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Ausbildungsmarkt: 'Viel Luft nach oben'

fj; 30. Oct 2018, 13:51 Uhr
Bild: Fenja Jansen --- (v. li.) Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Gummersbach, Marcus Weichert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land.
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Ausbildungsmarkt: 'Viel Luft nach oben'

fj; 30. Oct 2018, 13:51 Uhr
Oberberg - Zwar zogen IHK, Arbeitsagentur und Kreishandwerkerschaft eine positive Bilanz für den Ausbildungsmarkt, Fachkräftemangel und Unternehmensnachfolge bleiben aber die Mammutaufgaben der Zukunft.
Stabil mit Luft nach oben – so könnte man die Jahresbilanz zum Ausbildungsjahr 2017/2018, die die Agentur für Arbeit, die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Kreishandwerkerschaft heute gemeinsam für den Oberbergischen Kreis zogen, überschreiben. Besonders freute Marcus Weichert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, dass die oberbergischen Unternehmen der Arbeitsagentur mit insgesamt 1.689 Ausbildungsstellen 143 mehr meldeten, als im Vorjahr (plus 9,3 Prozent). „Denn jeder Betrieb, der ausbildet, sorgt für zukünftige Fach- und Führungskräfte“, so Weichert.

Auf Bewerberseite standen diesen Stellen 1.994 gemeldete Ausbildungssuchende gegenüber (- 5,5 Prozent oder 115 zum Vorjahr), von denen aktuell noch 117 weiterhin auf der Suche nach einer Lehrstelle sind. „194 unbesetzte Ausbildungsstellen stehen 117 Ausbildungssuchenden gegenüber – rein rechnerisch müsste das ja aufgehen. Hier kommen aber individuelle Passungsprobleme ins Spiel: Zum Beispiel ist die mögliche Ausbildungsstelle zu weit vom Wohnort des Bewerbers entfernt oder die offene Lehrstelle entspricht den Vorstellungen des Bewerbers nicht“, erklärte Weichert, warum Bewerber und Unternehmen nicht in allen Fällen zusammenfinden. Hier wünschte er sich eine größere Flexibilität auf beiden Seiten. Denn klar sei auch: In vielen oberbergischen Unternehmen wird in den nächsten Jahren die Frage nach der Unternehmensnachfolge akut. „Und die Ausbildung ist schließlich der erste Schritt in eine zukünftige Selbstständigkeit“, so der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur.

Um Fachkräftemangel und Nachfolgeproblematiken adäquat zu begegnen, könnte auch das Handwerk ein Plus von 20 Prozent bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen gebrauchen. Einen solch großen Zuwachs konnte Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, heute zwar nicht präsentieren, dennoch berichtete er von einer durchweg positiven Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt für das oberbergische Handwerk: „Bei den Handwerken mit den größten Eintragungszahlen konnten 13,75 Prozent mehr Verträge als noch im Vorjahr abgeschlossen werden. Dazu zählen zum Beispiel die Bäcker, Maurer, Zimmerer, Elektroniker, Friseure oder Metallbauer“, freute sich Otto. Leider sei diese Steigerung aber nicht in allen Gewerken zu beobachten. So konnte bei den Fleischerei-Fachverkäufern bislang noch kein Ausbildungsvertrag abgeschlossen werden.



Im Wettbewerb um Nachwuchskräfte und die besten Bewerber riet Otto den Handwerksbetrieben dazu, die eigenen Stärken sichtbar zu machen: „Natürlich kann der Schreiner oder Friseur von nebenan nicht wie ein großes Industrieunternehmen eine eigene Betriebskita anbieten. Dafür können viele Handwerksbetriebe mit ihrem familiären Klima, ihrer Tradition oder ihrer Heimatverbundenheit punkten“, so Otto. Schließlich habe er die Erfahrung gemacht, dass es vielen jungen Menschen nicht darum ginge, Karriere um jeden Preis zu machen. „Eigene Wertschöpfung, Erfüllung, Traditionen – das sind die Ideale, die für viele junge Menschen zählen“.

Die IHK beobachtet mit Sorge, dass vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen freie Lehrstellen nicht besetzen konnten. „Die Neigung der jungen Generation zum Abitur und anschließendem Studium stellt die Wirtschaft vor echte Herausforderungen. Facharbeiter mit Berufsausbildung sind das Fundament unserer Wirtschaft, werden aber immer rarer“, erklärte Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Gummersbach, mit Blick auf den gesamten Bezirk der IHK Köln. Dass im Oberbergischen Kreis im Ausbildungsjahr 2017/2018 dennoch 1.083 neue Verträge (plus 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) abgeschlossen werden konnten, freute ihn vor diesem Hintergrund besonders. „Vielleicht merken wir hier schon die ersten positiven Auswirkungen von ‚Kein Abschluss ohne Anschluss‘ und anderen Ausbildungs-Initiativen“, vermutete er. Die IHK will ihr Engagement in Sachen Beratung und Ausbildungsstellenvermittlung noch mehr intensivieren, um diesen Trend weiter auszubauen.
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