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Opfer bringt nur wenig Licht ins Dunkel

pn; 22. Jan 2019, 14:30 Uhr
Bild: Peter Notbohm ---- Der Prozess gegen sechs Waldbröler ging heute in die zweite Runde.
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Opfer bringt nur wenig Licht ins Dunkel

pn; 22. Jan 2019, 14:30 Uhr
Waldbröl - Im Prozess um den versuchten Raubüberfall im vergangenen Mai schildert das 23-jährige Opfer zwar einige Details, schweigt aber auch bei kritischen Nachfragen.
Von Peter Notbohm


Irgendwann reichte es auch dem Vorsitzenden Dr. Volker Kunkel. „Ich glaube ihnen nicht, dass sie sich nicht erinnern können“, entgegnete er dem Opfer des versuchten Raubüberfalles in Waldbröl im vergangenen Jahr. Stephan P. (Name geändert) schilderte zwar viele Einzelheiten zum vermeintlichen Tathergang, blieb bei den vielen kritischen Nachfragen, auch zu seiner Person, allerdings ebenso häufig vage oder berief sich immer öfter auf Erinnerungslücken.


Der 23-Jährige aus Wissen beschrieb sich selbst als Einzelgänger, der keine Freunde, sondern nur Bekannte habe. Er habe sich mit zwei der sechs Angeklagten treffen wollen, um über Musik zu sprechen. Er habe YouTube-Videos der Beiden gesehen und ihr Talent fördern wollen. Warum er letztlich bei diesem Treffen in einer Waldbröler Sackgasse in Läufe aus Kalaschnikow-Gewehren geblickt habe, konnte er sich dagegen nicht erklären. „Bei mir gibt es nichts zu holen“, sagte der Gabelstaplerfahrer, der damals allerdings 800 Euro mitführte, zudem in der Vergangenheit an Bekannte auch gerne einmal drei- oder vierstellige Summe verlieh: „Zinslos natürlich. Aber ich habe das Geld stets wiederbekommen und auch manchmal ein Geschenk dafür erhalten.“


Auch, dass er Fotos von seinem finanziellen Rücklagen per Snapchat verschickt hatte, dürfte dazu beigetragen haben, dass das angeklagte Sextett in ihm ein lohnendes Ziel gesehen haben könnte und von ihm mit Waffengewalt Geld, Autoschlüssel und Handy einforderte. „Die kamen von überall her. Das ging ratzfatz“, erzählte das Opfer. In purer Panik habe er nach seiner zufällig mitgeführten Gaspistole gegriffen, die er sonst, laut eigener Aussage, eigentlich nur zur Tierabwehr bei Waldspaziergängen mit sich führe. Da bekanntlich auch die Sturmgewehre der Täter nur mit Platzpatronen geladen waren, habe sich schnell eine wilde Schlägerei entwickelt, bei der er Prellungen und Schürfwunden davonzog. Einem Täter habe er dabei sogar die Sturmhaube vom Kopf reißen können, dieser befinde sich allerdings nicht unter den sechs Angeklagten, so der 23-Jährige weiter.


Psychisch habe er unter der Tat immer noch zu leiden. Räume mit großen Menschenansammlungen meide er und versuche den Tag zu verdrängen, wolle damit abschließen, lasse sich ärztlich allerdings auch nur medikamentös behandeln. Geradezu dubios wurde seine Aussagen allerdings bei Nachfragen zu einem Krankenhausaufenthalt wegen eines allergischen Schocks ein paar Wochen später, als er von drei vermeintlich Unbekannten besucht wurde und von diesen zum Tathergang befragt wurde. Zunächst gab er an, das stark tätowierte bedrohlich wirkende Trio nicht gekannt zu haben und er sogar versucht habe, die Polizei zu kontaktieren. Nur um nach nach einer viertelstündigen Beratung mit seinem Anwalt doch plötzlich alle namentlich zu benennen zu können und von einer fast harmonischen Atmosphäre dieses Gesprächs zu berichten.


Für entsprechend viel Stirnrunzeln sorgten viele seiner Ausführungen, so dass die Kammer an den weiteren Verhandlungstagen noch einigen Fragen, gerade im Hinblick auf den Hintergrund der Tat, haben dürfte. Die nächste Gelegenheit dazu hat sie am 1. Februar, wenn der Prozess fortgesetzt wird.

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