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Perfekte Bedingungen für sportliche Extreme

nh; 30. Sep 2018, 16:30 Uhr
Bilder und Video: Michael Kleinjung --- Schon beim Start des 'Strong Viking' in Wiehl-Bielstein sah man den Teilnehmern ihren unbändigen Willen an.
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Perfekte Bedingungen für sportliche Extreme

nh; 30. Sep 2018, 16:30 Uhr
Wiehl - 3.000 Wikinger beschlagnahmten beim 'Strong Viking' den Waldkurs Bielstein - 600 Teilnehmer am Ultra-Viking leisteten Unfassbares über 60 Kilometer und unzählige Hindernisse - Lokalmatador Sven Dyballa schwer verletzt (AKTUALISIERT, mit Video).
Von Nils Hühn

Warum tun sich Menschen so etwas an? Diese Frage ist naheliegend, wenn man an einem sonnigen Herbsttag 3.000 Menschen beobachtet, die sich freiwillig und sogar gegen eine Geldleistung über sieben, 13, 19 oder sogar 60 Kilometer quälen und dabei bis zu 145 Hindernisse überwinden. Unter Stacheldraht herkriechen, unzählige Kletterpartien, steile Wände bezwingen, Gewichte tragen oder durch kaltes Wasser tauchen - die Veranstalter der „Strong Viking“-Serie hatten rund um die Motocrossstrecke in Wiehl-Bielstein in tagelanger Arbeit zahlreiche Hindernisse aufgebaut und für Tausende Extremsportler ein Paradies erschaffen.


In der Nacht auf Samstag zeigte das Thermometer Minus-Temperaturen an, aber davon ließen sich die 3.000 angemeldeten Teilnehmer nicht abschrecken. Sie wollten ein ganz besonderes Abenteuer erleben, wie beispielsweise Student Philipp aus Leipzig: „Ich will hier an meine Grenzen kommen“, hatte er vor dem Start über die 19 Kilometer-Distanz gesagt. Und an seine Grenzen kam er schnell. Die brutal schweren Kletter-Stationen, die nur die wenigsten Teilnehmer schafften, raubten den Athleten die Kräfte. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Hindernisse so schwierig sind“, meinte der Leipziger nach 90 Minuten.


[Für Lokalmatador endete der Ultra-Viking im Krankenhaus. In einer Bergab-Passage knickte Sven Dyballa (in der Mitte links) um und zog sich eine schwere Sprunggelenks-verletzung zu.]

„Der Strong Viking beansprucht sehr stark den Oberkörper“, hatte Sven Dyballa bereits vor dem Event, bei dem das Wetter mit angenehmen Temperatuen und trockener Witterung ideal waren, vorausgesagt. Die vielen Kletter-Passagen zermürbten die Wikinger. Jede Menge Schlamm und Nässe taten ihr Übriges. Fast alle Teilnehmer versuchten zumindest, die Hindernisse so zu meistern, wie es vorgeschrieben war. Doch bei manchem Sportler ging es nachher nur noch darum, ins Ziel zu kommen. Dann wurde auch schon mal eine Kletterwand ignoriert. „Ich kann einfach nicht mehr“, gestand Thomas, der sichtlich gezeichnet war. Der 42-jährige Bankkaufmann aus Essen quälte sich die letzten 2.000 Meter der 13-Kilometer-Distanz ins Ziel und „schummelte“ bei einigen Prüfungen.

Aber beim Strong Viking wird keine Zeit gemessen und es werden keine Gewinner gekürt – im sogenannten Walhalla hinter der Ziellinie gibt es Bier und Ruhm für alle. „Vielmehr geht es bei diesem Lauf darum, seine Grenzen kennenzulernen und auszutesten, eine harte sportliche Herausforderung zu meistern, im Team Erfahrungen in der Natur zu meistern und gemeinsam Spaß zu haben“, erklärten die Veranstalter.

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[Auch Schlamm und Wasser kamen bei den „Mud Crawls“ oder dem sogenannten „Water Cage“, ein Tauchbecken mit Gittern, nicht zu kurz. Zusammenhalt, Mut und Durchhaltevermögen brachte die Läufer ins Ziel.]

Sportlichen Ehrgeiz und jede Menge Mut mussten die 600 Teilnehmer aus 15 unterschiedlichen Nationen mitbringen, die sich dem „Ultra Viking“ stellten. Angekündigt waren 60 Kilometer, 3.800 Höhenmeter und 120 Hindernisse. Am Ende waren es über 60 Kilometer, knapp 4.000 Höhenmeter und 145 Hindernisse. Auf dieser Distanz starteten nur absolute Profis. Unter anderem auch der Reichshofer Sven Dyballa, der sich monatelang auf das Heimspiel vorbereitete hatte.




Doch für den Lokalmatador lief die Veranstaltung überhaupt nicht rund. Nach einem verheißungsvollen Start mit viel Unterstützung von den Zuschauern fand sich Dyballa am Abend mit einer schweren Verletzung im Krankenhaus wieder. Was war passiert? „Ein falscher Schritt im Downhill, als ich einem anderen Läufer ausweichen wollte, beendete meinen großen Traum“, berichtete der 36-Jährige einen Tag nach dem Rennen. Mit einer schweren Sprunggelenksverletzung musste er das Rennen aufgeben. Einen Kilometer und drei Hindernisse hatte er sich noch weiter gequält, aber dann musste er seine Ultra-Weste abgeben und den ersehnten Medaillen-Gewinn abschreiben.

Dabei war der Reichshofer auf gutem Kurs und die angepeilten acht Stunden im Bereich des Möglichen. Als Erster kam übrigens Chris Lemke, einer der besten OCR-Läufer Deutschlands, ins Ziel. Nach knapp sieben Stunden erreichte er „Walhalla“. Die beiden anderen Oberberger Martina und Friedrich Juergens finishten gemeinsam nach neun Stunden und zehn Minuten. „Ich bin stolz darüber, dass viele unseren Sport hier im Bergischen erleben durften und, dass Martina und Friedrich zusammen die Ultra-Viking-Medaille erreicht haben“, zog Dyballa trotz der großen Enttäuschung ein positives Fazit.
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