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Die Psyche als entscheidender Faktor

uk; 25. May 2017, 12:30 Uhr
Archivbild: Alexander Arnold --- Findet VfL-Trainer Sead Hasanefendic am Samstag die passenden Worte?
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Die Psyche als entscheidender Faktor

uk; 25. May 2017, 12:30 Uhr
Gummersbach – Vor dem Abstiegsthriller des VfL Gummersbach gegen den Bergischen HC sprach Oberberg-Aktuell mit Trainer Sead Hasanefendic - RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Uli Klein

Nach der schmerzhaften Pleite bei Absteiger Coburg am vergangenen Wochenende steckt der VfL Gummersbach (19:41 Punkte) mehr denn je im Überlebenskampf der Handballbundesliga. Vier Spieltage vor Ultimo sprach Uli Klein vor dem Schlüsselspiel am Samstag (19 Uhr, SCHWALBE arena) gegen den Bergischen HC (18:42) mit VfL-Trainer Sead Hasanefendic über die blau-weiße Aussichten für die finalen Wochen. 

OA: Herr Hasanefendic, VfL-Geschäftsführer Frank Flatten hat nach der Niederlage bei Schlusslicht Coburg den Notstand ausgerufen und gesagt, dass die Mannschaft am Samstag gegen den Tabellennachbarn Bergischer HC "zum Siegen verdammt ist".  Hat er Recht?

Sead Hasanefendic: Beim Blick auf die Tabelle ist die enorme Bedeutung der Partie leicht abzulesen. Der BHC liegt nur noch einen Punkt hinter uns und würde in Falle eines Erfolgs an uns vorbeiziehen. Eine Konstellation, die uns natürlich stark unter Druck setzt. Wir hätten einen einfachen Weg im Abstiegskampf gehen und uns mit einem Sieg in Coburg schon den Klassenerhalt sichern können. Jetzt aber liegt noch ein steiniger Weg vor uns. Aus den verbleibenden Saisonspielen benötigten wir noch vier Punkte, um ganz sicher in der Bundesliga zu bleiben. Dabei gilt es vor allem, die nötigen Punkte in den beiden Heimspielen zu holen. Das erste davon steigt am Samstag gegen den BHC. Da sollten wir dringend die ersten beiden Zähler einfahren. Allerdings wäre auch im Falle einer Niederlage angesichts des Restprogramms unserer Mitkonkurrenten im Keller noch nicht alles aus. Schließlich kommt auch Göppingen noch in die SCHWALBE arena. Beim Auswärtsspiel in Berlin bei den Füchsen wird es bestimmt ganz schwer zu punkten. Und es wäre eine riesige Erleichterung, wenn ein wir einen finalen Abstiegsgipfel in Lemgo am letzten Spieltag schon im Vorfeld dieses Matches verhindert hätten.



OA: Sie sind jetzt seit Anfang April wieder einmal VfL-Trainer. Warum ist die Mannschaft, die zu Saisonbeginn sogar verstohlen auf Europapokalplätze spinxte, überhaupt in diese komplizierte Lage gekommen?

Hasanefendic: Bevor ich das Team übernommen habe, hatte ich schon einige VfL-Begegnungen von der Tribüne aus gesehen. Soweit ich es mitbekommen habe, hatte die Mannschaft viele Verletzungsprobleme -  ob Julius Kühn, Kevin Nyokas oder Christoph Schindler. Diese drei sind zentrale Figuren im Kader und konnten nie adäquat ersetzt werden, weil die Personaldecke sehr, sehr dünn ist. Nachdem man einem guten Start in die Punktspielrunde erwischt hatte, ging es ab Mitte November kontinuierlich abwärts. Und mit jedem Negativerlebnis wurde die Geschichte mehr und mehr zu einem Kopfproblem. Viele Spieler aus dem Kader hatte große Schwierigkeiten, mit der immer größer werdenden Stresssituation klarzukommen, weil das eine neue Erfahrung für sie war. Gummersbach hat sich in der jüngeren Vergangenheit fast immer im Mittefeld der Tabelle bewegt - ohne Abstiegssorgen, aber auch ohne große Ambitionen in Richtung internationale Plätze. Es fehlte also jede Art von Druck. Seit einigen Monaten hat sich das relativ komfortable Leben aber in eine sehr kritische Lage verwandelt. Ich habe die Jungs in den Wochen seit meinem Comeback auf der Bank als durchweg engagiert erlebt - im Training arbeiten sie hart und im Spiel hängen sie sich richtig sein. Aber der Faktor Psyche ist einfach nicht zu übersehen, ja, er hat sich zu dem entscheidenden Problem schlechthin entwickelt.

OA: Dann wird es gegen den BHC also extrem schwer. Was gibt Ihnen die Zuversicht, dass die Psyche bei Ihren Jungs mitspielt und es trotz der angespannten Lage zu den überlebensnotwendigen Punkten reichen wird?

Hasanefendic: Wir müssen sehr engagiert und konzentriert agieren. Der BHC ist gerade in der Rückrunde zu einem sehr unangenehmen, weil schwer ausrechenbarem Gegner geworden. Die spielen eine sehr aggressive, giftige Abwehr mit einem bärenstarken Torwart Gustavsson dahinter. Deshalb haben sie zuletzt oft sehr wenige Gegentreffer kassiert. Und vorne haben sie sich zur Rückrunde klar verstärkt und sind mit 13:13 Punkten in der zweiten Halbserie absolut konkurrenzfähig in der Liga. Wir müssen also unsere Chancen zum Torerfolg konsequent nutzen und dürfen uns in der Abwehr nicht von der teilweise unkonventionellen Spielweise des BHC überraschen lassen. Wichtig wird auch sein, dass unsere Torhüter Carsten Lichtlein und Mathias Puhle wieder an ihre Normalform anknüpfen können. In Coburg haben sie nicht viele Bälle zu packen bekommen. Ich bin aber sicher, dass sie am Samstag wieder ihre große Qualität zeigen werden. Unter dem Strich:  Wenn alle ihre Leistung bringen und die Nerven im Griff haben, werden wir gewinnen, weil wir eine höhere Qualität haben als der Gegner. Allerdings werden wir wahrscheinlich nochmal auf Kühn verzichten müssen. Julius trainiert zwar wieder, aber die Begegnung am Samstag kommt wohl noch zu früh für ihn. 



  
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