um eine gewisse Kontrolle zu ermöglichen und eine weitgehende Transparenz kommunaler Entscheidungsabläufe sicherzustellen. Dadurch wird vorgebeugt, dass persönliche Beziehungen und Interessen Einfluss auf die Beschlussfassung haben und insgesamt der Anschein vermieden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachgemäße Motive für die getroffene Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten

Nur in begründeten Ausnahmefällen sollen Räte und Ausschüsse nichtöffentlich tagen, hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg festgestellt. Doch diese Vorgabe wird auch im Oberbergischen missachtet oder geschickt umgangen. „Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder das berechtigte Interesse einzelner erfordern“, so ein Kommentar zur Gemeindeordnung NRW. Damit ist der eigenwilligen Interpretation durch die Stadt- und Gemeinderäte Tür und Tor geöffnet, die sowieso eine Sonderstellung einnehmen. In einer Geschäftsordnung können nämlich die Räte selbständig festlegen, welche Themen in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln sind. Zudem bedarf es lediglich des Antrags eines Rats- oder Ausschussmitgliedes, um einzelne Beratungsgegenstände unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu erörtern. Denn über diesen Antrag wird – natürlich in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.


Dass Personalangelegenheiten nichtöffentlich behandelt werden, ist klar. Bei Grundstücksveräußerungen ist ein grundsätzlicher Ausschluss der Öffentlichkeit rechtlich jedoch nicht zulässig. Nur persönliche und private Umstände können hier der Öffentlichkeit entgegenstehen. Auch bei der Vergabe von Leistungen ist vieles nicht so eindeutig, wie es Politiker und Verwaltungen gerne darstellen, schutzwürdig im engeren Sinne sind hier nur Fragen nach der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bewerber. Vom Grundsatz her werden jedenfalls auch im Oberbergischen schwierige Themen meistens nichtöffentlich behandelt, was der demokratischen Transparenz entgegensteht. In Gummersbach werden zudem auch noch Ehrungsangelegenheiten nicht im Lichte der Öffentlichkeit behandelt. Hier will man offenbar unerfreulichen Diskussionen aus dem Weg gehen. Kreisweit ist zudem die offene Diskussion über Nebentätigkeiten von Bürgermeistern und Beigeordneten die Ausnahme.

Doch gibt es eine weitere Entwicklung – oder sollte man besser sagen ein weiteres Schlupfloch – mit dem Politik und Verwaltung bestimmte Diskussionsprozesse hinter verschlossene Türen vertagen. Das erfuhr in diesen Tagen etwa das Radevormwalder Ratsmitglied Fritz Ullmann. Der Mann vom Linken Forum wollte an einer Ältestenratssitzung teilnehmen, erhielt aber keinen Zutritt. Geschlossene Gesellschaft hieß es seitens der Fraktionen, denn das Gremium sei ja kein Ausschuss im eigentlichen Sinne. Dieses Vorgehen ist kein Einzelfall. Auch in der Region sind die Politiker einfallsreich, wenn es darum geht, Themen in Hinterzimmern zu besprechen.

Mal heißen sie Ältestenrat, mal Kommission, mal interfraktionelle Gesprächsrunde, mal Arbeits- oder Lenkungsgruppe. Ihr Wesen ist meist gleich: Sie arbeiten nichtöffentlich, als Unterausschuss oder beratendes Gremium. Oft, weil es schon seit Jahrzehnten so gehandhabt wird. Dabei wäre es für die Öffentlichkeit gerade wichtig, den Entstehungsprozess einer späteren Entscheidung nachvollziehen und kritisch beleuchten zu können. Doch dies ist offenbar vielerorts nicht gewollt. Und weil sich Proteste gegen diese Vorgehensweise in Grenzen halten, dürfte sich an dieser Praxis so schnell nichts ändern.
  
WERBUNG