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Drickes erklärt die Welt: 24 Stunden auf Standby

ks; 29. Sep 2009, 13:15 Uhr
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Drickes erklärt die Welt: 24 Stunden auf Standby

ks; 29. Sep 2009, 13:15 Uhr
Oberberg - Einmal in der Woche redet üblicherweise unser 'Drickes' Klartext. Liebenswürdig, direkt und nachdenklich spießt er den Alltag auf. Heute geht es um das Thema "Dauernde Erreichbarkeit".
Feierabend? Wie, Sie kennen dieses Wort tatsächlich nicht? Dann zählen Sie wohl auch zu der  mutierten Population unserer Art, die nie „offline“, sondern 24 Stunden erreichbar ist. Dann war auch ihr erster Gang heute Morgen wahrscheinlich nicht zu ihrem Koffein-Spender oder zum Briefkasten, falls so einer noch bei ihnen neben der Haustür existieren sollte. Na, sie wissen schon...Dieses eckige, meist stählerne Ding mit einer schmalen Öffnung. Und dämmert es? Nein?

Schön, Ihr Instinkt hat Sie heute Morgen anscheinend direkten Weges zu Ihrer dritten Herzklappe geführt, ohne die für sie das Leben wohl nicht mehr zu meistern wäre. Genau, der gute, alte Laptop. Beim Betätigen des Startknopfes verspürt man regelrecht, wie die Glückshormone im Körper erwachen, gähnen und sich strecken. Wenn dann der PC hochgefahren ist und Sie sich in ihren E-Mail-Account einloggen, dann gibt es für die bits und bytes-gestärkten Hormone kein Halten mehr und Sie beginnen mit ihrem Frühsport. Effektiver als jeder noch so starke Kaffee.  

Und haben Sie schon heute Morgen ihre E-Mails gecheckt? Menschen, die vor über zehn Jahren noch vergeblich den Briefkasten an ihrem Laptop oder PC gesucht haben, können sich gar nicht mehr ohne das moderne Kommunikationsnetzwerk verständigen und sind meistens schon mit dem Aufkleben einer Briefmarke hoffnungslos überfordert. Aber natürlich wissen sich diese Leute sofort zu helfen. Man kann ja die Anleitung „Wie positioniere ich eine Briefmarke richtig auf einem Couvert“ mal eben „googlen“ oder mit dem neuen iPhone, das, sie werden es kaum glauben, neben  im Internet surfen, Essen kochen und Klo putzen tatsächlich auch noch als einfaches Telefon verwendbar ist, die 11880 anwählen, da werden Sie nämlich geholfen.

Natürlich hat diese unpersönliche Kommunikationsform der Neuzeit im Gegensatz zu den antiken Verständigungsformen, wie Telegrafieren und Briefe schreiben oder reden (ja, so was gibt es auch noch, nicht wahr Herr C.H.) auch erhebliche Vorteile aufzuweisen, wenn man mal von dem ständigen Spamterror und den Werbelawinen absieht. Zum Beispiel muss man beim Senden einer E-Mail oder SMS keine nervtötenden Stimmen ertragen, die sich durch die Gehörgänge schlängeln und sich auf den Weg zum Trommelfell machen, um dort ein Tinitusfeuerwerk der besonderen Art zu zünden. Zusätzlich erleichtert diese neue Art des Wortwechsels auch die Arbeit und spart Zeit. Also bleibt einem heutzutage nichts anderes übrig, als diesbezüglich einen Kompromiss einzugehen. Entweder man verzichtet auf den ganzen neumodischen Schnickschnack und versinkt in Arbeit oder man entwickelt Sympathien für die neue Computer-Welt und spart viel Zeit.

Aber einfacher wird es auch nicht wirklich. Was für ein Stress, wenn man 24 Stunden täglich auf  „Standby“ geschaltet ist. So könnten wir noch länger plaudern, aber...Sie entschuldigen mich bitte. Mein Handy klingelt...

Ihre "Drickina"

Katharina Stahl  

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