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Vorsätzlicher Steuer-Irrsinn

bv; 1. Dec 2015, 12:31 Uhr
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Vorsätzlicher Steuer-Irrsinn

bv; 1. Dec 2015, 12:31 Uhr
Oberberg – Seit rund zwei Jahrhunderten wird in deutschen Kommunen Hundesteuer erhoben – Es wird Zeit, diesen Anachronismus zu beenden.
Von Bernd Vorländer

In allen oberbergischen Kommunen kräuseln die Kämmerer ihre Stirn. Zu hohe Ausgaben, zu geringe Einnahmen. Defizite werden dann mit Steuererhöhungen bekämpft. Unter anderem wird auch gerne am Rad der Hundesteuer gedreht – in Gummersbach wie auch in anderen oberbergischen Kommunen. Dabei ist an dieser Steuer eigentlich alles merkwürdig – oder anders ausgedrückt: Sie ist reine Willkür und ein Überbleibsel eines längst verblichenen Obrigkeitsstaates. Anfang des 19. Jahrhunderts erließ Preußen eine Verordnung über die Besteuerung von Hunden, weil Letztere als Luxus angesehen wurden. Auch die Ausbreitung von Tollwut sprach in dieser Zeit aus regulatorischer Sicht für einen Extra-Beitrag für die Vierbeiner.

Seit dieser Zeit  hat sich die Hundesteuer gehalten, weil die Deutschen sich ja bekanntlich schwer tun, alte Gewohnheiten in Frage zu stellen. Für den Hund muss bezahlt werden, für andere Tiere nicht. Warum eigentlich? Es gibt im ländlichen Oberberg kein Spießrutenlaufen zwischen den Hinterlassenschaften der Hunde und es sind auch sonst keine Gründe ersichtlich. Die gibt es auch nicht – außer, dass die Kommunen gerne diese Einnahmequelle nutzen, um ihre leeren Kassen zu füllen. Die Einnahmen der Hundesteuer fließen nämlich nicht zweckgebunden in den allgemeinen Haushalt der Gemeinde.


300.000 € kommen so jährlich in Gummersbach zusammen, die von den Besitzern der 3.214 Vierbeiner entrichtet werden. Doch nicht nur, dass sich dieser Unsinn schon mehr als zwei Jahrhunderte hält, wird die Ungerechtigkeit bei der Berechnung auf die Spitze getrieben. Der Besitzer eines Yorkshire-Terriers – also gerade mal eine „Handvoll Hund“ – zahlt ebenso die um zehn Prozent auf 96 € im Jahr angestiegene Steuer wie derjenige, der einen Neufundländer in seiner Hausgemeinschaft hat. Egal wie groß, Hund ist Hund.

Geht’s noch? Ja, es geht noch unsinniger. Wer zwei Hunde sein eigen nennt - wobei man fast schon von artgerechter Rudelhaltung sprechen könnte - wird erst recht von der Steuer-Wut der Bürokratie verfolgt. In diesem Fall kostet jeder Hund 114 €, bei drei Hunden ist noch mehr pro Hund zu zahlen. Die Logik dieses Verwaltungsrechnens erschließt sich weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Sie ist einfach eine Frechheit. Und das nicht nur in Gummersbach, sondern auch in allen anderen Kommunen Oberbergs und Nordrhein-Westfalens. Die Steuermoral fördert dies alles sicherlich nicht.

Doch solange die deutschen Hundebesitzer Männchen machen und es keine Lobby gegen diesen Steuer-Wildwuchs gibt, wird sich nichts verändern. Da ist man in den meisten europäischen Staaten schon weiter als bei der Ärmelschoner-Mentalität in deutschen Rathäusern. In Frankreich, England, Dänemark und Schweden wurde die Hundesteuer in den vergangenen Jahrzehnten ebenso abgeschafft wie in Italien, Spanien und Belgien. Von den Nachbarn zu lernen muss kein Nachteil sein.
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