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Das Schneckenrennen setzt sich fort

pn; 24. Mar 2019, 22:25 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung ---- Yonatan Dayan zeigte einen erfrischenden Auftritt.
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Das Schneckenrennen setzt sich fort

pn; 24. Mar 2019, 22:25 Uhr
Gummersbach – Der VfL Gummersbach zeigt im Derby gegen den Bergischen HC zwar positive Ansätze, ist am Ende aber chancenlos - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm


Der VfL Gummersbach bleibt auch im zweiten Spiel unter Torge Greve sieglos und liefert sich mit der SG BBM Bietigheim und den Eulen Ludwigshafen, die am Samstag überraschend den TBV Lemgo besiegten, weiter ein spannendes Schneckenrennen um die beiden Abstiegsränge.


VfL Gummersbach – Bergischer HC 22:29 (11:14).


[Gegen die Wurfgewalt von Florian Baumgärtner fand der BHC lange Zeit kein Mittel.]

Ein Wunderheiler ist Torge Greve nicht. Nur ein solcher könnte aus einer stark verunsicherten VfL-Mannschaft wohl sofort wieder ein solides Bundesligateam formen. Doch zwei Wochen nach seiner Inthronisierung auf der Bank beim Liga-Dino lässt sich zumindest eine Handschrift des neuen Trainers erkennen. Wirkten die letzten Spiele unter der Ägide von Denis Bathijarevic mut- und kraftlos, waren im bergischen Derby gegen den BHC zumindest wieder Ansätze von zuletzt verloren gegangenem Niveau und Selbstvertrauen zu erkennen.


Gleich auf zwei Positionen änderte der Handballlehrer seine Startformation im Vergleich zum Debüt gegen Minden. Auf der Torhüterposition erhielt Matthias Puhle den Vorzug vor Ex-Nationaltorhüter Carsten Lichtlein und in der Rolle des Regisseurs bekam überraschend Yonatan Dayan den Vorzug vor Pouya Norouzi. Ein Schachzug, der seine Wirkung schnell entfalten sollte. Wirkte der Iraner zuletzt damit überfordert, ein Team zu lenken und verhaspelte sich auch heute zu häufig in Einzelaktionen, spielte der junge Israeli unbekümmert auf und brachte viel Struktur in die Angriffe des Altmeisters. Lediglich die Torgefahr geht dem für Bundesligaverhältnisse etwas schmächtigem Mittelmann noch völlig ab, der zu häufig versuchte, gegen die Hand und zwei Abwehrspieler zu agieren.


[Moritz Preuss hatte einen schweren Stand gegen den starken Innenblock der Gäste.]

Diese strahlte dafür Florian Baumgärtner aus. Der Linkshänder erwischte einen wahren Sahnetag und sorgte neben Stanislav Zhukov für den furiosen 5:2-Start (9.) in die Partie. Dass der VfL aus diesem guten Beginn nicht mehr Kapital schlagen konnte, lag auf der einen Seite am starken BHC-Kreisläufer Max Darj, der von seinen Mitspieler mit reichlich sehenswerten Anspielen gefüttert wurde, aber auch an Tobias Schroeter. Das Gummersbacher Eigengewächs fiel lediglich mit drei technischen Fehlern und vielen Provokationen auf. Torge Greve wollte seinen Rechtsaußen nach dem Spiel zwar nicht negativ herausheben, nannte den Auftritt stattdessen übermotiviert und seiner Jugend geschuldet. Was er vom vogelwilden Auftritt allerdings gehalten haben dürfte, zeigte, dass Schroeter nach seiner Zeitstrafe beim 6:6-Zwischenstand (15.) fortan einen Platz auf der Auswechselbank gebucht hatte.


Der VfL hatte den Flow der ersten Minuten damit jedenfalls verloren. Die Oberberger probierten es mit dem siebten Feldspieler, mussten aber sofort einen Gegentreffer ins leere Tor hinnehmen. Ein kläglicher Siebenmeter des schwachen Marvin Sommer sowie die Auswechslung von Yonatan Dayan, der eine Pause benötigte, taten ihr Übriges. Die Gäste zogen über ihr starkes Kreisläuferspiel zum 9:13 (27.) davon, zumal auch Torhüter Matthias Puhle nicht an seine starken Anfangsminuten anknüpfen konnte, auch wenn er kurz vor der Pause mit einer spektakulären Doppelparade das 11:15 verhinderte.


Hoffnung kam nur kurzzeitig nach dem Seitenwechsel auf. Den ersten Wurf nach der Pause setzte Zhukov zwar noch neben das Gehäuse, doch mit einem Doppelschlag verkürzte Kreisläufer Moritz Preuss noch einmal zum 14:16 (37.). Damit hatten die Hausherren ihr Pulver allerdings auch weitestgehend verschossen. Baumgärtner und Zhukov gaben weiter die Alleinunterhalter im Rückraum, wobei dem Ukrainer die letzte Präzision fehlte. Sechs Tore aus 15 Versuchen sprachen Bände. Defensiv wusste der VfL über 16:21 (45.) eigentlich sogar zu überzeugen, schließlich wurden die Gäste stetig ins passive Spiel gezwungen. Doch der abgeklärt auftretende Aufsteiger ließ sich davon zu keiner Zeit aus der Ruhe bringen und brachte seine Angriffe stets irgendwie im VfL-Gehäuse unter, während BHC-Keeper Bastian Rutschmann in der Schlussphase zum Derbyhelden mutierte.


[Während Matthias Puhle (o.l.) mit neun Paraden durchaus überzeugen konnte, wird Carsten Lichtlein (o.r.) sein 600. Bundesligaspiel wohl nicht lange in Erinnerung bleiben. Der VfL-Keeper blieb in 15 Minuten ohne Parade. Bastian Rutschmann (unten) entnervte die Oberberger in der Schlussphase dagegen völlig.]

Über 19:25 (52.) und 20:28 (59.) vermisste Torge Greve nicht ganz unberechtigt ein letztes Aufbäumen bei seiner Mannschaft. Zeit an den nächsten Stellschrauben zu drehen hat der neue Coach dagegen kaum. Bereits am Donnerstag geht es gegen die Rhein-Neckar Löwen weiter. Die größte Baustelle dürften bis dahin die beiden Außenbahnen sein. Denn während der BHC mit Jeffrey Boomhouwer und Arnor Thor Gunnarsson über die Flügel starke zwölf Tore erzielte, blieben die VfL-Schützen von dieser Position torlos.


Gummersbach: Florian Baumgärtner (8), Stanislav Zhukov (6), Moritz Preuss (4), Matthias Puhle, Ivan Martinovic, Alexander Becker, Pouya Norouzi (je 1).


Bergischer HC: Jeffrey Boomhouwer (9/4), Max Darj, Daniel Fontaine (je 5), Bogdan Andre Criciotoiu,Arnor Thor Gunnarsson (je 3), Linus Arnesson (2), Rafael Baena, Csaba Szücs (je 1).


Zeitstrafen
8:8 Minuten (2x Baumgärtner, Schroeter, Preuss – Darj, Petrovsky, Kotrc Szücs)


Siebenmeter
0/2 – 4/4 (Sommer neben das Tor, Preuss trifft im Nachwurf gegen Rutschmann – Boomhouwer souverän).


Zuschauer
3899.


Schiedsrichter
Fabian Baumgart / Sascha Wild
[Für Tobias Schroeter war die Partie nach einer Viertelstunde unfreiwillig beendet.]

Stimmen

Torge Greve (VfL Gummersbach): Glückwunsch zum verdienten Erfolg an den Bergischen HC. Wir sind eigentlich gut ins Spiel gekommen und standen mit der Abwehr richtig gut. Unsere Rückraumschützen kamen ebenfalls gut ins Spiel und haben mit Toren vorgelegt. Aber ab der 20. Minuten kam dann unsere erste Schwächephase, als wir angefangen haben kopflos zu agieren und in alte Muster zurückzufallen. Dadurch haben wir uns den ersten Rückstand eingefangen und den BHC gestärkt. Wir sind teilweise auch etwas zu übermotiviert in Situationen gegangen, das hat mir nicht so gefallen. In der zweiten Halbzeit wollten wir auch eigentlich so weiter machen und in der ersten Viertelstunde hatten wir den BHC auch ganz gut im Griff, bis sie dann wieder jeden Angriff in unserem Tor versenkt haben. Unsere Außen sind heute auf keinen einzigen Treffer gekommen, während der BHC über Außen sehr erfolgreich war. Daran müssen wir weiterarbeiten. Hinzu kommt, dass wir zum Schluss dann über rund 15 Minuten ein ums andere Mal an Bastian Rutschmann gescheitert sind. Am Ende haben wir uns dann auch nicht mehr so konsequent gegen die Niederlage gewehrt wie ich es mir gewünscht hätte, so dass der Sieg des BHC für mich deutlich zu hoch ausgefallen ist.

Sebastian Hinze (Bergischer HC): Wir sind extrem glücklich, dass wir das Spiel erfolgreich bestreiten konnten. Wir waren 60 Minuten lang hochkonzentriert und das war bitter nötig, weil der VfL auch nur kleine und wenige Schwächephasen hatte, aber eben mehr als wir. Wir haben auf die Abwehr und den Positionsangriff gesetzt, was dann nach der ersten VfL-Schwächephase auch erfolgreich war. In der Abwehr haben wir vor allem Tore aus dem Rückraum bekommen. Wir wollten aber unser System nicht verändern. In der zweiten Halbzeit sind wir defensiv auch sehr gut reingekommen, im Angriff aber nicht, bis zu der Phase, in der wir uns dann gut absetzen konnten. Der K.O. für Gummersbach war dann aber die hervorragende Torwartleistung von Bastian Rutschmann in den letzten 15 Minuten, der uns damit die deutliche Führung bis zum Ende festgehalten hat.
 
Christoph Schindler (Geschäftsführer VfL Gummersbach): Glückwunsch zum Sieg und zur einer herausragenden Saison an den Bergischen HC. Torge hat es perfekt auf den Punkt gebracht. Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht. Aber in den Phasen, in denen sich uns etwas geboten hat, war der BHC zur Stelle. Wir müssen die positiven Dinge mitnehmen, auch wenn die Enttäuschung natürlich groß ist, weil heute mehr drin war.

Jörg Foste (Sportlicher Leiter BHC): Wir sind sehr glücklich über den Sieg. Wir haben heute rechnerisch den Klassenerhalt geschafft. Dafür gehört dem Trainerteam und der Mannschaft ein riesen Kompliment gemacht.

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