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Wenn die Chancengerechtigkeit auf der Strecke bleibt

bv; 25. Jan 2017, 13:52 Uhr
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Wenn die Chancengerechtigkeit auf der Strecke bleibt

bv; 25. Jan 2017, 13:52 Uhr
Oberberg – Dass die Tafeln in Oberberg einen Aufnahmestopp verhängen, zeigt: Die Zahl der Bedürftigen steigt – ein Skandal in einem reichen Land wie Deutschland.
Zahlen sagen nicht immer die Wahrheit – manchmal aber doch. Acht Multimilliardäre haben so viele Werte zusammengetragen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung insgesamt besitzt. In Deutschland verfügen die reichsten zehn Prozent über 60 Prozent des gesamten Vermögens. Und im Oberbergischen müssen die Tafeln einen Aufnahmestopp verhängen, weil zu viele Menschen nach kostenlosen Lebensmitteln nachfragen. Was das alles heißt? Weltweit, aber eben auch in der Region geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Reiche werden noch reicher, Arme bleiben arm. So gibt es auch keine Chancengerechtigkeit, das Wort ‚Teilhabe‘ bleibt für viele nur eine Worthülse.


Das alles ist – und das muss man auch so deutlich sagen – ein gesellschaftlicher und sozialpolitischer Skandal, der allerdings weithin akzeptiert ist. Es gibt keine Bürgerbewegung, die mit aller Macht auf Veränderung drängt, politische Parteien vergießen meist einige Krokodilstränen, lassen aber keine Taten folgen, die die Zustände verändern. Und was folgt daraus? Der soziale Kitt einer Gesellschaft bröckelt immer mehr,  Millionen fühlen sich abgehängt und den Populisten und Vereinfachern wird der Boden bereitet. Und das alles, weil die Verantwortlichen in den politischen Chefetagen nicht Pflöcke einschlagen, sondern lieber weiße Salbe verteilen. Wer Armut entgegenwirken will, wer von Geschlechtergerechtigkeit spricht, Alleinerziehende und junge Familien stärken möchte, der muss eine Verteilungsgerechtigkeit auch über das Steuersystem anstreben, die weit über das hinausgeht, was gemeinhin als Sozialpolitik bezeichnet wird. Und vielleicht werden dann auch Tafeln zum Notfall für wenige, statt zum Normalfall für viele.
  
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