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Drickes erklärt die Welt: Wenn Tine mir den Rest gibt

bv; 17. Aug 2010, 11:10 Uhr
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Drickes erklärt die Welt: Wenn Tine mir den Rest gibt

bv; 17. Aug 2010, 11:10 Uhr
Oberberg - Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es ums Fernsehen.
Sie kennen das auch mit den menschlichen Schwächen. Wer mich fragt, ob ich denn Fernsehen zum täglichen Leben brauche, bekommt mit einem entrüsteten Gesichtsausdruck ein ganz selbstverständliches „Natürlich nicht“ entgegen geschleudert. Das Ganze wird dann zwar schon aufgrund diverser Sportübertragungen und „guter Krimis“ relativiert, aber schnell noch argumentativ unterstützend ein „Lieber lese ich ein Buch“ nachgeschoben. Soweit die offizielle Drickes-Verlautbarung. Praktisch aber bin ich nach den Mühen des Alltags (schöne Formulierung, oder?) manchmal kaum noch in der Lage, ein Buch zu halten, geschweige denn den Inhalt zu verstehen. Also ab aufs Sofa und den großen schwarzen Bildschirm zum Leben erweckt.

Was mich jetzt jedoch erwartet, ist oft eine Beleidigung meiner Geschmacksnerven. Gut, für meinen Adrenalinpegel ist das sicherlich förderlich und eigentlich soll so ja auch Stress abgebaut werden, jetzt aber baut sich bei mir erst einmal Wut auf. Vor Jahren hatte ich noch gedacht, mit dem Exhibitionismus der deutschen Gesellschaft in diversen schlüpfrigen Talkshows zu Themen wie „Im Bett mit meinem Ex“, „Hilfe, meine Schwiegermutter will bei uns einziehen“, oder, „Ich wiege 58 kg, wie bekomme ich mein Übergewicht weg“ wäre der absolute Tiefpunkt im Fernsehen erreicht. Ich habe mich geirrt. In der nächsten Welle der Verblödung wurde pausenlos in gestellten Krimis und arrangierten Gerichtsverhandlungen ermittelt und geurteilt, bis sich selbst Justitia unter Tränen abwandte.

Nachdem wir diesen Bereich allmählich hinter uns lassen, sind wir jetzt mitten im so genannten Geschmackfernsehen. Auf allen Kanälen wird drauf los gekocht, Johann, Tim und Horst zeigen uns die neuesten Tricks aus den Küchen der Stars. Und auch weitere Promis und Amateure bombardieren mich nahezu pausenlos mit Tisch-Arrangements, Zander in Edelsauce und Trüffeleis an Wild-Himbeeren. Was soll so etwas – die essen bis sie platzen, und ich liege auf meinem Sofa mit knurrendem Magen.

Also umgeschaltet - och neee, jetzt auch noch die unvermeidliche Tine mit ihrem Sozialgesicht. Hat sie wieder einen dieser Herz zerreißenden Fälle aufgetan, wo eine kurz vor dem Zerfall stehenden Bruchbude in ein heimeliges Zuhause verwandelt wird. Besonders amüsant, wenn die Moderatorin in ihrer Designer-Kleidung selbst den Pinsel schwingt oder zum Hammer greift. Als wenn sie wirklich Hand anlegen würde! Nun gut, am Ende freut es mich, dass wenigstens eine gebeutelte Familie glücklich gemacht worden ist. Toller Fernsehabend. Hunderte von Programmen, bei denen ich längst den Überblick verloren habe, eine Fernbedienung, die geschätzte 163 Funktionen hat und von Fernsehunterhaltung keine Spur.

Ihr Drickes

Bernd Vorländer
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