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„Es muss wieder bei null angefangen werden“

Leserbrief; 18. Mar 2015, 13:22 Uhr
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„Es muss wieder bei null angefangen werden“

Leserbrief; 18. Mar 2015, 13:22 Uhr
Wiehl - Alex Jobi, ehemaliger Kapitän des BV 09 Drabenderhöhe, nimmt zum Artikel zur kompletten Neuausrichtung der 1. Mannschaft des Bezirksligisten ausführlich Stellung.
Mit Verwunderung habe ich den Artikel „Der Scheckbuchfußball ist gescheitert“ und die Kommentare dazu gelesen. In meinen Augen wurden viele Sachen nicht richtig dargestellt und, wie vielleicht auch nicht anders zu erwarten, fehlerhaft interpretiert. Dieses ganze Unterfangen inklusive der kommenden Spätfolgen wird meiner Meinung nach viel zu extrem dargestellt. Und ich denke, dass ich als Ex-Spieler und Vorstandsunterstützer aus sicherer Quelle einiges klarstellen kann.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als unser damaliger Trainer Christian Schuster freiwillig seinen Trainerposten niederlegte. Wir waren im unteren Tabellendrittel platziert, hatten gerade bei Ründeroth 6:3 verloren, hatten eine schlechte Trainingsbeteiligung und auch nicht gerade die meisten Zuschauer bei unseren Heimspielen. Die damalige Kritik unserer Stammbesucher lautete: „So einen Fußball gucke ich mir nicht mehr lange an!“ Die Zukunft der ersten Mannschaft wäre in den darauffolgenden Jahren die Kreisliga B gewesen. Was in meinen Augen auch kein Problem gewesen wäre.

Als Jupp Geisler dann übernahm, wehte plötzlich ein frischer Wind im Verein. Viele Steine wurden umgedreht und auch viele Verhaltensweisen hinterfragt. Es war aber von vorneherein klar, dass der neue Trainer mit neuen Mitteln (Ja, Geld!) an die Sache herangehen wird. Dennoch hat sich niemand dagegen gewehrt. Kein Spieler, kein anderer Trainer aus dem Verein …. Und auch nicht der Vorstand. Wenn es einen Zeitpunkt gab, das Ganze zu verhindern, dann zu dieser Zeit. Dies wurde aber nicht getan. Also war man im Grunde doch damit einverstanden.

Auf dem Tableau stand ein Drei-Jahres-Plan, den es zu erfüllen galt. Viele Spieler wurden für viel Geld geholt. Und ich will das an dieser Stelle weder gut noch schlecht reden, damit das schon mal klar ist. Es sollte aber jedem klar sein, dass jeder Verein, der gut ausgebildete Spieler holen möchte, in die Tasche greifen muss Jetzt fragt man sich, wieso das so ist. Dieses Problem zu analysieren, ist in meinen Augen eigentlich ziemlich simpel. Solange jemand bezahlt, wird es Fußballer, die sich bezahlen lassen, immer geben. Ich persönlich kann es nicht verstehen, wieso man bereit ist, für die Kreisliga A, die Bezirksliga und meinetwegen auch für die Landesliga Gehalt zu bezahlen. Aber andererseits verstehe ich auch diejenigen, die für ihr Hobby Geld annehmen. Dass der Geiz und die Dreistigkeit einiger Spieler dabei überhandnehmen, ist natürlich eine andere Sache. So etwas muss unterbunden werden und darf nicht noch Unterstützung finden. Die Spieler dürfen nicht diese Macht bei Verhandlungen haben.

Der gewünschte Erfolg beim BV 09 blieb lange Zeit aus, die Mannschaft und das Umfeld waren unzufrieden. Dennoch war der Fußball attraktiver, schneller, technisch versierter und ansehnlicher. Und ich glaube, ich kann auf jeden Fall sagen, dass wir in den Jahren die beste Höher Mannschaft aller Zeiten hatten (ohne unsere 1983er-Mannschaft damit schlecht zu reden). Nichtsdestotrotz blieb eine Missstimmung unter den hiesigen Fans. Leider ist es unseren „Fans“ nicht Recht zu machen. Das neue Argument war dann aber nicht: „Die spielen keinen schönen Fußball.“ Sondern plötzlich: „Die identifizieren sich ja gar nicht mit dem Verein.“  Diese Meinung kann ich nur bedingt teilen. Das trifft bei einigen Spielern vielleicht zu, aber im Großen und Ganzen hatten wir eine absolut intakte Mannschaft, die sich auch mit dem Ort identifiziert hat. Zumindest war das mein Gefühl.

Mit dem Aufstieg, und dafür danke ich allen, die damals mitgeholfen haben, ging der Drei-Jahres-Plan auf. Und ohne den momentanen Trainer Jan Kordt hätten wir das nicht geschafft. Zu diesem Zeitpunkt gab es dann plötzlich nur noch Freunde. Die Kritiker waren kurzzeitig verschwunden. Was aber anzumerken ist: Ein Plan ohne Nachhaltigkeit ist ein Plan für die Mülltonne. Gewissen Leuten war das klar, aber ihr Handeln beruhte nur auf Eigennutzen und Eitelkeiten. Das Ich-Prinzip stand an vorderster Stelle. 

Des Weiteren muss erwähnt werden, dass der Aufwand für solche Leistungen anscheinend immer größer wird.  Und hier wurde beim BV 09 einfach ein fataler Fehler gemacht. Es wurde zu viel in die falsche Sache investiert. Das Ziel sollte es wirklich sein, nachhaltig in die Jugend zu investieren, damit man die Senioren durch stetige Verjüngung, also Jugendspieler, über Jahre hinweg konkurrenzfähig gestaltet, selbst wenn das finanzielle Standbein irgendwann wegbricht. Da hätte der Verein eingreifen müssen. Man kann einfach nicht das ganze Problem auf den Sponsor und dem damaligen Trainer abwälzen, so wie das jetzt geschieht. Der Verein und der Vorstand hätte sich viel mehr einbringen müssen! Ich möchte hier auch keinen persönlich angreifen. Ich habe mitbekommen, wie viel Arbeit es ist, als Vorsitzender einen Verein zu leiten und wie viele „Arschtritte“ man dafür bekommt. Trotzdem hätte da mal mit dem Vorschlaghammer dazwischengehauen werden müssen. Es wurden keine genauen Absprachen gemacht und es wurden teilweise ohne Sinn und Verstand neue Spieler geholt.

Was bedeutet das? Viel zu viel Geld für leider nicht so gute Qualität. Denn in meinen Augen hat Qualität nicht nur mit fußballerischen Fähigkeiten zu tun. Sehr wichtige Aspekte sind meines Erachtens auch Zuverlässigkeit, Respekt gegenüber Anderen und Einsatzbereitschaft. Hieran mangelte es bei einigen extrem. Auch hier wiederhole ich mich gerne:  Ich möchte hier keinen persönlich angreifen.  Aber es sollte sich wirklich jeder hinterfragen, der in den letzten Jahren bei uns gespielt hat. Hat man in der Zeit alles für den Verein gegeben? Gerade für das Geld, was man bekommen hat? Ich glaube nicht, dass das bei vielen Spielern der Fall ist. Und genau da geht die vermeintliche Qualität einiger Spieler von dannen. Der Fußball und gerade die Einstellung zum großen Ganzen haben sich leider geändert. Unterstützen sollte man das nicht.

Nun zum Fazit:

Erstens: Jeder, der sich jetzt äußert, sollte sich erst einmal hinterfragen! Unser Vorsitzender ist sicherlich kein Held, so wie es manche in die Kommentare schreiben. Unser Sponsor hat die Reißleine gezogen und die Unterstützung beendet! Hätte aber unser Sponsor weitergemacht, wären wir höchstwahrscheinlich diesen Weg weitergegangen.

Zweitens: Es wurde viel zu viel Geld bezahlt. Das Budget hätte man am Anfang  jeder Saison festlegen müssen und aus diesem schöpfen sollen. Die Kosten wären konstant und überschaubar geblieben. Hätten wir den Aufstieg dann überhaupt geschafft? Ja, vielleicht. Denn es gab mehr als genug Spieler, die kein Geld bekommen haben, aber dennoch maßgeblichen Anteil am Aufstieg hatten. Hier hätte der Verein drastisch intervenieren müssen. Aber es wurde sich rausgehalten. Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen.

Drittens: Der Verein ist von den Strukturen her momentan kein Bezirksligaverein, vielleicht sogar nicht mal ein Kreisliga-A-Club. Hier muss nachgebessert werden. Von daher ist dieser Weg, den wir jetzt gehen, sicherlich nicht falsch. Denn der Verein muss neu aufgebaut werden. Für die Bezirksliga wird es in der nächsten Saison wahrscheinlich nicht reichen, auch für die Kreisliga A eventuell nicht. Aber schlimm ist das nicht.  Ob aber jetzt mehr Zuschauer kommen, bleibt abzuwarten. Die Nörgler werden schon etwas finden, was sie stört. Wir leben leider in einer Gesellschaft, die sich lieber beschwert, als selbst mit anzupacken.

Das Geld-Bezahl-Prinzip funktioniert nur unter drei Bedingungen. Es muss auf mehreren Schultern verteilt werden, die Kosten müssen in ansprechendem Rahmen bleiben und die Jugend muss Spieler hervorbringen, die in die erste Mannschaft integrierbar sind. Von beiden Punkten waren wir Lichtjahre entfernt.

Was für mich bei der ganzen Sache sehr schlimm ist, ist, dass unser Image total versaut wurde. Es wird eine lange Zeit dauern, bis das wieder zurechtgerückt ist. Das böse Blut, das von Ehemaligen jetzt auch noch hinter unseren Rücken vergossen wird, zeigt mir nur, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich wünsche allen Spielern, die unseren Verein verlassen, viel Glück. Denn verurteilen möchte ich sie auf keinen Fall dafür, dass sie Geld bekommen haben. Denn jeder, der arbeiten geht und von einem neuen Arbeitgeber für dieselbe Tätigkeit mehr Gehalt bekommt, würde die Arbeitsstelle wechseln. So ehrlich sollte auch jeder Nörgler zu sich sein. Für so ein Verhalten sollte niemand verurteilt werden.

Drabenderhöhe hatte acht gute und drei erfolgreiche Fußballjahre in der Kreisliga A und wahrscheinlich ein gutes in der Bezirksliga.  Das sollte man nicht vergessen. Ich tue das nicht! Leider wurde dafür die Büchse der Pandora geöffnet. Nun muss wieder bei  null angefangen werden. Jetzt beginnt eine neue Zeit!

Alex Jobi, Wiehl

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