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Warum eigentlich nicht mal baggern?

ch; 27. Mar 2014, 15:00 Uhr
Bilder: Christian Herse --- Jessica Unruh lässt sich von Mathias Schröter die Steuerung eines Baggers erklären, ehe sie selbst loslegt.
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Warum eigentlich nicht mal baggern?

ch; 27. Mar 2014, 15:00 Uhr
Lindlar - Beim „Girls' And Boys' Day“ hatten Mädchen wie Jungen wieder kreisweit die Möglichkeit, in typische „Geschlechter“-Berufe zu schnuppern - Aggerverband öffnete die Tore seiner Kläranlage und präsentierte den Schülerinnen sein breites Jobspektrum.
Von Christian Herse

Zunächst noch etwas argwöhnisch setzt sich Jessica Unruh in die Fahrerkanzel des kleinen Baggers. Den einen Joystick nach vorne drücken, das Pedal etwas ziehen und die Schaufel an der Front gräbt sich ins Erdreich. Neben Jessica steht Wasserbauer Mathias Schröter und grinst: „Siehst du, so kompliziert ist es doch gar nicht, oder?“ Die Realschülerin aus Lindlar schüttelt den Kopf und lässt schon wesentlich lockerer eine große Ladung Erde wieder auf den Boden fallen. 

[Interessiert beobachten die Schülerinnen die Vorgänge im Belebungsbecken der Kläranlage.]

Jessica ist eine von insgesamt 27 Schülerinnen, die heute Morgen die Kläranlage in Lindlar besucht haben. Sie nahmen an der Aktion „Girls' And Boys' Day“ teil , die auch in diesem Jahr wieder von vielen Firmen aus dem Oberbergischen veranstaltet werden. Sie wollen dabei Mädchen und Jungen Berufe vorführen, die eigentlich ausschließlich vom anderen Geschlecht ausgeübt werden. Dabei scheint es, als wäre der Aggerverband eine reine Männerdomäne. „Dabei würden wir uns sehr über weiblichen Nachwuchs freuen“, betont der Vorstandsvorsitzende des Aggerverbandes, Prof. Dr. Lothar Scheuer. Tatsächlich habe man in der Vergangenheit durch den „Girls' Day“ erfolgreich Praktikums- und auch Azubistellen vermitteln können. Jungen fand man unter den Schülern indes keine. „Bei uns sind eben die klassischen ‚Männerberufe’ angesiedelt“, gab Scheuer zu. 

„Wir bieten hier das gesamte Spektrum unserer vielfältigen Ausbildungspalette“, verweist er auf die Stände auf dem Betriebsgelände der Kläranlage. Abwassertechniker hatten ihre Werkzeuge aufgebaut, die Forstwirte standen mit Sägen und Gehörschutz parat und die Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice hatten ihren Kontrollwagen vorgefahren.


Dass die Mitarbeiter Feuer und Flamme für ihren Job sind, zeigte nicht nur Mathias Schröter. Der Wasserbauer war extra mit seinem Kollegen Oliver König einen Tag vorher angerückt und hatte einen kleinen Parcours sowie einen Bachlauf angelegt. „Es macht einfach Spaß, von unserem Beruf zu erzählen und Interesse zu wecken. Und selbst Hand anzulegen ist dabei effektiver, als auf Bilder zu zeigen“, freute sich Schröter über den regen Zulauf und beschrieb immer wieder aufs Neue seine Aufgaben und Tätigkeiten im Arbeitsalltag.

„Man sollte solche Tage nicht als Berufsbewerbung ansehen, sondern vielmehr als Berufsorientierung“, erklärte Ingrid Neumann von der Gemeinde Lindlar. Die Hälfte aller Mädchen würde sich auf gerade einmal zehn Berufsfelder bewerben, viele interessante Jobs blieben unentdeckt. „Und in Zeiten des Fachkräftemangels, der auch bei uns in vier Jahren durchschlagen wird, sind wir umso mehr auf der Suche nach qualifizierten Nachfolgern“, fuhr Scheuer fort.

Ob unter den Schülerinnen aus den achten und neunten Klassen der Realschulen aus Lindlar, Gummersbach und Wiehl sowie der Hauptschule Lindlar sich welche gefunden haben, die nun über eine Karriere beim Aggerverband nachdenken, wird die Zeit zeigen. Spaß hatten sie heute in der Kläranlage zwischen Aktivbakterien und Minibagger allemal.
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