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Oberbergische Tafel unter Druck

bv; 19. Mar 2019, 12:17 Uhr
Bilder: Bernd Vorländer, privat --- Das Haus der Oberbergischen Tafel in der Gummersbacher Karlstraße ist dringend raparaturbedürftig.
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Oberbergische Tafel unter Druck

bv; 19. Mar 2019, 12:17 Uhr
Gummersbach – Hilfsorganisation steht nach unplanmäßigen Ausgaben für Fahrzeuge und Immobilie finanziell mit dem Rücken an der Wand – Ansturm der Bedürftigen nimmt noch zu.
Von Bernd Vorländer

Klagen ist nicht ihr Ding. Eigentlich. Sie machen lieber, versuchen Dinge umzusetzen, ehrenamtlich, unentgeltlich. Jetzt aber stoßen sie an Grenzen: Ulrich Pfeiffer, 1. Vorsitzender der Tafel Oberberg und Finanz-Chef Oliver Meyer müssen eine schwierige monetäre Lage konstatieren, benötigen dringend Unterstützung, um den Beistand für hilfsbedürftige Menschen mit Lebensmitteln in dem bisherigen Umfang fortsetzen zu können. „Es wird immer schwieriger, denn der finanzielle Bedarf steigt ständig und kann von unseren treuen Spendern und Gönnern nicht mehr aufgefangen werden“, sagt Oliver Meyer.


Gerade erst hat die Tafel, die in Gummersbach, Marienheide und Bergneustadt Menschen mit niedrigsten Einkommen unterstützt, ein neues Kühlfahrzeug bestellen müssen, um die gesetzlichen Vorgaben zum Transport von verderblichen Lebensmitteln zu erfüllen. 45.000 € wurden dafür veranschlagt. Hinzu kommt ein hoher fünfstelliger Betrag für die Reparatur des Hauses der Oberbergischen Tafel in der Gummersbacher Karlstraße, in dem die Lebensmittel ausgegeben werden und Menschen die Suppenküche nutzen, um zumindest einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu erhalten. Die Stürme der vergangenen Wochen und Monate hätten Spuren hinterlassen, zudem seien dringende Sanierungsarbeiten nötig, sagt Ulrich Pfeiffer.

Die Finanzierung der Tafel stößt jedenfalls an Grenzen. Neben den zwingenden, vorgenannten Ausgaben ebbt im Übrigen auch der Strom derer nicht ab, die sich von der Tafel Hilfe erhoffen. „Es werden immer mehr Menschen, die zu uns kommen, natürlich sind auch viele Migranten dabei“, so Pfeiffer. Bis zum Juni hat man einen Aufnahmestopp erlassen, bislang werden 1.600 Menschen in der Tafel-Kartei erfasst. Auch das Anspruchsdenken der Bedürftigen steige, haben Pfeiffer und Meyer erkannt. Dies habe auch damit zu tun, dass viele Menschen fälschlicherweise die Tafelarbeit als „Quasi-staatliche-Maßnahme“ betrachteten. „Die meisten wissen gar nicht, dass die Hauptlast ehrenamtlich erbracht wird“, so Pfeiffer.

Eigentlich dürfte es die Tafeln gar nicht geben. Staatliche Stellen und Politiker betonen, dass niemand durch die soziale Hängematte falle. Ein Trugschluss, wie der Ansturm der Bedürftigen zeigt. Die benötigen aber oft nicht nur Lebensmittel, sondern auch schon einmal einen Zuhörer. „Wir würden uns über jeden freuen, der sich einfach zu unseren Klienten setzt und mit ihnen spricht, sie ernst nimmt“, sagt Oliver Meyer. Er wie auch Pfeiffer wünscht sich eine größere Anerkennung der Tafel-Arbeit durch die Kommunen oder Behörden. Doch die Tafel-Verantwortlichen erfahren meist, dass die Budgets von Städten und Gemeinden keinen Spielraum besäßen. Von Gerichten bekommt die Oberbergische Tafel häufig Verurteilte zugewiesen, die dort ihre Sozialstunden ableisten müssen. Helfen würde aber auch, wenn Gerichte bei Geldstrafen diese auch zweckgebunden etwa an die Tafel aussprechen würden, erklärt Ulrich Pfeiffer.


[Dieses Kühlfahrzeug musste die Oberbergische Tafel für 45.000 € anschaffen.]

Er sieht die Arbeit der Tafel als gesellschaftlich dringend notwendig an. „Wir schaffen ein Stückchen Lebensqualität.“ Wer sich über die Lebensmittel der nächsten Tage keine Gedanken machen müsse, könne dringend notwendige kleine Anschaffungen tätigen. Pfeiffer wünscht sich im Übrigen auch hierzulande eine Regelung wie in Frankreich. Der deutsche Nachbar ist das erste Land weltweit, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe gestellt hat. Seit drei Jahren dürfen in Frankreich Supermärkte Lebensmittel nicht mehr einfach wegwerfen. Die Bilanz: Die dortigen Tafeln erhalten deutlich mehr Essen.

Wer die Oberbergische Tafel finanziell unterstützen will, kann dies mit einer Spende bei der Sparkasse Gummersbach, IBAN 3845 0000 0000 2037 37 tun.
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