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Auf den Hund gekommen

Red; 16. Jul 2016, 10:00 Uhr
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Auf den Hund gekommen

Red; 16. Jul 2016, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Tiere im Familienrecht ist das heutige Thema.
Von Rechtsanwalt Andreas Günther, Fachanwalt für Familienrecht

Tiere sind keine Sachen – aber sie werden als solche behandelt. Mit diesem schnöden Satz versuchten sich die Väter des BGB aus der Affäre zu ziehen, als sie merkten, dass auch für Tiere eine Regelung im Gesetz nötig ist. Im Sinn hatten sie aber eher wohl Nutztiere und nicht Haustiere, wie den besten Freund des Menschen.

Werfen wir doch einmal einen Blick auf Tiere, speziell den Hund, im Familienrecht. Es drängt sich hier die Frage auf, was mit einem Hund im Falle einer Scheidung passiert. Wer darf den Familienhund behalten? Gibt es ein Umgangsrecht mit dem Hund? Allein die Fragestellung zeigt, dass hiermit nicht zu spaßen ist. Immer wieder werden auch die Gerichte damit befasst. So wie im Fall der vierjährigen Malteserhündin „Babsi“. Babsi wurde während der Ehe von beiden – kinderlosen – Eheleuten gekauft. Am Tag der Trennung und Auszug der Ehefrau brachte der Ehemann Babsi „in Sicherheit“, um eine Mitnahme durch die Ehefrau zu verhindern.

Es folgten der Gang zu Gericht und ein Antrag von Frauchen auf „Zuweisung und Herausgabe“ des Hundes. Argument der Ehefrau: Babsi sei ihr Alleineigentum und sie habe auch während des Zusammenlebens überwiegend die Kosten für sie getragen. Argument des Ehemannes: Er sei arbeitslos und häufiger mit Babsi Gassi gegangen. Der Konter der Ehefrau: Sie sei Studentin und nur maximal zwei Tage für Vorlesungen in der Woche außer Haus gewesen.

Das Familiengericht bemühte sich direkt um Nüchternheit: Der Hund sei nach § 90 a BGB wie eine Sache zu behandeln. Also richtet sich die Zuweisung des Hundes nach den Regeln des § 1361a BGB über die Hausratsverteilung bei Getrenntleben. Maßgeblich ist dann, ob ein Ehegatte seine Alleineigentümerstellung beweisen kann. Das konnte Frauchen hier nicht. Auch der Ehemann nicht. Bei gemeinsamen Eigentum entscheidet (nein – nicht das Los!) das Gericht nach den Grundsätzen der Billigkeit.

Der Stuttgarter Richter legte sich mächtig ins Zeug. Es wurde eine Beweisaufnahme durchgeführt, der sog. Augenscheinbeweis über die Beziehung der Eheleute zu Babsi. In der mündlichen Verhandlung lief Babsi dann schwanzwedelnd auf die Ehefrau zu, wurde dann von dieser hochgenommen und blieb während der Verhandlung auf ihrem Schoß. Das war eindeutig für das Gericht – zumal sich Herrchen auch in der Zwischenzeit als Ungeeignet für die Hundehaltung erwiesen hat: Zwischen der ersten und er zweiten mündlichen Verhandlung sei Babsi ungewollt vom Chihuahua seines Vaters trächtig geworden. Auch die Kontaktsperre von über einem Jahr ging zu Lasten des Ehemannes. Das Gericht sprach der der Ehefrau den Hund zu.

Herrchen versuchte alles, aber seine Beschwerde wurde vom OLG Stuttgart zurückgewiesen (AZ. 18 UF 62/ 14). Auch die Natur konnte hier keinen anderen Ausgleich schaffen. Der Malteser-Chihuahua-Welpe überlebte leider die Geburt nicht. Über das Umgangsrecht eines Ehegatten mit einem Hund musste das OLG Hamm entscheiden: Hier waren die Richter eindeutig. Ein Umgangsrecht steht dem anderen Ehegatten nicht zu. § 1361 a BGB enthalte keine entsprechend anwendbare Bestimmung hierzu. Auch können die Vorschriften über den Umgang mit Kindern nicht analog herangezogen werden – dies entspreche nicht dem Gesetzeszweck (OLG Hamm 19.11.2010 10 WF 240/10). Den Gerichten gelingt es also, mit ihrem juristischen Handwerkszeug auch die tierischsten Fälle zu lösen.


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