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Historische Ratssitzung kam schwer in Fahrt

nh; 21. Feb 2019, 13:55 Uhr
Bilder: Nils Hühn --- Im neuen Bürgersaal fand gestern Abend die erste Sitzung des Waldbröler Stadtrats statt.
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Historische Ratssitzung kam schwer in Fahrt

nh; 21. Feb 2019, 13:55 Uhr
Waldbröl - Viele Waldbröler waren zur ersten Stadtratssitzung im neuen Bürgersaal im Bürgerdorf am Alsberg gekommen, um sich über das Thema „Merkur-Areal“ zu informieren - Sie mussten sich allerdings lange in Geduld üben.
Von Nils Hühn

Gestern Abend war es so weit: Im neuen Bürgersaal im Bürgerdorf am Alsberg fand die erste Stadtratssitzung statt. Es herrschte sichtbar große Vorfreude beim Verwaltungsvorstand rund um Bürgermeister Peter Koester. Auch viele Waldbröler hatten sich in dem schmucken Neubau eingefunden. Neben der Neugier über die neuen Räumlichkeiten wollten diese besonders über das weitere Vorgehen der Stadt bezüglich des Merkurgebäudes informiert werden. Doch die Zaungäste mussten sich in Geduld üben, denn der nachgereichte Tagesordnungspunkt „Terminplan Merkur-Areal“ wurde nicht zu Beginn eingeschoben, sondern an Position zehn gesetzt.

Außerdem durfte Architekt Professor Wolfgang Krenz anlässlich der historischen Ratssitzung eine Viertelstunde berichten, welche Besonderheiten der Bau des Bürgerdorfes hatte. Obwohl er mittlerweile seit fast einem halben Jahrhundert Gebäude errichten würde, sei dieser Bau etwas Besonderes für ihn gewesen. Zwar sei noch nicht alles fertiggestellt, aber in zwei Monaten würden die letzten Bauarbeiter ihre Werkzeuge mitnehmen. „Innerhalb von drei Jahren haben wir das Bürgerdorf geplant und gebaut und haben die Kosten und Bauzeit eingehalten“, betonte Krenz, der seinen Vortrag mit zahlreichen Fotos ausschmückte.


Nach diesem Rückblick ging es jedoch immer noch nicht los, sondern der CDU-Stadtverordnete Helmut Rafalski, seines Zeichen auch 2. Vorsitzender der Waldbröler Karnevals-Gesellschaft, kündigte die Waldbröler Tollitäten Prinz Slobodan I. und Prinzessin Janina sowie Kinderprinzessin Cynthia an. Mit mehreren Liedern, Ordensverleihungen und dem mehrfachen Ausruf „Waldbröl pass op“ wurde die Akustik auf Herz und Nieren getestet. Somit startete die eigentliche Ratssitzung mit 50-minütiger Verspätung.

Gute Nachrichten für einen Teil der Waldbröler Bürgerschaft hatte dann auch Fachbereichsleiter Rolf Knott im Gepäck. Bezüglich des Bürgerantrags für verkehrsberuhigende Maßnahmen in Ruh, teilte Knott mit, dass Beschilderungspläne für Ruh und Hoff an den Oberbergischen Kreis gegeben wurden. „Tempo 30 wird hier angeordnet“, so Knott. Für die B 478 im Bereich Waldbröl hat die Stadt derweil zum 14. Mal beim Straßenverkehrsamt des Oberbergischen Kreises einen Antrag auf eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 70 Stundenkilometer beantragt.



Es folgten einige langwierige Diskussionen, bei denen der Eindruck entstand, dass man sich bereits im Wahlkampf befinde, ehe Kämmerin Anja Brauer mit der Vorstellung des Entwurfs des Jahresabschlusses 2018 für strahlende Gesichter sorgte. Statt des geplanten Überschusses von rund 170.000 € erwirtschaftete die Stadt ein sattes Plus von knapp 1,9 Millionen Euro. Erstmals seit Jahren konnte damit das Eigenkapital gestärkt werden.

Nach knapp zwei Stunden Vorgeplänkel erreichte die Ratssitzung ihren Höhepunkt: Der Terminplan für das Merkur-Areal wurde vorgestellt. Demnach findet Mitte März eine Bürgerinformationsveranstaltung statt, in dessen Anschluss ein interaktiver Prozess in Gang gesetzt wird. Am 30. April folgt ein Werkstattgespräch mit der Öffentlichkeit und am 3. Mai wird die Politik die Ergebnisse diskutieren. Am 14. Mai steht eine weitere Bürgerversammlung an, ehe am 27. Mai mehrere Ausschüsse des Rates in einer gemeinsamen Sitzung Beschlussvorlagen erarbeiten sollen.

„Über den Zeitplan kann man sicher diskutieren“, meinte Bürgermeister Koester bei der Vorstellung und betonte, dass der Bürger mitgenommen werden soll. „Wir müssen uns allerdings in vorgegebenen Parametern bewegen“, stellte der Rathauschef klar und erklärte: „Der Förderantrag wird nicht erst im nächsten Jahr gestellt und der Abbruch erfolgt dieses Jahr!“


[Die Waldbröler Tollitäten Prinzessin Janina (v.l.), Prinz Slobodan I. und Kinderprinzessin Cynthia hatten einen 25-minütigen Auftritt und verwandelten den neuen Bürgersaal prompt in ein Narrenhaus.]

In der Folge gab es zahlreiche Wortbeiträge aus allen Fraktionen, bei denen die Redner jeweils betonten, wie wichtig ihnen die Beteiligung und Einbeziehung der Bürgerschaft sei. „Es ist die wichtigste Baumaßnahme der vergangenen 40 Jahre“, sagte Anne Pampus (SPD) und warnte davor, den Fehler zu begehen, die Öffentlichkeit zu vernachlässigen. Die Entwicklung bei der Gemeinde Marienheide, bei der die Bürger weit fortgeschrittene Pläne der Politik zum Ortskernumbau gestoppt hatten, sei ein mahnendes Beispiel.

Martin Wagner (CDU) forderte dazu auf, den Bürgern die Spielregeln für die künftige Entwicklung des Geländes zu erklären. In dieselbe Richtung lenkte Paul Giebeler (UWG) die Debatte: „Wir haben einen begrenzten Budgetrahmen und müssen damit ganz transparent umgehen. Ehrlichkeit muss Vorrang haben.“ Während SPD-Chef Bernd Kronenberg abermals vorbrachte, dass die erste Bürgerbeteiligung als Ideensammlung dienen soll, konterte sein CDU-Pendant Andre Steiniger, dass man dadurch in die Situation käme, Wünsche nicht erfüllen zu können.

Bürgermeister Peter Koester schlug für kommenden Montag, 18 Uhr, eine interfraktionelle Sitzung vor, damit man sich auf Rahmenbedingungen einigen könne, die anschließend entsprechend kommuniziert werden. Diesem Vorschlag folgten die Fraktionen. Als die interessierten Bürger die Sitzung nach über zwei Stunden verließen, waren sie etwas schlauer als zuvor, aber zufrieden wirkten die wenigsten.
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