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'Angst essen Seele auf'

bv; 17. Mar 2019, 20:04 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- An Arbeit dürfte es dem neuen VfL-Trainer Torge Greve in den kommenden Wochen nicht mangeln.
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'Angst essen Seele auf'

bv; 17. Mar 2019, 20:04 Uhr
Gummersbach - Die Gummersbacher Talfahrt geht weiter - Auch mit neuem Trainer kein Erfolgserlebnis beim 20:25 (8:14) gegen Minden - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Bernd Vorländer

VfL Gummersbach - GWD Minden 20:25 (8:14).

Diese Szene war bezeichnend für das gesamte Gummersbacher Spiel an diesem Sonntagnachmittag. Stanislav Zhukov wird in der zweiten Halbzeit im linken Rückraum angespielt, doch anstatt zielgerichtet die große Lücke in der gegnerischen Deckung auszunutzen, wartet er erst ab, läuft dann an, versucht den Ball per Rückhandpass nach Linksaußen zu legen - und begeht ein Stürmerfoul. Nur eine von vielen Unzulänglichkeiten in einer völlig verunsicherten blau-weißen Mannschaft, die sich vor allen Dingen mental in einer höchst schwierigen Lage befindet. Da konnte auch der Trainerwechsel nur wenig bewirken. Torge Greve, der Mann, der fortan auf der VfL-Bank das Sagen hat, dürfte richtig viel Arbeit ins Haus stehen, um seinen Schützlingen das Selbstvertrauen einzuimpfen, ohne das man im Abstiegskampf nicht wird bestehen können.


Ein Hauptproblem des VfL liegt in der fehlenden Durchschlagskraft im Angriff. Pouya Norouzi ist nicht in der Lage, ein Spiel zur ordnen, gar zu lesen. Er verzettelt sich in den Momenten, in denen das Zusammenspiel mit den Nebenleuten so viel wertvoller wäre. Die Außen beim VfL blieben wirkungslos, der linke Rückraum ist ein laues Lüftchen, und als Kreisläufer Moritz Preuß in der Anfangsphase eine klare Gelegenheit ausließ und kurz später einen Ball freistehend nicht fing, deutete sich bereits an, dass der VfL erneut kaum in der Lage sein würde, Punkte zu holen. Was Norouzi beim VfL misslang, schaffte der fast 40-jährige Dalibor Doder bei den Gästen souverän. Der erfahrene Spielgestalter verteilte klug die Bälle, setzte seine Nebenleute ein und erzielte in Situationen, in denen ein Zeitspiel drohte, wichtige Treffer.

[Hatte zumindest vom Siebenmeterpunkt eine hundertprozentige Quote: Marvin Sommer.]

Nach dem 3:4 (8.) geriet der VfL durch technische Fehler früh in Rückstand. Die keineswegs übermächtigen Gäste nahmen die Geschenke der Hausherren gerne an, schlossen etliche Konter erfolgreich ab und machten sich auf 5:11 (20.) von dannen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten beide Gummersbacher Torhüter kaum eine Hand an den Ball bekommen und verloren insgesamt das Torhüterduell gegen Espen Christensen bei GWD. Immer wieder versuchte Trainer Greve auf der Bank zu intervenieren, sprach viel mit seinen Akteuren, nutzte die Taktiktafel, doch die grassierende Unsicherheit bekam er nicht in den Griff.

Auch nach dem Wechsel ging zunächst kein Ruck durch die Heimmannschaft. Ohne sich groß anstrengen zu müssen, erhöhte Minden den Vorsprung bis zur 49. Minute auf 12:23. Ein Debakel kündigte sich an, doch die Gäste schalteten in der Folge zwei Gänge zurück, wechselten viel durch und gaben dem VfL so die Chance, die Niederlage im erträglichen Rahmen zu halten. Carsten Lichtlein im Tor konnte sich jetzt öfter auszeichnen, und der VfL verkürzte bis auf 20:25. VfL-Coach Torge Greve hatte bereits vor dem Spiel deutlich gemacht, dass er auch sehen wolle, wie sich seine Mannschaft in Stresssituationen verhalte. Nach dem Spiel dürfte ihm bewusst sein, dass eine seiner wichtigsten Aufgaben in den kommenden Wochen sein wird, den Druck so weit wie möglich von seinen Spielern zu nehmen. Die Angst vor Fehlern lähmt derzeit viele Aktionen des oberbergischen Bundesligisten, der sich nur freuen konnte, dass auch Abstiegskonkurrent Bietigheim sein Heimspiel verlor.



Stimmen

Torge Greve (VfL-Trainer): "Es war ein verdienter Erfolg für GWD Minden. Meine Mannschaft hatte sich viel vorgenommen, aber unser Spiel war zu unsicher. Einigermaßen zufrieden bin ich mit der Deckungsleistung, natürlich nicht mit dem Angriff. Wir müssen die guten Dinge mitnehmen und vor allem an unserer Zielstrebigkeit arbeiten."

Frank Carstens (GWD-Trainer): "ich bin heute stolz auf meine Mannschaft. Beide Teams waren vor diesem Spiel nicht in der allerbesten Verfassung, es fehlte Selbstvertrauen. Wir haben bis zur 40. Minute hervorragend gespielt, am Ende ein noch besseres Ergebnis verschenkt. Aber wir freuen uns über unsere Leistung."

Christoph Schindler (VfL-Manager): "Jeder hat heute gesehen, dass ein neuer Trainer nicht automatisch für neues Selbstvertrauen sorgen kann. Das ist ein langer Weg. Natürlich stört mich, dass zum gefühlt zehnten Mal ein Gästetrainer hier nach der Partie von der besten Saisonleistung spricht. Da müssen wir anders gegenhalten"

Frank von Behren (GWD-Manager): "Der Sieg ist absolut verdient. Wir wollen jetzt den Schwung mitnehmen und versuchen, uns weiter nach oben zu orientieren."


[Carsten Lichtlein zeigte nach der Halbzeit eine ansprechende Leistung im VfL-Tor.]

VfL: Lichtlein (1.-9. und 31.-60.), Matthias Puhle (10.-30.); Marvin Sommer (5/3), Ivan Martinovic (3), Moritz Preuss, Florian Baumgärtner, Pouya Norouzin, Stanislav Zhukov, Eirik Köpp (je 2), Albin Yhafolli, Tobias Schröter (1)

GWD Minden: Espen Christensen, Kim Sonne Hansen; Mats Korte (5), Christoffer Rambo (4), Savvas Savvas, Kevin Gulliksen, Dalibor Doder (je 3), Max Staar (2), Anton Mansson, Miljan Pusica, Magnus Gullerud, Marian Michalczik (je 1), Luka Zvizej (1/1)

Beste Spieler: --- / Doder, Christensen

Schiedsrichter: Christian vom Dorff/Fabian vom Dorff

Zuschauer: 3.701

Siebenmeter: 3:2/3:1 (Dalibor Doder scheitert an Carsten Lichtlein)
Zeistrafen: 8:4 Minuten (Becker zweimal, Sommer, Zhukov - Rambo, Gulliksen
Spielfilm (3:4, 5:11, 6:12, 8:14 - 9:17, 12:23, 14:24, 17:24, 20:25)

 
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