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„Der Sekundenschlaf war Schutzbehauptung“

ls; 5. Apr 2019, 12:45 Uhr
Archivbild: Michael Gauger --- Bei dem Unfall im vergangenen September waren zwei Menschen verletzt worden.
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„Der Sekundenschlaf war Schutzbehauptung“

ls; 5. Apr 2019, 12:45 Uhr
Oberberg – Heute wurde ein 22-jähriger Engelskirchener zu einer Geldstrafe und einem zweimonatigen Fahrverbot verurteilt, weil er im vergangenen September in Loope auf die Bahngleise gefahren und mit einem Zug kollidiert war.
Von Leif Schmittgen

Der Sekundenschlaf, den der Angeklagte heute Morgen vor dem Gummersbacher Amtsgericht als möglichen Grund für den Unfall am 29. September des vergangenen Jahres nannte, nahm ihm das Gericht nicht ab. „Das ist eine Schutzbehauptung“, hatte die Staatsanwältin während ihres Plädoyers festgehalten.  Der 22-jährige Engelskirchener war damals mit dem Range Rover seines Vaters mit einem Zug an einem Bahnübergang in Loope kollidiert (OA berichtete).  

Der Engelskirchener hatte zuvor ausgesagt, dass ihm vermutlich die Augen zugefallen seien, als er auf die Schranke zugefahren war. Schuld für die Müdigkeit sei der „Jetlag“, da er erst am Tag zuvor aus Asien zurückgekehrt sei.  An den eigentlichen Unfallhergang könne er sich nicht erinnern, zuvor habe er wegen einer technischen Störung bereits an zwei anderen Bahnübergängen warten müssen. Der am Unfall beteiligte Lokführer war wegen einer Verletzung an der Hand für eine Woche arbeitsunfähig, zudem wurde eine damals schwangere 41-jährige Frau durch den Unfall verletzt. Ein siebentägiger Krankenhausaufenthalt folgte für sie.  

Beide sagten heute als Zeugen aus. Eine dritte Zeugin, die das Geschehen von einem benachbarten Grundstück aus beobachtet hatte, berichtete, dass sie keine „Bremslichter“ gesehen habe. Zudem sei der Fahrbahnwechsel, am Bahnübergang sind Halbschranken verbaut, aus ihrer Sicht „kontinuierlich“ durchgeführt worden.  

In seiner Urteilsbegründung hatte Richter Ulrich Neef daraus geschlossen, dass der Angeklagte nicht wiederholt warten wollte und deshalb fahrlässig und gezielt über die Gegenfahrbahn in den Bereich eingefahren sei, wo es letztlich zur Kollision mit der Bahn kam. Der Beschuldigte habe in Kauf genommen, dass Menschen verletzt werden können, weil er kein drittes Mal an einem Bahnübergang warten wollte. Neef verurteilte den Angeklagten zu 180 Tagessätzen à 10 €. Zudem muss der Student nun zwei Monate zu Fuß gehen. Bei der Höhe der Geldstrafe kam Neef dem Antrag der Staatsanwältin nach, sie hatte allerdings ein dreimonatiges Fahrverbot gefordert.  

Zugunsten des Angeklagten wertete der Richter die Tatsache, dass er bisher verkehrs- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war. Auf einen dauerhaften Entzug des Führerscheins verzichtete das Gericht, der Verteidiger des Angeklagten hatte „eine milde Strafe“ gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte entschuldigte sich noch im Gerichtssaal bei den Unfallopfern.  
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