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Grollendes Geräusch beim Pkw - Gibt es ein Umtauschrecht?

Red; 20. May 2017, 09:30 Uhr
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Grollendes Geräusch beim Pkw - Gibt es ein Umtauschrecht?

Red; 20. May 2017, 09:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um das Umtauschrecht für Autos.
Andreas Günther, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

Ein einfaches Umtauschrecht beim Pkw-Kauf gibt es grundsätzlich nicht. Allerdings kann ein Pkw-Käufer von dem Kaufvertrag zurücktreten, wenn bestimmte Vorraussetzungen vorliegen, etwa der Pkw einen „Sachmangel“ aufweist. Wenn dieser vom Händler nach entsprechender Fristsetzung nicht beseitig, also nachgebessert wird, kann der Käufer den Rücktritt erklären und gegen Rückgabe des Wagens sein Geld herausverlangen.

Mit einem solchen Fall hatte sich das Landgericht Münster zu befassen. Der Kläger L kaufte ein schickes Auto aus Ingolstadt. Für den Q3 mit 2,0 TDI Motor und Quattro-Antrieb zahlte er im Jahr 2011 knapp über 40.000,- Euro. Ein Jahr schnurte der TDI wie ein Kätzchen, doch dann bemerkte der L ungewöhnliche Geräusche. Diese traten bei einer Geschwindigkeit von 70 – 80 Km/h und einer Fahrt im siebten Gang auf. Er machte Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag geltend und forderte den Händler zur Beseitigung auf. Dieser wies die Ansprüche als unberechtigt zurück, ein Mangel liege nicht vor.

L ließ nicht locker, sondern leitete  vor Gericht ein selbständiges Beweisverfahren ein. Durch ein Sachverständigengutachten in diesem speziellen Verfahren sollte die Wurzel des Übels gefunden werden. Das Übel, also den Mangel,  muss der Käufer ja nachweisen.  Das Gericht beauftragte einen öffentlich vereidigten und bestellten Sachverständigen mit der Untersuchung. Nach durchgeführten Probefahrten stellte dieser in dem Geschwindigkeitsbereich von 70 -80 Km/h ein mahlendes, grollendes Geräusch  fest. Solche Geräusche hört man nicht gern vom Auto und man witterte Ungemach. Da als Geräuschquelle das Verteilergetriebe lokalisiert wurde, ließ man das Getriebe- und Verteilergetriebeöl ab. Trotz intensiver Suche fanden sich keine Metallspäne. Ein technischer Mangel konnte nicht festgestellt werden. Auch der  Austausch des Getriebes unter Hinzuziehung eines Vergleichsfahrzeuges schaffte keine Abhilfe: das Geräusch blieb.

Mittlerweile schrieb man das Jahr 2014 – und  L erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises (unter Abzug einer Nutzungsentschädigung) gegen Rückgabe des Q 3. So landete der Fall vor den Richtern im Münsterland. Ihr Maßstab: Wenn das Geräusch ein erheblicher Fehler des Pkw ist, der den Wert des Autos oder seine Eignung zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung aufhebt, liegt ein sog. Sachmangel vor.

Das Geräusch – wie vom dem Sachverständig in dem Beweisverfahren festgestellt – trat nur auf, wenn der Q3 bei 70- 80 km/h  im siebten Gang leicht beschleunigt wurde (für Experten: Drehzahl 1400 -1500 pro Minute). Technisch sei aber kein Fehler gegeben. Das Vorliegen eines solchen Geräusches wurde vom Händler auch nicht in Zweifel gezogen.

Die Richter setzten – man hat auch schon den Oktober 2016 erreicht -  einen Ortstermin an. Sie stiegen ins Auto und unternahmen eine Probefahrt. In ihr Urteil vom 15.11.2016 (Az. 15 O 152/15) schrieben sie u.a.: „Außerdem ist das Geräusch so wenig auffällig, dass es von einem nicht dafür sensibilisierten Fahrzeuginsassen kaum wahrgenommen wird. Sogar das Gericht, das angesichts des geführten Rechtsstreits für die Thematik sensibilisiert und aufgeschlossen war, hatte angesichts der übrigen normalen Fahrgeräusche Schwierigkeiten, das Geräusch beim Hören zu isolieren und wahrzunehmen. Insbesondere konnte das Geräusch von einem technischen Laien wie dem zuständigen Gericht nicht als störend empfunden werden.“

Sie stellten dann fest, dass ein derart unauffälliges Geräusch auch bei  einem Fahrzeug der Spitzenklasse keine nachteilige Abweichung vom vertraglich geschuldeten Stand der Technik ist und deshalb nicht als Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts anzusehen ist. Die Klage wurde abgewiesen. 

Wahrscheinlich mochte der Q3 einfach keine leichte Beschleunigung im siebten Gang zwischen 70 – 80 Km/h …  
  

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