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Ein Spektakel für alle Handball-Sinne

bv; 30. Oct 2014, 00:11 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Premiere in Gummersbach: Erstes Länderspiel in der Kreisstadt vor ausverkauftem Haus.
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Ein Spektakel für alle Handball-Sinne

bv; 30. Oct 2014, 00:11 Uhr
Gummersbach - Beim ersten EM-Qualifikationsspiel siegte die deutsche Handball-Nationalmannschaft deutlich mit 30:18 (19:8) gegen Finnland - Länderspiel-Premiere in der ausverkauften SCHWALBE arena.
Von Bernd Vorländer

Gespannt waren sie alle – die Fans, die Verantwortlichen des VfL Gummersbach, Funktionäre, der Vorstand des Deutschen Handballbundes und natürlich auch die Spieler und der Betreuerstab der Nationalmannschaft. Wie würde die Premiere, das erste Spiel eines Nationalteams in Gummersbach, in der neuen SCHWALBE arena ablaufen, wie würde die Stimmung sein bei diesem außergewöhnlichen Ereignis in der Kreisstadt? Und am Ende sah man in der Halle nur glückliche Gesichter – die einen, weil das Spiel sportlich zumindest eine Hälfte lang die Ansprüche erfüllte, die anderen, weil einfach alles zusammenpasste und die Zuschauer einen Abend voller Emotionen erleben durften.


[Kiels Linkshänder Steffen Weinhold war ein Aktivposten in der deutschen Mannschaft.]

Dass dieses Spiel auch dem DHB-Vorstand noch länger in Erinnerung bleiben dürfte, hatte auch mit den tollen Fans zu tun, die das Spiel erst zu einem „Event“ machten. Angetrieben vom SCHWALBE arena-Hexenkessel, fand das in der Vergangenheit oft kritisierte Nationalteam gegen die allerdings höchstens zweitklassigen Finnen schnell in die Spur und durfte sich im Gefühl des sicheren Sieges gegen Ende hin sogar einige Kabinettstückchen erlauben, die zwar nicht zum Torerfolg führten, aber ein zufriedenes Raunen auf den Rängen hinterließen. Vor dem Spiel in der ausverkauften Halle wurde noch Sven-Sören Christophersen für sein 100. Länderspiel geehrt.

Deutschland – Finnland 30:18 (19:8).

Das Spiel gegen Finnland sollte nicht nur zwei sichere Punkte bringen, sondern auch eine ideale Vorbereitung für das schwere Auswärtsspiel am Sonntag in Österreich sein - so hatten es sich die Verantwortlichen um den deutschen Nationaltrainer Dagur Sigurdsson gewünscht. Und das Nationalteam legte nach anfänglichen Schwierigkeiten gegen die Finnen eine starke erste Hälfte hin, ehe man nach dem Wechsel aber auch deutlich nachließ. Bis zum 3:3 (5.) benötigte das deutsche Team, um sich zu finden, im Anschluss zog man aber gegen Finnland unwiderstehlich davon. 11:5 stand es nach 19 Minuten, als Uwe Gensheimer eine schöne Kombination abschloss, die vom Kieler Linkshänder Steffen Weinhold ausgegangen war. Letzterer war im Übrigen ein ständiger Unruheherd und von der Deckung der Gäste kaum unter Kontrolle zu bringen. Auch Paul Drux, früherer Spieler des VfL Gummersbach und heute bei den Füchsen Berlin unter Vertrag, setzte einige Akzente und gab eine Kostprobe seiner Wurfkraft.


Binnen weniger Minuten schraubten die Gastgeber das Ergebnis auf 16:6 (25.), womit die Partie praktisch bereits entschieden war. "Wir haben es nicht vermocht, die deutschen Angriffe angemessen zu verteidigen", kommentierte Finnlands Trainer Mikael Källmann die ersten 30 Minuten, der vielen Handballfans noch aus der Bundesliga bekannt ist. Erst nach dem Wechsel und dem zwischenzeitlichen 21:8 kamen die Finnen besser ins Spiel und konnten das Ergebnis in Grenzen halten. Hätte nicht Torhüter und VfL-Schlussmann Carsten Lichtlein, der von den Zuschauern gefeiert wurde, für mehr als fünf Minuten seinen Kasten vernagelt, wäre es für die deutsche Mannschaft schon etwas peinlich geworden.


[Torhüter Carsten Lichtlein bot in seinem 183. Spiel im deutschen Dress eine starke Partie.]

So aber gab Sigurdsson allen Spielern Einsatzminuten, sodass sich alle Akteure auf dem Feld in die Torschützenliste eintragen konnten. Auffallend, dass der isländische Coach gerade im Angriff bereits eine ganz persönliche Handschrift einfließen ließ. Bei Unterzahlsituationen wechselte der Trainer der Deutschen regelmäßig seinen Torwart aus und brachte den sechsten Feldspieler - oft mit Erfolg. Zwei Kempa-Anspiele in der Schlussphase auf Tobias Reichmann und Michael Allendorf waren für die Galerie gedacht, brachten jedoch keine Tore.

Was der Erfolg im Auftaktspiel der Qualifikation für die Europameisterschaft in Polen wert ist, wird sich am Sonntag zeigen, wenn Deutschland in Wien gegen Österreich antreten muss. Dort wird man sich auf größere Gegenwehr gefasst machen müssen. Trotz des Klassenunterschieds waren die Fans in Gummersbach zufrieden, ein Länderspiel erlebt man schließlich nicht alle Tage.

Stimmen:


[Sven-Sören Christophersen wurde vor der Partie für sein 100. Länderspiel geehrt.]

Dagur Sigurdsson (Deutschland): Mit der 1. Halbzeit bin ich zufrieden. Da haben wir diszipliniert unsere Angriffe ausgespielt und standen gut in der Deckung. Dass es nach dem Wechsel nicht mehr so gut lief, ist auch meine Schuld. Ich habe viel gewechselt und dadurch haben wir unseren Rhythmus verloren. Dennoch müssen wir das besser lösen - schon am Sonntag in Österreich. Das wird sein sehr schweres Auswärtsspiel. Ich sehe den Gegner auf Augenhöhe mit uns.

Mikael Källmann (Finnland): Wir haben nur zehn Minuten mithalten können und dann unsere Linie verloren. Erst in der zweiten Halbzeit konnten wir wieder mitspielen. Ich sehe Spanien und Deutschland als stärkste Teams der Gruppe.

Deutschland
Carsten Lichtlein (VfL Gummersbach-1.-45.) 13 Paraden
Silvio Heinevetter (Füchse Berlin-46.-60.) 4 Paraden

Steffen Weinhold (THW Kiel) 4
Uwe Gensheimer (Rhein Neckar Löwen) 4/2
Paul Drux (Füchse Berlin) 3
Tobias Reichmann (KS Vive Tauron Kielce) 3
Hendrik Pekeler (TBV Lemgo) 2
Patrick Groetzki (Rhein Neckar Löwen) 2
Martin Strobel (HBW Balingen) 2
Steffen Fäth (HSG Wetzlar) 2
Sven-Sören Christophersen (TSV Hannover-Burgdorf) 2
Michael Allendorf (MT Melsungen) 2/1
Michael Müller (MT Melsungen) 1
Fabian Wiede (Füchse Berlin) 1
Timm Schneider (TBV Lemgo) 1
Manuel Späth (Frisch Auf Göppingen) 1

Finnland

Patrik Roslander (15.-60.)
Mikael Mäkelä (1.-14.)

Andreas Rönnberg (6/4)
Richard Sundberg (4)
Nico Rönnberg (4)
Miro Koljonen 1
Oliver Helander (1)
Antti Valo (1)
Teemu Tamminen (1)

Zuschauer: 4.148 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Miljan Vesovic/Novica Mitrovic (Montenegro)

Siebenmeter: 5/4 – 3/4 (Gensheimer und Allendorf scheitern an Roslander)

Zeitstrafen: 8:4 Minuten (Drux (2), Pekeler, Späth – Koljonen, Weber)

Beste Spieler: Carsten Lichtlein, Steffen Weinhold, Paul Drux – Richard Sundberg, Nico Rönnberg
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