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Gegen den Trend: Junger Hausarzt für Morsbach

nh; 19. Feb 2019, 10:20 Uhr
Bilder: Nils Hühn --- Dr. med. Nils Achilles hat sich als Hausarzt in Morsbach-Lichtenberg niedergelassen und sieht hier seine berufliche Zukunft.
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Gegen den Trend: Junger Hausarzt für Morsbach

nh; 19. Feb 2019, 10:20 Uhr
Oberberg - Der 36-jährige Dr. Nils Achilles ist seit Anfang des Jahres niedergelassener Hausarzt in Morsbach-Lichtenberg - Er traf seine Entscheidung ganz bewusst und will lange in der Region bleiben.
Von Nils Hühn

Dr. med. Nils Achilles ist 36 Jahre alt und einer von wenigen jungen Allgemeinmedizinern, die sich für eine Niederlassung als Hausarzt in einer ländlichen Region entscheiden. Bundesweit suchen die niedergelassenen Allgemeinmediziner händeringend nach Nachwuchs - meistens ohne Erfolg. „Wir haben in Nordrhein derzeit insgesamt rund 250 offene Hausarztsitze, die meisten davon in der Peripherie“, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo). In Oberberg sind besonders die Region um die Kreisstadt, der Osten und der Kreissüden betroffen. Allein in diesen acht Kommunen gibt es 16,5 unbesetzte Hausarztsitze.

Und genau in dieser Region hat sich Dr. Achilles niedergelassen. In Morsbach, Oberbergs einwohnerschwächsten Gemeinde, hat er seit dem 1. Januar einen festen KV-Sitz. In der Friedhofstraße in Lichtenberg ist das Wartezimmer am gestrigen Montagmorgen prall gefüllt. „Bis zum Mittag wird es weniger“, kennt sich Dr. Achilles bereits bestens aus. Der junge Mediziner strahlt Begeisterung für seinen Beruf aus und möchte schnellstmöglich zu seinen Patienten zurück, die er an vier Tagen die Woche zwischen 8 und 13 Uhr in Lichtenberg betreut.


Aber warum ist Dr. Achilles einer der wenigen Stadtflüchtlinge in seiner Branche? „Ich habe mich ganz bewusst für Morsbach entschieden“, verrät der zweifache Familienvater. „Ich wollte, dass meine Kinder auf dem Land aufwachsen“, lebt er mittlerweile in Waldbröl-Bohlenhagen. Achilles stammt aus Hennef und studierte in Köln und Bonn. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kommilitonen wusste er früh, dass eine Karriere in einer Klinik nicht das Ziel sei. Eine sechswöchige Famulatur, eine Art Praktikum, in der Gemeinschaftspraxis der drei Waldbröler Ärzte Johannes Schlechtingen, Dirk Feuerstein und Astrid Kessler, war 2011 die Initialzündung.

Auch den Wahlteil seines praktischen Jahrs absolvierte Dr. Achilles in Waldbröl sowie seine Facharztausbildung. Seit zwei Jahren war er in der Gemeinschaftspraxis angestellt, ehe er sich dazu entschied, sich niederzulassen. Nun ist er der feste Ansprechpartner für die Patienten in Morsbach-Lichtenberg. Die Praxis war einst „Zweigpraxis“, aber nun gleichberechtigt mit Waldbröl. An den Nachmittagen ist er in der Marktstadt anzutreffen.

Beim Schritt zum niedergelassenen Hausarzt spielte bei Dr. Achilles, dessen Frau Lehrerin in Waldbröl ist, die Eigenmotivation die größte Rolle. Die geschaffenen Anreize durch die KVNo mit dem aufgelegten Strukturfonds zur Förderung bei einer Niederlassung habe eine untergeordnete Rolle gespielt. Zu Beginn des Jahres wurden neben Dr. Achilles eineinhalb weitere hausärztliche Stellen in Bergneustadt und Wiehl durch die KVNo gefördert. Für die Neuniederlassung erhielt Dr. Achilles zudem Fördergelder vom Land. „Ich glaube aber nicht, dass diese finanziellen Anreize ausreichen, um mehr Ärzte für die ländlichen Gebiete zu begeistern.“



Aber was muss geschehen, um mehr Hausärzte für den Oberbergischen Kreis zu gewinnen? „Es muss eine bessere Aufklärung stattfinden. Viele Klinikärzte glauben, dass sie auf dem Land finanziell schlechter dastehen“, hat Dr. Achilles dies durch Gespräche mit Kollegen erfahren. Im Vergleich zur Arbeit in einer Klinik würden für Hausärzte anstrengende 24-Stunden-Schichten wegfallen und nur vereinzelt Bereitschaftsdienste im Dienstplan stehen. „Dies ist natürlich nur in einer Gemeinschaftspraxis möglich“, so der 36-Jährige.

Für Nils Achilles kam auch nur diese Variante in Betracht. Ganz allein eine Praxis zu führen, wollte er nicht. „Das Arzt-Studium legt den Schwerpunkt auf die Medizin und nicht auf Betriebswirtschaftslehre“, ist er froh, dass dieser Part durch das bestehende System seiner Kollegen abgedeckt ist. Ebenso ist er glücklich, annähernd eine 40-Stunden-Woche mit Krankheits- und Urlaubsvertretung zu haben. „Die Zukunft liegt bei solchen Gemeinschafts-Modellen“, ist sich der Jung-Mediziner sicher. Geht es nach ihm, wird er dauerhaft im Kreissüden bleiben. Nur der Standort in Lichtenberg könnte wechseln. „Es gibt Überlegungen, auf der anderen Straßenseite ein Ärztehaus zu errichten“, würde er neue Praxisräume sehr begrüßen. Aber hierüber muss die Politik entscheiden.
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