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„Mit Eisen…zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“

Red; 12. Dec 2015, 10:00 Uhr
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„Mit Eisen…zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“

Red; 12. Dec 2015, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um irreführende, gesundheitsbezogene Werbung.
Die jüngste Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs erweckt Kindheitserinnerungen zum Leben. Ich habe die Worte meiner Großmutter noch genau im Ohr. Wie sie beklagte, dass der Junge – gemeint ist der Verfasser – zu wenig esse und immer so blass sei. Da war entschlossenes Handeln gefragt, um das Wachstum und die Entwicklung des Enkels zu fördern. Und so ging meine Großmutter mit mir in die Drogerie (oder ins Reformhaus?) und kaufte einen Traubensaft mit dem Namen „Rotbäckchen“ – zu stolzen DM-Preisen. Natürlich hatte meine Oma die Hoffnung, dass ihr Junge auch bald so rote Wangen haben werde, wie das blonde Mädchen auf dem Flaschenetikett.

Der aufmerksame Leser fragt sich spätestens jetzt: Was hat das alles mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu tun? Zu unrecht. Denn heutzutage wirbt die Rotbäckchen-Vertriebs GmbH nicht mehr bloß mit roten Kinderwangen auf dem Flaschenetikett. Heute wird mit den Angaben „Lernstark“ und „Mit Eisen… zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ geworben. Was meine Großmutter also immer schon genau wusste, steht nun in deutlichen Lettern mitten auf der Flasche. Hiergegen richtete sich die Klage eines Verbraucherverbandes, der in diesem Werbeslogan eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der einschlägigen EG-Verordnung sah.

Ja, auch zu dem Rotbäckchen-Saft aus unserer Kindheit gibt es eine passende EG-Verordnung, nämlich die für „nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel“ (sogenannte Health-Claims-Verordnung). Dem europäischen Gesetzgeber sei Dank! Sinn und Zweck der Veranstaltung: Natürlich soll der Verbraucher – das goldene Kalb der europäischen Gesetzgebung - vor irreführender, gesundheitsbezogener Werbung geschützt werden.

Der Bundesgerichtshof hat die Klage übrigens abgewiesen. Denn die EG-Verordnung erlaube die Angabe „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“. Der Rotbäckchen-Text bewege sich noch in diesem Rahmen und sei daher zulässig. Oma hat also doch alles richtig gemacht.

Anfang Dezember beschäftigte den Bundesgerichtshof noch ein weiteres Getränk: Es ging um einen Tee mit dem Namen „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“. Das Problem war, sie ahnen es schon, dass der Tee weder eine Spur von Vanille, noch von Himbeere enthält. Auf der Verpackung sind dagegen Himbeeren in ihrer prächtigsten Form nebst Vanilleblüten abgebildet. Um in diesem Fall wirklich zu einem sicheren Ergebnis zu gelangen, musste auch der Europäische Gerichtshof in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. Denn wieder spielte auch EG-Recht eine Rolle. Einstimmiges Ergebnis: So geht es nicht! Der Name und die Etikettierung des Tees wurden als irreführend eingestuft. Na dann Prost! 

Thomas Hütt
Fachanwalt für Verkehrsrecht Bergneustadt
  


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