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Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel

Red; 16. Jun 2018, 09:30 Uhr
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Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel

Red; 16. Jun 2018, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um das Thema Dashcams.
Von Rechtsreferendar Devin Dick 

Das Aufzeichnen von Videos ist mittlerweile zu einer Alltäglichkeit geworden. Fast jeder verfügt heutzutage über ein Smartphone mit Video-Funktion und so wird ständig gefilmt. Die Autofahrt von der Frontscheibe aus mitzufilmen, ist zwar noch nicht so verbreitet, nimmt aber immer mehr zu. So genannte Dashcams, die die ganze Autofahrt filmen, sind bereits für unter 100 Euro zu kaufen. Was in anderen Ländern bereits gang und gäbe ist, nimmt auch in Deutschland zu und beschäftigt zunehmend auch die Gerichte.

Die Frage, die sich hierbei aus juristischer Sicht insbesondere stellt: „Dürfen Aufnahmen einer so genannten Dashcam als Beweismittel im Prozess verwendet werden?“

Mit dieser Frage hat sich nun auch der Bundesgerichtshof (BGH) erstmalig mit Urteil vom 15.05.2018 (Az.: VI ZR 233/17) auseinandergesetzt. 

Grundlage der Entscheidung war ein typischer Verkehrsunfall. Zwei Fahrzeuge befuhren nebeneinander zwei parallel verlaufende Linksabbiegerspuren. Hierbei kam es zur Kollision. Der Kläger verklagte nun den Beklagten auf Ersatz des unfallbedingt entstandenen Schadens. Er behauptete, der Beklagte sei beim Abbiegen mit seinem Fahrzeug auf die vom Kläger genutzte Fahrspur geraten. Zum Beweis dieser Tatsache bot er an, Videoaufnahmen seiner Dashcam in Augenschein zu nehmen.

Das Amtsgericht Magdeburg, dem diese Entscheidung zuerst vorlag, lehnte die Verwertung der Aufnahmen ab und verurteilte den Beklagten nur zur Zahlung der Hälfte der entstandenen Schäden, da der Kläger nicht beweisen könne, dass der Beklagte seine Spur verlassen habe. Genauso urteilte anschließend das Landgericht Magdeburg, bei dem der Kläger Berufung eingelegt hatte. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Dashcam-Aufzeichnungen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen und daher einem Beweisverwertungsverbot unterliegen würden. 

Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Urteil des Landgerichts jedoch auf.

Der BGH gab dem Landgericht dahingehend Recht, dass die Dashcam Aufnahmen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Er stellte fest, dass die permanente Videoaufzeichnung des Straßenverkehrs gegen die gesetzlichen Regelungen des BDSG verstößt.

Aber, und dies ist der entscheidende Unterschied zur Wertung des LG, dieser Verstoß gegen das BDSG führe nicht automatisch zu einem Beweisbewertungsverbot. So heißt es in der Pressemitteilung des BGH zu diesem Urteil:

„Dennoch ist die vorgelegte Videoaufzeichnung als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar. Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.“

Dass ein Beweismittel also rechtswidrig erlangt wurde, führt nicht automatisch dazu, dass man dieses Beweismittel nicht im Prozess vorbringen kann. Für den Fall der Dashcam hat der BGH geurteilt, dass das Interesse eines Autofahrers, der durch Dashcam Aufnahmen den genauen Unfallverlauf beweisen will, an der Durchsetzung seiner Ansprüche größer ist, als das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unfallgegners, der im Zuge des Unfalls unfreiwillig gefilmt worden ist.

Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das LG Magdeburg zurückverwiesen. Jetzt muss der Kläger hoffen, dass auf dem Video eindeutig zu sehen ist, dass nur der Beklagte seine Spur verlassen hat. Dann ist ihm der Beweis gelungen und die Chancen stehen gut, dass er den Prozess in voller Höhe gewinnt.

Das Nutzen von Dashcams ist also durch die Entscheidung des BGH nicht „legal“ geworden. Auch der BGH hat betont, dass ein Verstoß gegen das BDSG durch das ständige Filmen des Straßenverkehrs vorliegt und entsprechend mit Bußgeldern geahndet werden kann. Dennoch hat man als Geschädigter eines Verkehrsunfalls nun ein Beweismittel in der Hand, was in der Regel vor Gericht verwertet werden muss. 

   
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