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Knast! Mit oder ohne Therapie

nh; 5. Jul 2018, 12:20 Uhr
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Knast! Mit oder ohne Therapie

nh; 5. Jul 2018, 12:20 Uhr
Oberberg - Ein 25-jähriger Mann legte vorm Amtsgericht Gummersbach ein umfassendes Geständnis ab und blickt nun einer knapp zweijährigen Freiheitsstrafe entgegen - In dieser Zeit will er seine Alkohol- und Drogensucht bekämpfen.
Von Nils Hühn

In Handschellen wurde der 25-jährige Mann in den Gerichtssaal geführt, der sich heute vor Richter Ulrich Neef und zwei Schöffen verantworten musste. Die junge Staatsanwältin warf ihm vor, im Februar dieses Jahres mit einem anderen Mann in ein Mehrfamilienhaus in Marienheide eingebrochen zu sein. Dort soll das Duo aus sieben verschlossenen Kellerräumen Fernseher, Werkzeuge, Fleischkonserven und andere Gegenstände gestohlen haben. Der mutmaßliche Mittäter erschien nicht vor Gericht. Seine Pflichtverteidigerin hatte ihren Mandaten bislang nicht kennengelernt. Die Staatsanwaltschaft beantragte für den Mann einen Haftbefehl. Er wird sich zu einem anderen Zeitpunkt für die ihm vorgeworfenen Taten verantworten müssen.

Der erschiene 25-Jährige ist derweil ein Dauergast auf den Anklagebänken in Nordrhein-Westfalen. Der in Lüdenscheid geborene stand mit 14 Jahren erstmals vor Gericht und verbüßte mehrere Monate im Jugendarrest und wurde 2013 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe wegen eines Raubüberfalls mit Körperverletzung verurteilt. Richter Neef verlas die traurige Vita des Angeklagten aus dessen Akte: Nach der Scheidung der Eltern begann er mit zehn Jahren regelmäßig Bier zu trinken, erlebte mit zwölf Jahren seinen ersten Vollrausch und trank anschließend über einen langen Zeitraum drei Flaschen Wodka am Tag und begann im gleichen Zeitraum mit dem Drogenkonsum. Ohne Abschluss verließ er nach der neunten Klasse die Schule. Er ist Vater von zwei Kindern, die bei ihren Müttern leben.

Bereits am Dienstag wurde er vom Amtsgericht Lüdenscheid wegen eines anderen Deliktes zu 180 Tagessätzen je 10 Euro und weiteren 90 Tagessätzen je 10 Euro verurteilt. Aus einem weiteren Urteil aus dem Januar 2018 waren noch 80 Tagessätze wegen Beleidigung offen. Seit dem 4. April sitzt der Mann wegen des Haftbefehls aus Gummersbach in Wuppertal in Untersuchungshaft. Sein Anwalt hatte gegen das Urteil von Dienstag Berufung eingelegt, weil er eine Gesamtstrafe für seinen Mandanten haben möchte, die unter zwei Jahre liegt, damit dieser im Rahmen seiner Freiheitsstrafe eine Therapie beginnen kann. Dies ist nur möglich, wenn das Urteil rechtskräftig und die Strafe unterhalb von zwei Jahren liegt. Nach kurzer Beratung mit den Schöffen erklärte Richter Neef, dass es möglich sei, dass das Urteil unter Einbezug der anderen Schuldsprüche unterhalb von zwei Jahren liegen könnte.

Der Staatsanwältin schwebte allerdings eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und drei Jahren vor. „Wissen Sie, was er aus den Kellern gestohlen hat? Tinnef!“, entgegnete Richter Neef. Man könnte die Tat auch als einen Einbruch werten und nicht als sieben verschiedene Taten. Nach einer erneuten Unterbrechung konnte man sich einigen und einen Folgetermin vereinbaren. Der Angeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab, wobei darauf wert gelegt wurde, dass das Diebesgut ausschließlich zur Finanzierung der Sucht gestohlen wurde und er zum Tatzeitpunkt ebenfalls unter Alkohol- und Drogeneinfluss stand. Die fünf geladenen Zeugen mussten nicht aussagen. In drei Wochen soll das Urteil gefällt werden. Eine Freiheitsstrafe ist dem 25-Jährigen nach dem Geständnis sicher. Nun liegt es an der Forderung der Staatsanwältin und dem Urteil des Schöffengerichts, ob der Angeklagte nach dem Schuldspruch eine Therapie machen kann oder nicht.

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