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„Engagierte Palliativmediziner werden abgestraft“

Red; 1. Dec 2014, 11:45 Uhr
Oberberg Aktuell
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„Engagierte Palliativmediziner werden abgestraft“

Red; 1. Dec 2014, 11:45 Uhr
Oberberg – Laut der Kassenärztlichen Vereinigung ist die palliativmedizinische Versorgung im Kreis gesichert – Hausärzteverband widerspricht: Die Rahmenbedingungen stimmen nicht.
In der vergangenen Woche machte die oberbergische Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) darauf aufmerksam, dass die palliativmedizinische Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden auch von Hausärzten durchgeführt werden kann (OA berichtete). Heute nun fügt der oberbergische Hausärzteverband an, dass dazu jedoch die Rahmenbedingungen stimmen müssten. Dass dies nicht der Fall ist, wird für den Verband durch den Fall des Dr. Stefanus Paas aus Bergneustadt deutlich.

Die palliativmedizinische Behandlung richtet sich auf die Linderung von Schmerzen, Angst, Unruhe, Luftnot und anderen Symptomen bei unheilbar voranschreitenden Erkrankungen und in der letzten Lebensphase. Paas, der als palliativmedizinisch tätiger Hausarzt in diesen Behandlungsformen engagiert ist, wurde nun laut Hausärzteverband für die „leitliniengerechten und leidensgerechten Behandlung von Menschen mit schweren und schwersten Schmerzzuständen“ von der KVNO und den Krankenkassen abgestraft: Im Prüf- und Regressverfahren für 2011 wurde er mit 17.000 € „Mehrkosten“ bei der Verordnung von Opiaten und Begleitmedikation (Neuroleptika, Antiepileptika) belastet. Dazu kommen noch einmal 4.900 € für Medikamente, die bei Tumorpatienten und Bettlägerigen zur Thrombosevorbeugung eingesetzt wurden.
  

Mit dem beschiedenen Regress und den Nachfolgeprüfungen sowie den anstehenden mehrjährigen Gerichtsverfahren wird nicht nur sein Engagement, sondern auch die Behandlung der Patienten mit fortgeschrittenen Leidenssituationen bedroht, so der Hausärzteverband. Paas erwägt nun den Weg ins Ausland, die Patienten bleiben hier und „belasten“ eventuell das Budget anderer Ärzte, die angesichts der quartalsmäßig erfolgenden Überschreitungsmitteilungen „die Faust im Nacken spüren“ (Zitat einer oberbergischen Ärztin).

Diesen Zuständen muss nach Meinung des Hausärzteverbands ein Ende bereitet werden. Der Hausärzteverband im Oberbergischen Kreis fordert die unverzügliche Auflösung des Prüfgremiums in Düsseldorf und im Rahmen des geplanten Gesetzesvorhabens der Großen Koalition zur neuen Gesundheitsreform eine Abschaffung von Regressen, die Ärzte und Schwerkranke bedrohen. Ministerin Steffens wurde aufgerufen, die Vorgänge in der Gemeinsamen Prüfeinrichtung der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung zu prüfen. Der Hausärzteverband empfiehlt Patienten, bei ihrer Krankenkasse nachzufragen, wie sie zu solchen Prüfungen und den Auswirkungen steht, und bei unbefriedigenden Antworten vom Recht des Kassenwechsels Gebrauch zu machen.
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