Gummersbach - Aus dem Wunsch, den eigenen Kindern naturnahes Laufen zu ermöglichen, stiegen Anna und Ran Yona in das Schuhgeschäft ein - Heute beschäftigt das Gummersbacher Start-up 51 Mitarbeiter.

„Dann mache ich es eben selbst“ – das ist der Grundgedanke hinter dem Gummersbacher Start-up „Wildling Shoes“. Ein Gedanke, dem mittlerweile 51 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verdanken und der die Aussicht hat, mit dem Gründerpreis NRW des Wirtschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen und der NRW.BANK ausgezeichnet zu werden. Angetrieben von diesem Gedanken wurde Anna Yona (40 Jahre). Sie ist im Oberbergischen aufgewachsen und in Engelskirchen zur Schule gegangen, bevor sie einen neuen Lebensmittelpunkt in Israel fand. Hier lernte sie ihren Mann Ran (41) kennen und gründete eine Familie.


[Damit sich ihre drei Kinder auch mit Schuhen wie barfuß fühlen, gründeten Anna und Ran Yona Wildling Shoes. Die Kinder sind ebenfalls involviert ins Unternehmen involviert – als Schuhtester.]

Nach der Geburt des dritten Kindes zog die Familie von Israel nach Gummersbach – was im Herbst 2013 zu einem ungeahnten Problem führte: dem Schuhkauf für die Kinder. Was andere Familien im Handumdrehen erledigen, wurde für die Familie Yona zur echten Herausforderung. Denn auch unter den hochpreisigen Kinderschuhen fanden sie kein Paar, dass die Kinder, die es gewohnt waren, barfuß zu laufen, tragen wollten. Da auch die Eltern viel Wert auf natürliche Bewegungen legten – Ran ist Sporttherapeut und gemeinsam haben sie in Israel ein Fitnessstudio betrieben – wollten auch sie sich nicht mit dem vorhandenen Schuhangebot zufriedengeben.

Zunächst kaufte Anna Yona Schuhe und veränderte sie nach ihren Vorstellungen, dann versuchte sie es an die Nähmaschine gleich ganz selbst. Zufrieden war sie mit den Ergebnissen nicht. Weil man sich nach dem Umzug aber auch beruflich neu orientieren musste, wurde aus dem Gedanken „Wir machen passende Schuhe selbst“ schnell die Idee „wir stellen Schuhe nach unseren eigenen Vorstellungen her und verdienen damit unser Einkommen“.


[Anna und Ran Yona arbeiten in Gummersbach, ihre Mitarbeiter sind in ganz Deutschland verstreut und die Schuhe werden in Portugal hergestellt. Anprobieren kann man die „Wildlinge“ in Engelskirchen.]

Was sich einfach anhört, bedeutete ein hartes Stück Arbeit: „Uns selber fehlte das Fachwissen, wir mussten Profis finden und Banken von unserer Idee überzeugen. Alles, was wir hatten, steckten wir in die Gründung, trotzdem ging es zunächst ohne die Unterstützung vom Amt nicht. Ein schlechtes Gefühl“, erinnert sich Yona. Doch der Erfolg gab ihnen recht: Seitdem 2016 der Schuhverkauf über den eigenen Onlineshop startete, trägt sich Wildling Shoes selbst. 7.000 Paar Schuhe, die ein Gefühl, wie Barfußlaufen ermöglichen, verkaufte das Unternehmen 2016. 2018 waren es 60.000. 51 Mitarbeiter verdanken ihr Einkommen mittlerweile dem Gummersbacher Start-up.



Bestand die Kollektion anfangs noch aus einem Kinderschuh in verschiedenen Ausführungen, gibt es heute nachhaltig produziertes Schuhwerk aus verschiedenen Naturstoffen für die gesamte Familie. Zum Beispiel ein Modell, das zu 70 Prozent aus Papier besteht. Teils nur um die 100 Gramm wiegen die Minimal-Schuhe, die beim Laufen das Gefühl geben sollen, direkt mit der Erde verbunden zu sein. Entworfen werden sie in einem kleinen Atelier in Köln, gefertigt in Portugal und von dort nach Engelskirchen ins Lager geschickt, von wo aus sie sich auf den Weg zum Kunden machen. „Das Team kommt aus ganz Deutschland und arbeitet fast ausschließlich im Homeoffice“, erklärt Yona. Nicht nur eine nachhaltige Produktion, sondern auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schreiben die Gründer groß. Kein Wunder also, dass bei Wildling 90 Prozent Frauen, darunter viele junge Mütter, arbeiten.


[Die Schuhe sind extrem leicht und elastisch. Sie bestehen aus reinen Naturstoffen und werden ausschließlich in Europa produziert. „Wir wollen einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen“, sagt Anna Yona.]


Dieses Konzept beeindruckte auch die Jury des Gründerpreises, welche Wildling Shoes als eines von zehn Start-ups für die diesjährige Auszeichnung nominierte. Am 19. November gibt die Jury die Preisträger bekannt. Der Erstplatzierte kann sich über 30.000 € freuen. „Wären wir unter den Gewinnern, würden wir das Geld dafür nutzen, unseren Showroom in Engelskirchen zu einem richtigen kleinen Laden auszubauen“, sagt Yona. Deren Kinder laufen übrigens noch immer so oft es geht barfuß. Aber wenn es Schuhe an den Füßen sein müssen, weiß die Familie nun, wo man sie herbekommt.