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Drickes erklärt die Welt: Auf Wohnungssuche

ks; 16. Nov 2009, 10:31 Uhr
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Drickes erklärt die Welt: Auf Wohnungssuche

ks; 16. Nov 2009, 10:31 Uhr
Oberberg - Und wieder redet unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es um das Thema 'Auf Wohnungssuche'.
Grauenhaft! Waren sie schon einmal auf Wohnungssuche? Ja? Aber bestimmt nicht zu Beginn des Wintersemesters in Köln. Seien Sie froh. Dann kennen Sie auch nicht das erleichternde Gefühl, wenn man abends, nach einem harten, schweißtreibenden Wohnungssuch-Marathon, bei dem man sich durch sämtliche Anzeigen in Zeitung und Internet gewälzt hat, erleichtert in den Sessel zurück sinkt und froh darüber ist, zumindest einen Besichtigungstermin ergattert zu haben.

In meinem Fall war es ein Besichtigungstermin für eine Zwei-Zimmer-­­­Altbauwohnung im sechsten Stock. Ja! Im sechsten Stock! Altbau! Genau, ohne den lieben netten Kasten aus Blech, der zu Schonung der Kniegelenke erfunden wurde. Als ich zur vereinbarten Zeit endlich die letzte Treppenstufe mit einem gefühlten Pulsschlag von 190 hochgekrochen war und einmal tief Luft geholt hatte, betätigte ich die Klingel.

Es öffnete mir ein Anzugschnösel, der mir mit Eurozeichen in den Augen sabbernd die Hand schüttelte. Als ich dem Makler in den Wohnraum folgte, konnte ich mich das erste Mal in meinem Leben in die Lage einer armen, kleinen Legebatteriehenne versetzten (Ich beschloss nach diesem Termin sofort eine landesweite Befreiungsaktion für alle Hühner in Legebatterien unter dem Motto „ In der Enge stirbt die Henne“ ins Leben zu rufen). Es blickten mich tatsächlich an die hundert Studenten mit hasserfülltem Blick an, und ich hatte gerade mal so viel Platz, dass ich auf meinem rechten, dicken, großen Zehn stehen konnte. Der unangenehme Geruch des schonungslosen Konkurrenzkampfes lag in der Luft. Und dass alle Mitbewerber einen Gesichtsausdruck, wie Mohammed Ali vor einem Boxkampf hatten, machte die Sache auch nicht unbedingt harmonischer.

Das hätte ich mir nie erträumen lassen. So hatte ich mir das alles ganz bestimmt nicht vorgestellt. Eigentlich hatte ich eher gehofft,  dass ich schön gemütlich mit einem Aufzug zur Wohnungstür fahre, ein netter Vermieter, der keine Maklerprovision von mir verlangt, die Tür öffnet und mir postum den  Mietvertrag unter die Nase hält. Diese Vorstellung zerplatzte allerdings beim Betreten des Mietobjektes wie eine Seifenblase. Jetzt wurde es ernst. Der Makler schilderte kurz und knapp die vielen Vorzüge der Wohnung. Natürlich nur die Vorzüge, denn Nachteile hat diese tolle, attraktive Wohnung nicht vorzuweisen. Ja, das sagen sie dann alle. Und drei Wochen nach dem Einzug liegt man dann wegen eines unerwünschten Untermieters, auch Schimmel genannt, auf der Intensivstation.


Als der Makler auf den Preis zu sprechen kam, verstummte das Gegacker der Hühnerschar augenblicklich. In der Anzeige hatte ich von einer Warmmiete in Höhe von 350 € gelesen, doch anscheinend definieren Immobilienhaie und meine Wenigkeit Warmmiete unter unterschiedlichen Gesichtspunkten. Sie zählen Strom und Kabel sowie Internet nicht mit zu der Warmmiete, und dass sie zusätzlich auch noch eine Provision verlangen, haben sie in dem Inserat auch eiskalt verschwiegen. Somit traf mich dann der endgültige Preis von über 500 Euro wie ein Schlag. Nur gut, dass das kleine Zimmer so überfüllt war und mich dadurch von dem „auf den Boden taumeln“ erfolgreich abhielt.

Am Ende des „Castings“ musste jeder Interessent noch eine Mieterselbstauskunft ausfüllen, wie diese Bespizelungsmethode harmlos bezeichnet wird. Wissen Sie, ich glaube ja, dass aufgrund der präzisen und genauen Hinterfragung  von Einkommen, Schulden, Lieblingsessen, Lieblingsfilm und bevorzugtes politisches Profil so etwas wie ein Geheimdienst die Fäden im Hintergrund zieht. Ich weigerte mich, diese Machenschaften zu unterstützen, fuhr traumatisiert und in meiner Weltansicht getrübt nach Hause und stellte fest: Im Oberbergischen lebt es sich am schönsten.

Eine schöne Woche wünscht

Ihre Drickina

Katharina Stahl
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