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Steine sind Gummersbachs neue Währung

bv; 31. Oct 2018, 20:00 Uhr
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Steine sind Gummersbachs neue Währung

bv; 31. Oct 2018, 20:00 Uhr
Gummersbach - Im Haushalt 2019 bleibt die Stadt auf Konsolidierungskurs - Gewerbe- und Grundsteuer B steigen - Gummersbach investiert nachdrücklich in Schulen, Feuerwehr und das Stadtbild.
Von Bernd Vorländer

Haushaltseinbringungen sind mit vielen Zahlen verbunden, Gummersbach macht da keine Ausnahme. Freudig die Gesichter, wenn man in finanztechnisch schwierigen Zeiten beim Ergebnis ein "Plus" vorweisen kann. Wichtiger als alle Arithmetik sind aber die großen Linien, die Perspektiven und natürlich auch die Belastungen. Neben vielen weiteren Projekten ist jedoch nach wie vor das frühere Industrie-Areal im Herzen der Stadt Pulsgeber für die Entwicklung. Auf dem Steinmüllergelände wird in Steinen gezahlt. Das Kino steht vor der baldigen Fertigstellung, ein Hotel ist vorgesehen, das Polizeigebäude bereits bezogen, das neue Amtsgericht weit gediehen und neue Büroflächen in Planung.

Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein präsentierte dem Rat der Stadt am Abend einen Etat für das kommende Jahr über rund 140 Millionen Euro, der letztlich einen Überschuss von etwa 750.000 € aufweist. Eine positive Entwicklung, so der Rathauschef, die noch vor einigen Jahren überhaupt nicht absehbar gewesen sei. Schließlich musste man noch 2013 ein dickes Minus von über 13 Millionen Euro verbuchen. Doch die glänzende wirtschaftliche Lage in Deutschland ist auch in der Kreisstadt spürbar.

Das tut der Stadtkasse gut und hilft, Ziele zu erreichen. Etwa das des ausgeglichenen Haushalts, wozu sich die Stadt mit der freiwilligen Teilnahme am Stärkungspakt verpflichtet hat. Ab 2021 darf sich Gummersbach keine Minus-Haushalte mehr leisten. Laut Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit liegt man auf diesem Weg voll im Plan, hat zwar 2018 aufgrund periodischer Einflüsse etwas weniger Gewerbesteuer eingenommen - dies allerdings auf hohem Niveau. Die zum Haushaltsausgleich notwendige Erhöhung der Grundsteuern hat man etwas gestreckt. 2019 steigt die Grundsteuer B von bislang 570 auf zunächst 590 Prozent, ab 2020 auf 610 Prozent. Bei der Gewerbesteuer lag man 2018 bei 475 Prozent, erhebt im kommenden Jahr 485 Prozent und ab 2020 weitere fünf Prozent mehr.


Bürgermeister Helmenstein beklagte, dass beim größten Ausgabeposten, der Kreisumlage, trotz aller Kritik die Kurve weiter nach oben gehe. Seit 2015 sei die Umlage um 24 Prozent gestiegen, entspreche nahezu den kompletten Gewerbe-Steuereinnahmen. Auch die Personalausgaben und Versorgungsrückstellungen seien etwa aufgrund der Tarifabschlüsse um mehr als 1,2 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2018 angewachsen. 

Trotz der positiven Zahlen für die kommenden Jahre schüttete der Rathauschef auch Wasser in den Wein. Vom Verschuldungssockel kommt die Stadt nämlich nicht herunter. Liquiditätskredite von über 70 Millionen Euro lasten wie Blei auf allen Etats der nächsten Zeit. Hier liege ein erhebliches Risiko für die weitere Entwicklung der städtischen Finanzen, hatte bereits Kämmerer Halding-Hoppenheit deutlich gemacht. Dies alles sei Folge einer strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen, ohne dass Bund und Kommunen für eine entsprechende Deckung von Kosten sorgten. Helmenstein forderte eine auskömmliche Finanzierung von Städten und Gemeinden durch das Land, einen Schutz vor finanzieller Belastung ohne Gegenfinanzierung durch Entscheidungen Dritter, eine angesichts des niedrigen Zinsniveaus aktive Entschuldungspolitik sowie eine Beteiligung der Umlageverbände an den kommunalen Konsolidierungsbemühungen.

Doch überwog beim Rathauschef das positive Gefühl, dass in Gummersbach trotz knapper Kassen zahlreiche Projekte nach vorne gebracht werden könnten. So nannte Helmenstein das Theater, das im Rahmen des Qualifizierungsprozesses der Regionale 2025 ertüchtigt werden soll. "Eine solche Chance erhalten wir nie wieder", war der Bürgermeister überzeugt. Dazu gehöre aber eben auch eine programmatische Neuausrichtung. Ein Konzept hierzu soll im Juni 2019 fertig sein. Und er setze auch darauf, dass sich der Förderverein des Theaters und die Bürger, die sich mit ihren Unterschriften für einen Erhalt des Kulturtempels ausgesprochen hätten, bei der Finanzierung der Betriebskosten mit einbringen werden. Dies habe in ähnlicher  Form in Siegen funktioniert. "An diesen ihren Taten werden wir sie messen", so Helmenstein, der in der Vergangenheit für seinen Theater-Kurs teils heftige Kritik einstecken musste.

Neben zahlreichen Baumaßnahmen auf dem Steinmüllergelände sowie im Gewerbegebiet Sonnenberg sei der Verwaltung die Schaffung von Wohnraum ein wichtiges Anliegen. Zwischen 2016 und 2019 habe man in der Kreisstadt fast 500 Wohnungen fertiggestellt, berichtet Helmenstein. Bis Ende 2020 soll jeder Stadtteil beim Digitalausbau auf der Höhe sein, bei den Kitas und Betreuungsplätzen habe man eine Bedarfsdeckung von 100 Prozent erreicht. 60 Spielplätze in der Stadt seien inzwischen eine Hausnummer, über die man sich freuen dürfe. Über zehn Millionen Euro will die Stadt bis 2022 für die Feuerwehr ausgeben. Neben der Neuanschaffung von Fahrzeugen sind 2019 die Neubauten der Gerätehäuser in Niederseßmar und im Gelpetal geplant.
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