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Ärger auf der Baustelle

Red; 6. Apr 2019, 09:30 Uhr
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Ärger auf der Baustelle

Red; 6. Apr 2019, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es ums Baurecht.
Von Rechtsanwalt Michael Strombach
Darüber haben sich Bauunternehmer und Handwerker schon immer schwarzgeärgert: Der Kunde findet einen Baumangel, streicht nach Klage hohe Mangelbeseitigungskosten ein, führt eine kostengünstige Reparatur durch und der Reibach fließt in den schon lange geplanten Erholungsurlaub. Mit dieser Art der Reisefinanzierung ist seit dem 22.02.2018 Schluss. An diesem Tag hat der Bundesgerichtshof nämlich ein Urteil (Aktenzeichen VII ZR 46/17) verkündet, mit dem eine jahrzehntealte Rechtsprechung aufgehoben wurde. Im Leitsatz eins der Entscheidung heißt es auszugsweise: „Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs ... seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)“.

Dass das sitzt, zeigt unser erfundenes Beispielfällchen:  Bauherr Findig bestellt für sein Mehrfamilienhaus sechs Balkongeländer für stolze 45.000 EUR. Nach der fix und fertigen Montage stellt sich heraus, dass alle Gitterabstände um eine Winzigkeit zu breit ausgefallen sind - da könnte jetzt ein Kind durchrutschen. Das darf nach DIN-Norm nicht sein; das darf auch nach gesundem Menschenverstand nicht sein. Zur Mangelbeseitigung bleibt nur ein Weg - alte Geländer komplett demontieren und entsorgen, neue Geländer mit richtigem Gitterabstand montieren. Kosten: 4.000 EUR für den Abbau plus nochmal 45.000 EUR für die Neumontage, macht unter dem Strich 49.000 EUR. Die hätte das zuständige Landgericht unserem Findig nach alter Rechtsprechung nach vielleicht fünfjähriger Prozessdauer glatt zugesprochen.

Dass Findig später für 8.000 EUR zur Vermeidung einer Absturzgefahr nur zwei Quergurte auf die Geländer im Bestand aufbringen lässt, war unerheblich, interessierte die Gerichte nicht. Denn: Quergurte auf den filigran gestalteten Geländern ist Reparieren, Findig kann aber Mängelbeseitigung verlangen - so die frühere Rechtsprechung. An diesem Grundsatz hat sich seit dem hier behandelten Urteil des BGH auch nichts geändert. Nur: Ein Besteller, der Mängelbeseitigungskosten kassiert hat, ist jetzt gezwungen, die Mängel innerhalb angemessener Zeit beseitigen zu lassen, um gegenüber dem Unternehmer über die angefallenen Kosten abzurechnen. Versäumt der Besteller die Abrechnung, muss er das kassierte Geld zurückzahlen. Das gilt übrigens auch, wenn die Mängelbeseitigung kostengünstiger war, als bei der Bemessung des Vorschusses ursprünglich angenommen. Dieser Fall ist in der Praxis - soweit bekannt - aber erst zweimal vorgekommen.


Michael Strombach

   
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