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Strukturfreier Hühnerhaufen

uk; 12. Oct 2017, 23:47 Uhr
Bilder: Alexander Arnold --- Carsten Lichtlein konnte die Pleite nicht verhindern.
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Strukturfreier Hühnerhaufen

uk; 12. Oct 2017, 23:47 Uhr
Gummersbach - Gummersbach - Herber Rückschlag für den VfL Gummersbach in der Handballbundesliga - Die Blau-Weißen unterlagen dem TBV Lemgo am Donnerstagabend nach teilweise indiskutabler Vorstellung mit 30:37 - 'Gesundes Oberberg e.V.' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).

Von Uli Klein

VfL Gummersbach - TBV Lemgo 30:37 (13:16).

In der Stimme des Hallensprechers spiegelte sich das Horrorerlebnis des Abends wider: "Vielen Dank für ihren Besuch", formulierte der sonst doch so laut-eloquente Dirk Müller mit brüchiger Stimme und ergänzte fast flehentlich: "Auf ein Wiedersehen mit ihrem VfL." Die Frage, wer von den 2.904 Besuchern des Donnerstagabends beim nächsten Heimspiel gegen Flensburg wiederkommen wird, scheint allerdings offen, wenn man das Verhalten vieler Zuschauer zugrunde legt. Als die spätere 30:37 (13:16)-Schlappe ihrer Lieblinge bereits deutliche Konturen angenommen hatte, stimmte das blau-weiße Volk schon Minuten vor dem Schlusspfiff mit den Füßen ab und verließ die SCHWALBE arena fast rudelweise.


[VfL-Trainer Dirk Beuchler war angesichts des sehr schwachen Auftritts seiner Schützlinge ratlos.]

Dieser kollektive Fluchtreflex der Gummersbach-Unterstützer war freilich nachvollziehbar. Vier Tage nach dem ebenso überzeugenden wie verdienten Auswärtssieg in Stuttgart präsentierten sich die Hallenherren wie ein Hühnerhaufen, der unliebsamen Besuch vom Fuchs bekommen hat: In der Abwehr bekam man nie Zugriff auf die TBV-Angeifer, die nun wirklich nicht zu den hochbegabten Offensivkräften der Liga zählen. Dazu hatten die Torhüter dieses Mal nur eine menschliche,  das heißt durchschnittliche Leistung in die Waagschale zu werfen. Carsten Lichtlein und Matthias Puhle, der nach langer Verletzungspause sein Comeback gab,  agierten gar nicht so schlecht, gingen aber in den entscheidenden Minuten mit unter.


Im Angriff ging ebenfalls wenig bis nichts. Mit der absoluten Ausnahme Marvin Sommer:  Der Linksaußen bot eine grandiose Vorstellung,  fand auch in kompliziertesten Situationen immer einen Ausweg und markierte bei elf Versuchen elf Treffer aus dem Feld. Eine Weltklasseleistung, zumal der Ex-Leipziger auch in der Deckung fightete, als ginge es um die Verteidigung der SCHWALBE arena. Aber die sommerliche Gala reichte eben nicht, um gegen die keineswegs überragenden Ostwestfalen zu bestehen. Ein großer Schwachpunkt der Gummersbacher war dabei wieder einmal der Rückraum: Florian Baumgärtner kam zwar auf fünf Treffer, blieb aber dennoch mehr oder weniger klar unter seinem zuletzt nachgewiesenen Niveau. Und Stanislav Zhukov sowie Marko Matic brachten es gemeinsam auf ein einziges Micker-Törchen von der Königsposition halblinks.


[Auch der Einsatz von VfL-Kreisläufer Moritz Preuss machte sich am Ende nicht bezahlt.]

Eirik Köpp, der angesichts dieser Mängelliste der Kollegen einige Spielanteile bekam, markierte zumindest drei Treffer aus dem linken Rückraum, konnte den Lauf der Dinge aber ebenso wenig wie Kreisläufer Moritz Preuss oder Rechtsaußen Florian von Gruchalla (ver-)ändern. So konnte es kaum verwundern, dass sich Lemgo schnell auf 4:7 (9.) absetzte. Der VfL konnte in der Folge durch Sommer (22.) noch einmal bis auf einen Treffer (10:11/22.) verkürzen, doch der TBV organisierte bis zur Pause wieder einen Drei-Tore-Vorsprung.

Und weil Andreas Becker zu diesem Zeitpunkt auch noch aufs Sünderbänklein musste, ließ der Beginn des zweiten Spielabschnitts auch nichts Gutes für den VfL erahnen. Und tatsächlich musste man den alten Rivalen zwischen der 37. und 40. Minute von 16:18 auf 16:22 ziehen lassen. Obwohl oder eben weil man im Angriff auf die 7:6-Variante ohne Torwart setzte. Die Gäste nutzten das leere VfL-Gehäuse jedenfalls  mehrfach zu simplen Toren. Darunter zwei Mal Keeper Johannesson. Wirklich in Sichtweite des Gegners kamen die komplett unstrukturiert performenden Gummersbacher in der verbleibenden Spielzeit jedenfalls nicht mehr. Am Ende stand eine mehr oder weniger demoralisierende Niederlage.

Stimmen:

Dirk Beuchler (VfL-Trainer): Lemgo hatte das Spiel über die gesamte Zeit unter Kontrolle. Wer 37 Tore auswärts wirft, gewinnt verdient. Wir haben nie Zugriff auf die TBV-Angreifer bekommen. Die große Kunst ist es, Konstanz auf die Platte zu bringen. Das haben wir nach der guten Partie in Stuttgart heute nicht geschafft."

Florian Kehrmann (TBV-Trainer): Hut ab vor der Leistung meiner Spieler, die zu Recht hier gewonnen haben. Wir haben für die jeweiligen Taktikänderungen der Gummersbacher sehr gute Lösungen gefunden.

Christoph Schindler (VfL-Sportdirekor): Wir hatten nach dem Stuttgart-Spiel eine breite Brust, sie aber nie zeigen können. 



VfL Gummersbach:
Lichtlein (1. bis 26. und ab 54./7 Paraden)
Puhle (26. bis 54./3 Paraden)

Marvin Sommer (11/2)
Florian Baumgärtner (5)
Eirik Köpp (3)
Florian von Gruchalla (3)
Erwin Feuchtmann (3/1)
Moritz Preuss (2)
Josef Pujol (1)
Stanislav Zhukov (1)
Marcel Timm (1)
Max Jaeger
Marko Matic
Alexander Becker
Tobias Schröter

TBV Lemgo:
Piotr Wyszomirski
Peter Johannesson (2)

Isaias Guardiola (8)
Patrick Zieker (7)
Tim Hornke (6/3)
Andrej  Kogut (3)
Fabian van Olphen (3)
Christoph Theuerkauf (3)
Tim Suton (3)
Donat Bartok (1)
Christian Klimek (1)
Dominik Ebner
Robin Hübscher
Azat Valiullin

Schiedsrichter: Marcus Hurst/Mirko Krag

Zuschauer: 2.904

Siebenmeter: 4:3 - 3:3 (von Gruchalla scheitert an Johannesson)

Zeitstrafen: 6:4 Minuten (Timm, 2x Becker - Kogut, Bartok)    

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