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Immer wieder Streit um das Arbeitszeugnis

Red; 22. Nov 2014, 10:00 Uhr
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Immer wieder Streit um das Arbeitszeugnis

Red; 22. Nov 2014, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um das Thema Arbeitszeugnisse.
Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken. Das steht im § 109 der Gewerbeordnung.

Über den Inhalt des Arbeitszeugnisses, insbesondere über die Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis, kommt es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitunter zu heftigem Streit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.11.2014 – 9 AZR 584/13 – seine Rechtsprechung zum Arbeitszeugnis weiter entwickelt.

Im entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin ein Jahr im Empfangsbereich und als Bürofachkraft bei einem Zahnarzt beschäftigt. Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Zahnarzt seiner ausscheidenden Arbeitnehmerin ein qualifiziertes Zeugnis und bewertete ihre Leistungen mit „zur vollen Zufriedenheit“ und damit nach dem  Schulnotensystem mit „befriedigend“. Nach der sogenannten Zufriedenheitsskala entspricht die Bewertung „stets zur vollsten Zufriedenheit“ einer sehr guten Endnote, „stets zur vollen Zufriedenheit“ einer guten Endnote und „zu unserer Zufriedenheit“ einer unter- durchschnittlichen, noch ausreichenden Leistung. Unsere mit „befriedigend“ bewertete Klägerin war mir der Einschätzung des Zahnarztes nicht einverstanden, beanspruchte vielmehr eine gute Leistungsbeurteilung.

Nun muss man wissen, dass es im Prozess um ein Zeugnis entscheidend auf die Regeln der Darlegungs- und Beweislast ankommt. Regelmäßig macht es ausgesprochen große Schwierigkeiten im Einzelnen darzulegen, warum die erbrachten Leistungen welcher Note entsprechen sollen. Weil die Meinungen zwischen den Parteien hier naturgemäß weit auseinander gehen, verliert regelmäßig die Partei den Prozess, die darlegen und beweisen muss, dass ihre Auffassung zur richtigen Leistungsbeurteilung zutreffend ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist nun regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer eine durchschnittliche Leistung erbracht hat, die also mit „befriedigend“ oder eben mit „zur vollen Zufriedenheit“ zu bewerten ist. Will der Arbeitgeber die Leistungen des Arbeitnehmers im Zeugnis dem gegenüber nur unterdurchschnittlich bewerten, so hat er im Prozess darzulegen und zu beweisen, dass seine entsprechende Einschätzung, die eben vom Regelfall abweicht, zutreffend ist. Andererseits trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, wenn er eine überdurchschnittliche Beurteilung zum Beispiel mit gut oder „ stets zur vollen Zufriedenheit“ durchsetzen möchte.

In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes hatte die klagende Arbeitnehmerin wohl erkannt, dass sie wegen der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast Schwierigkeiten haben dürfte, einen bessere als eine durchschnittliche Beurteilung durchzusetzen. Deshalb hat sie den Rechtstreit auch  mit der Behauptung geführt, nach eine statistischen Ermittlung sei festzustellen, dass 90 % aller Zeugnisse heute tatsächlich die Schlussnoten „gut“ oder „ sehr gut“ aufweisen. Regelfall sei daher nicht mehr die Bewertung „zur vollen Zufriedenheit“ entspreche der Schulnote „drei“, sondern eine gute Bewertung entsprechend der Formulierung „ stets zur vollen Zufriedenheit“. Mit derselben Begründung sei es gerechtfertigt, die Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Arbeitgebers so zu verschieben, dass sie – die Arbeitnehmerin – ohne nähere Darlegung die gewünschte Bewertung „stets zur vollen Zufriedenheit“ durchsetzen könne.

Hatte sich das Landesarbeitsgericht als Berufungsgericht der Auffassung der Klägerin noch angeschlossen, hielt das Bundesarbeitsgericht in der Revisionsinstanz an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kommt es danach auch zukünftig nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatz bleibt die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Will der Arbeitgeber eine bessere Benotung, muss er unverändert darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Statistischen Ermittlungen kommt danach insbesondere deshalb keine Bedeutung zu, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind. Nach der neuerlichen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes bleibt es also dabei, dass jeder Arbeitnehmer wegen der ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast regelmäßig erhebliche Schwierigkeiten haben dürfte, im Zeugnisrechtsstreit eine Benotung durchzusetzen, die eine bessere als befriedigende Leistung beinhaltet.   


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