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Erinnern für die Zukunft

Red; 2. Nov 2018, 08:36 Uhr
Bild: Martin Stander --- Schüler des Französischkurses des 10. Jahrgangs verlesen Gedenkworte und ein Schulportrait auf Französisch und Deutsch.
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Erinnern für die Zukunft

Red; 2. Nov 2018, 08:36 Uhr
Waldbröl – Eine besondere Art des Gedenkstättenbesuchs erlebten 120 Schüler und neun Lehrer der Gesamtschule Waldbröl auf ihrer Abschlussfahrt in die Camargue.
Eine Woche vor ihrer Abschlussfahrt nach Frankreich erlebten die Zehntklässler der Gesamtschule Waldbröl an ihrer Schule eine Autorenlesung mit Gerhard Bökel. Der ehemalige hessische Innenminister las aus seinem Buch „Der Geisterzug, die Nazis und die Résistance“, in dem es um einen der letzten Transporte aus dem Internierungslager „Le Vernet d’Ariège“ in Südfrankreich in das Konzentrationslager Dachau im Jahr 1944 geht.


[Bild: Günter Dombrowski --- Der ehemalige hessische Innenminister Gerhard Bökel und der örtliche Zeitzeuge Charles Teissier begrüßten die Schüler in Sorgues.]

Der Autor berichtete seinen jungen Zuhörern, dass er im Sommer 2010 in Roquemaure an der Rhone an den Überresten einer zerstörten Brücke zufällig eine Gedenktafel für die Opfer des Transportes entdeckte. Weil der Zug wegen der zerstörten Brücke nicht weiterfahren konnte, mussten die über 700 Gefangenen bei glühender Hitze durch die Weinberge nach Sorgues marschieren, das sie am 18. August 1944 erreichten. „Schnell hatte mich das Thema gepackt, und ich wollte einen kleinen Beitrag leisten, um die Erinnerung an das unsägliche Leid der Opfer und die unfassbare Grausamkeit von Tätern und Kollaborateuren wachzuhalten“, berichtete der Autor.



In der Camargue trafen die Schüler auf ihrer Abschlussfahrt an der zerstörten Brücke erneut auf Bökel. Gemeinsam reisten die Jugendlichen mit dem Autor weiter nach Sorgues. Dort erwarteten die Gruppe mit Charles Teissier der letzte verbliebene Zeitzeuge und einige Mitglieder des Erinnerungsvereins „Amicale des Déportés“, der Vertreter des Bürgermeisters und die Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins, um gemeinsam an die Ereignisse vom 18. August 1944 in Sorgues zu erinnern. Das mutige Handeln der Bevölkerung gegenüber den deutschen Soldaten hatte damals viele Gefangene vor dem Verdursten bewahrt und rund 30 Gefangenen zur Flucht verholfen.

Nach einer Kranzniederlegung vor dem Deportierten-Denkmal präsentierten die elf Französisch-Schüler des Jahrgangs ein kurzes Schulporträt in Französisch und Deutsch, das von einem Journalisten des Radiosenders FranceBleu – Vaucluse mitgeschnitten wurde. Das Porträt thematisierte die Aufgabe der jungen Generation, das Geschehene nicht zu vergessen, auch wenn weder Schüler- noch Lehrergeneration den Krieg erlebt haben. Beim Abschied bekräftigte Monsieur Teissier den Wunsch, auch in der Zukunft Waldbröler Schülergruppen zu empfangen, um die deutsch-französische Freundschaft zu bestärken.
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