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'Wenige bewirken viel': Leitfaden für Demokratie-Retter

us; 13. Feb 2019, 18:54 Uhr
Bild: Ute Sommer --- Zum Thema 'Demokratie' stellte sich der Kölner Philosoph und Schriftsteller Jürgen Wiebicke den Fragen der HGN-Oberstufe
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'Wenige bewirken viel': Leitfaden für Demokratie-Retter

us; 13. Feb 2019, 18:54 Uhr
Nümbrecht - Auf Einladung des Homburgischen Gymnasiums Nümbrecht diskutierte der bekannte Philosoph und Schriftsteller Jürgen Wiebicke mit Schülern der Oberstufe über den Beitrag jedes Einzelnen zur Stärkung der Demokratie und den zunehmenden Rechtspopulismus in Europa.
Von Ute Sommer

Jugendliche sind die bevorzugten Gesprächspartner des Schriftstellers Jürgen Wiebicke, weil sie sich in der Lebensphase befinden, in der elementare Lebensentscheidungen getroffen werden und die gesellschaftliche Selbstpositionierung erfolgt. "Deshalb bin ich so gern in Schulen unterwegs", schickte er der Diskussionsrunde in der vollbesetzten Aula des des Homburgischen Gymnasiums Nümbrecht (HGN) voraus. Nach Lektüre des aktuellen Wiebicke-Buchs "10 Regeln für Demokratie-Retter" brachten die Moderatoren Lisa Imich, Samuel Haas, Lina Dimke, Alina Burba und Fabienne Dehler den Autor mit kritischen Fragen ins Dozieren.

Warum denn die Demokratie gerettet werden müsse? Obwohl die Demokratie essenziell von Mehrheiten lebe, seien es in Wirklichkeit nur wenige Akteure, die viel bewirkten, machte er am Beispiel der schwedischen Schülerin Greta Thunberg deutlich, die weltweite Schülerproteste zum Klimaschutz in Gang setzte. Viele Menschen heutzutage nähmen die Demokratie als Selbstverständlichkeit hin, hätten "Jahre im politischen Schlafwagen" zugebracht, bebilderte er treffend die allgemeine Politikverdrossenheit.


"Wenn aber alle so denken, ist Demokratie zum Scheitern verurteilt und ich habe das Gefühl, dass gerade echt was passiert", stellte er im Umgang mit Jugendlichen ein generell wachsendes politisches Interesse und die Bereitschaft sich zu engagieren fest.  Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung würden abweichende Meinungen vom Mainstream als störend wahrgenommen, Pauschalisierungen allerdings führten nicht weiter. "Man kann kein mündiger Bürger sein, wenn man nicht über fundierte Nachrichten verfügt", forderte dazu auf Schlagzeilen anhand verschiedener Quellen auf Echtheit zu überprüfen.

Danach gelte es im direkten Austausch mit Andersdenkenden das "Handwerk der konstruktiven Streitkultur" wiederzuentdecken, um den Wesenskern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegen europaweit wachsenden Rechtspopulismus und autoritäre Kräfte verteidigen zu können. Nach der Frage wie man mit Andersdenkenden ohne Vorverurteilungen auf Augenhöhe argumentieren könne, fokussierte sich die Diskussion zunehmend auf die AfD und den angemessenen Umgang mit ihr. "Fürchte dich nicht vor rechten Scheinriesen", laute eine der "Regeln für Demokratie-Retter", forderte Wiebicke dazu auf, die oft verschwommene Grenze zwischen Rechtskonservativen und Radikalen klar zu definieren. 

Als "beste Lebensversicherung gegen Radikale" appellierte an die Heranwachsenden, sich aktiv am politischen Meinungsbildungsprozess und der Gestaltung des Gemeinwesens zu beteiligen. "Hier gibt es viel zu gewinnen.“ Nochmals Bezug nehmend auf das Beispiel der "Fridays for future" ermutigte er dazu, als Individuum mehr Souveränität zu wagen und auf den inneren Kompass zu vertrauen, denn "Wenige bewirken viel."
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