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Der Deutsche ist ordentlich – immer

bv; 31. Jul 2014, 08:03 Uhr
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Der Deutsche ist ordentlich – immer

bv; 31. Jul 2014, 08:03 Uhr
Oberberg - Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es um Impressionen aus der Bundeshauptstadt Berlin.


Der Deutsche ist ordentlich, zuweilen pedantisch. Teilweise ist es notwendig, teilweise bleibt nur ein Kopfschütteln. Dass in Berlin kein Regierungsgebäude ohne die unumgängliche Personen- und Taschenkontrolle betreten werden darf, versteht sich fast von selbst. Zu groß die Gefahr, aber die meisten Kontrolleure sind locker. Auch im Innern herrscht meistens entspannte Ruhe. Nicht so im Kanzleramt. Es geht leise zu und Etikette ist Pflicht. Bloß nichts berühren, nicht die Gardine im Empfangsraum, das bringt schon einen bösen Blick der „Hausdame“, die durch den Amtsbereich der Kanzlerin führt. Auch im nächsten Sitzungssaal nichts anfassen, schließlich sollen Tische und Stühle noch eine Ewigkeit halten.

Sparsamkeit und Nüchternheit seien Trumpf, heißt es. Deshalb habe man den grünen Teppich aus der Schröder-Zeit im ganzen Haus behalten und Angela Merkel selbstverständlich den Schreibtisch ihres Vorgängers übernommen, betont die dralle Mittfünfzigerin, die einen in die Gepflogenheiten des Hauses einweiht. Und dann geschieht das Unfassbare: Von einer leichten Müdigkeit übermannt, lässt sich eine Besucherin auf den Stufen nieder. Jetzt ist das Maß aber voll – der Rüffel folgt. Was erlauben sich diese Oberberger?



Die Deutsche Bahn hat ihren eigenen Umgang mit Rauchern. Auf einigen Bahnsteigen sind gelbe Markierungen – etwa dreimal drei Meter - aufgebracht, in denen Nikotin-Junkies ihrer Sucht frönen können. Aber bitte auch nur dort. Das ganze erinnert an eine Herde, die durch diese Markierungen zusammengehalten wird. Die Menschen nehmen diesen gelben „Fluchtpunkt“ tatsächlich als solchen wahr, drängen sich aneinander, ziehen hastig an ihrem Glimmstengel und entschwinden dann. Offenbar brauchen wir Deutschen diese Form von Ordnung, die eigentlich völlig unsinnig ist.



Nahezu vorbildlich verhält sich das Heer der Beamten in den Ministerien und im Kanzleramt. Niemand, der auf den Gängen ein Schwätzchen hält, keiner, der Akten transportiert oder zu Sitzungen eilt. Das Kanzleramt scheint sogar gänzlich ausgestorben. Der logische Schluss: Hinter den Türen wird emsig an der deutschen Zukunft gearbeitet. Die sind eben alle fleißig – oder im Urlaub.     
 
Ob man sich hier mit einem Grummeln im Magen niederlässt, ist nicht bekannt. Der Name dieses Friseursalons in Berlin, am Prenzlauer Berg ist jedenfalls außergewöhnlich. Mit dem „Kopfgeldjäger“ geht der Inhaber auf Skalp-Suche. Wer eine Nummer zieht, wird nach kurzer Zeit aufgerufen und darf dann auf dem heißen Stuhl Platz nehmen.
  

Einen guten Tag wünscht 

Ihr heutiger Drickes

Bernd Vorländer
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