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Drickes erklärt die Welt: Die Hölle auf vier Rädern

sw; 15. Oct 2010, 10:26 Uhr
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Drickes erklärt die Welt: Die Hölle auf vier Rädern

sw; 15. Oct 2010, 10:26 Uhr
Oberberg - Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es ums Busfahren.
Busfahren. Etwas Gutes für die Umwelt tun. Fahrgemeinschaften bilden und so den Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren. Oder auch: Die Hölle auf vier Rädern. Gut, das scheint jetzt für den glücklichen Bürger, der immer schön mit seinem Auto zur Arbeit, einkaufen oder Freunde besuchen fahren kann, vielleicht etwas übertrieben. Die andere Hälfte der Bevölkerung aber, die sich wöchentlich oder sogar täglich mit dem Problem „Busfahren“ herumschlagen muss, wird meine harten Worten zu Beginn nachvollziehen – ausgenommen natürlich diejenigen, die tatsächlich Freude am Busfahren haben. Was also verleitet mich dazu, diesen Drickes zu schreiben? Es gibt verschiedene Gründe, die das – in meinem Fall – tägliche Busfahren zur Qual machen.


Da ist zum Beispiel der riskante Fahrstil von so manchem Fahrer, der den ein oder anderen um sein und um das Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer bangen lässt. In rasendem Tempo werden Kurven geschnitten als gäbe es keinen Morgen mehr, Rollerfahrer mit einem Abstand von weniger als einem Meter überholt und so plötzlich gebremst, dass alle stehenden Passagiere durch den halben Bus fliegen und alle sitzenden Passagiere mit dem Kopf gegen den nächsten Sitzrücken knallen. Es ist wirklich ein Wunder, dass sich noch niemand übergeben hat – soweit ich es berichten kann. Die Frage, die sich mir da natürlich stellt ist: Herr Busfahrer, warum fahren Sie so extrem? Wollen Sie der nächste Schumacher werden? Bitte, man soll sich ja Ziele setzen im Leben. Aber soweit ich mich erinnere, ist es die Pflicht der Busfahrer die Ankunftszeiten an jeder einzelnen Bushaltestelle, befinde sie sich auch in dem aller kleinsten Dorf, einzuhalten. Das heißt, wird der Bus um 11:32 Uhr erwartet, darf auch erst spätestens dann weiter gefahren werden. Durch die „zügige“ Fahrweise aber erreicht der Bus bereits um 11:26 Uhr die Bushaltestelle. Und das wiederum bedeutet: Ausharren, Zeit verstreichen lassen, ungeduldige Fahrgäste. Also wieso, liebe Busfahrer, wieso diese Eile, wenn sowieso gewartet werden muss?


Aber nun weg von den Busfahrern - denn, ich muss zugeben, die meisten führen das große Fahrzeug doch recht vernünftig durch den Verkehr – und hin zu den Fahrgästen. Wer bis jetzt geglaubt hat, Busfahren sei nur etwas für die ältere Generation, dem muss ich diese Illusion nun nehmen. Denn die Passagiere, denen ich so täglich begegne, sind Jung und Alt, laut und leise, nett und unverschämt, berufstätig und alkoholisiert. Von Problemen mit Jung und Alt kann ich hier nicht berichten, gegen laute Unterhaltungen habe ich meine Kopfhörer im Ohr, wobei ich – oh ja – die Musik bewusst leise drehe. Aber zum Thema Unverschämtheit gibt es zwei Anekdoten: Welche Frau kennt das nicht? Seit drei Stunden läuft „frau“ mit ihrer Handtasche durch die Gegend, immer unter dem Arm geklemmt, zwischendurch wird mal das Portemonnaie herausgeholt, um die neuen Schuhe zu bezahlen. Zusammengefasst: Die Tasche hatte einen wirklich anstrengenden Tag. Da ist es doch ganz verständlich, dass sie im Bus auf der Heimreise einen eigenen Sitzplatz bekommt, nicht wahr? Oder warum legen Frauen ihre Tasche immer neben sich auf den Sitz? Doch nicht etwa, damit sich keiner neben sie setzt. Das wäre ja schrecklich, dann hätte man ja weniger Platz UND müsste neben einem Fremden sitzen. FALSCH! Schrecklich ist die Ignoranz der Menschen (ja auch die Männer können sich hier mit ihren großen Rucksäcken angesprochen fühlen), die es zulässt, die Tasche neben sich zu legen und der stehenden Senioren, die in jeder Kurve fast durch die Scheibe fliegt, keinen Sitzplatz zu ermöglichen.

Oh, aber es geht noch unverschämter. Denn noch dreister sind diejenigen, die sich grundsätzlich für den Platz am Gang entscheiden, anstatt Richtung Fenster durchzurutschen. Somit geht wieder ein Sitz verloren, da nur Wenige sich trauen, eine fremde Person zum Durchrücken aufzufordern. Das Problem „alkoholisierte Fahrgäste“ bedarf meiner Meinung nach keine weiteren Ausführungen mehr. Zum Schluss noch eine Sache, die besonders für die regelmäßigen Busfahrer ärgerlich ist: Die Preise. Von Wiehl nach Gummersbach für 2,40 €? Da bleibt einem ja praktisch nur die Wahl, ein Abo mit der OVAG abzuschließen oder jede 30 Tage aufs Neue eine Monatskarte zu kaufen.


Herrlich, das eine eigentlich simple Angelegenheit wie das tägliche Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel zum Trauma wird. Aber – mit Ausnahme der Schumi-Busfahrer, lächerlich hohen Preise, Nicht-Durchrücken-Woller und ach ja, der überforderten Handtaschen – ist Busfahren doch eine sinnvolle Sache. Und eins muss man den Bussen lassen, Verspätung haben sie nie. Oder wie nennt man es, wenn der Bus um 8:52 Uhr erwartet wird, aber erst um 9:07 Uhr ankommt?


Ihre Dricksina


Susan Wolters
  
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