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Urlaubsansprüche bleiben auch ohne Antrag bestehen

Red; 24. Nov 2018, 09:30 Uhr
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Urlaubsansprüche bleiben auch ohne Antrag bestehen

Red; 24. Nov 2018, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um Urlaubsansprüche.
Von Assessor Devin Dick

Wer keinen Urlaub haben will, der bekommt auch keinen. Was auf Anhieb logisch klingt und in der Arbeitswelt auch häufig so gelebt wird, muss juristisch noch lange nicht stimmen. Mit zwei Vorlagefragen von deutschen Gerichten zu genau diesem Thema musste sich der Europäische Gerichtshof befassen und hat Anfang November entschieden: Urlaubsansprüche bleiben bestehen, auch wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat (Urt. v. 06.11.2018, Az. C-619 und C-684).

Zwei deutsche Gerichte (OVG Berlin-Brandenburg und BAG) hatten einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden. Ein Rechtsreferendar des Landes Berlin und ein Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft hatten geklagt. Beide waren nicht mehr bei ihrem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber beschäftigt und verlangten nach Ende ihrer Anstellung, dass ihnen der bislang nicht beanspruchte Urlaub ausgezahlt wird.

Das Land Berlin, Dienstherr des Referendars, verteidigte sich damit, dass der Referendar während seiner Beschäftigung den Urlaub, den er jetzt einklage, nie beantragt hätte. So könne es ja jetzt nicht sein, dass er den nicht beantragten Urlaub ausbezahlt bekomme.

Da die entscheidenden arbeitsrechtlichen Vorschriften auf Richtlinien der EU beruhen, legten beide Gerichte diese Problematik dem EuGH vor, der entscheiden musste, wie die EU Richtlinien mit Blick auf dieses Thema zu verstehen sind.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Urlaubsanspruch für Arbeitnehmer ein europäisches Grundrecht gemäß der Charta der Grundrechte der EU ist. Da dieses Recht also so grundlegend ist, könne es nicht einfach dadurch wegfallen, dass der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub nicht während seines Beschäftigungsverhältnisses beantrage. Der Beschäftigte habe gegenüber seinem Arbeitgeber eine schwächere Position und es könne sein, dass er seinen Anspruch nicht geltend macht aus Angst, es könne negative Konsequenzen haben. Deshalb verfalle der Urlaubsanspruch nur dann, wenn der Beschäftigte durch den Arbeitgeber ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass ihm Urlaub zusteht und er ihn beanspruchen kann, der Beschäftigte diesen Anspruch aber nicht wahrnimmt. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass er den Beschäftigten entsprechend informiert hat.

Nach dem Urteil des EuGH gilt also: Wer keinen Urlaub will, der bekommt ihn trotzdem, es sei denn, er hat ihn ausdrücklich angeboten bekommen und daraufhin abgelehnt. Die Entscheidung hat sowohl für Arbeitnehmer, die bislang dachten ihr Urlaub sei verfallen, als auch für Arbeitgeber, die jetzt genau darauf achten müssen, den Arbeitnehmer rechtzeitig über seine Urlaubsansprüche zu informieren, weitreichende Konsequenzen.
  

   
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