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"Ich verkaufe keinen Trödel"

ls; 27. Aug 2018, 11:25 Uhr
Bilder: Leif Schmittgen --- Martin Baar hat viele Jahre Erfahrung mit alten Möbeln und Lampen, jetzt hat er in Vollmerhausen einen Laden eröffnet.
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"Ich verkaufe keinen Trödel"

ls; 27. Aug 2018, 11:25 Uhr
Gummersbach – Seit Juli betreibt Martin Baar ein Ladenlokal für Vintagemöbel und -lampen in Vollmerhausen - OA hat mit dem Kaufmann über seine Leidenschaft gesprochen.
Von Leif Schmittgen

Martin Baar präsentiert im Schaufenster seines im Juli eröffneten Ladenlokals in Gummersbach-Vollmerhausen einen „Clubsessel“ aus den 50er Jahren. Stolz berichtet er, dass das alte Schätzchen den Originalbezug der damaligen Zeit besitzt und auch die kurzen Holzgriffe sind eine absolute Rarität. Und das ist es, worauf sich der 62-Jährige spezialisiert hat: Einzelstücke, die schon zu ihrer Entstehungszeit etwas Besonderes waren und bis heute auch geblieben sind. Es sind sogenannte Vintagestücke aus den 50er bis 80er Jahren, die Baar in seinem Geschäft „SchoenDesign“ anbietet. „Ich verkaufe keinen Trödel“, stellt der gebürtige Waldbröler gleich zu Beginn des Gesprächs klar.   


[Möbel aus den 50er bis 80er Jahren sind ausgestellt und stehen zum Verkauf.]

„Es sind ausschließlich hochwertige und seltene Stücke“, die ich hier anbiete. Antiquitäten sind es allerdings auch nicht, die sind nämlich mindestens 100 Jahre alt. „Midcentury“ nennt er seine Ware, oder eben auch „Vintage“. Immer müssen sie echt sein, Repliken kommen ihm nicht ins Haus. Und damit ist auch klar, dass seine Kunden kaum eine Chance zum Handeln haben, denn die Möbel sind allesamt ihren Preis wert, ist sich Baar sicher. Eine Lampe mit zwei Strahlern steht in einer anderen Ecke des Geschäfts. Sie stammt aus den 70er Jahren. Auf den ersten Blick sieht das Objekt unscheinbar aus, ein Blick auf das Preisschild (alle Artikel im Laden sind ausgezeichnet) lässt etwas anderes vermuten: 100 € sind dort zu lesen.

 

Bei der Frage, wie er auf ausgerechnet den letztlich ausgezeichneten Preis kommt, muss Baar nicht lange überlegen: „Beide Leuchten sind einzeln schaltbar. Das war damals eine absolute Besonderheit und nicht weit verbreitet“. Etwas Ähnliches heutzutage neu zu kaufen, würde laut Baar wohl mehr als das Doppelte kosten. Doch woher hat er diese Informationen? Es ist die jahrelange Berufserfahrung, die der gelernte Kaufmann mitbringt. Die Idee mit dem Möbel und Lampenverkauf ist für ihn nämlich nicht neu. Seit 2008 hatte er in Reichshof einen ähnlichen Laden betrieben, bis die Immobilie den Eigentümer wechselte und er das Ladenlokal aufgeben musste. In den vergangenen Jahren betrieb er dann ein Lager, aus dem er seine Raritäten vor allem online anbot.   
 
[Dieser Clubsessel ist eine echte Rarität.]

Und im Internet hat auch alles angefangen: Martin Baar war im Kölner Raum als Automobilkaufmann beschäftigt, als er damit begann, nebenbei gebrauchte Bücher über eine Onlineplattform zu verkaufen. „Ich hatte damals noch ein altes Möbelstück, was ich nebenbei angeboten habe“, berichtet er. Der Zulauf der Onlinekunden war so groß, dass er nach dem Abverkauf der Bücher, sich dem Vertrieb der Raritäten zu widmen. „Ich kannte ja viele Möbel aus meiner Kindheit und hatte schon immer eine Affinität zu den Stücken“, sagt Baar. So habe er aus dem Hobby, seinen Beruf gemacht.     
 
[Die Herstellerkennzeichnung von Möbeln war früher eine Seltenheit, hilft Baar aber heute dabei, die Herkunft zu bestimmen.]

Die reine Liebe zu den Verkaufsgütern reichte natürlich nicht aus, mit entsprechender Fachliteratur gepaart mit der erwähnten Erfahrung, verschaffte ihm sein heutiges Wissen, was er sogleich bei einem alten Schreibtisch aus den frühen 60er Jahren zum Besten gibt. „Früher waren Möbel selten gekennzeichnet. Da hat man sich einfach keine Gedanken drüber gemacht“, verrät er. Umso erstaunlicher ist es, dass der fast 60 Jahre alte Schreibtisch über ein Emblem mit den Firmennamen verfügt. Das wiederum macht die Wertbestimmung des Stücks einfacher. Bei anderen Möbeln werden zur Herkunfts- und Altersbestimmung oft stundenlang Bilder im Internet miteinander verglichen, um es genau einzuordnen.     
 
[Diese Sitzbank stammt aus den USA und ist deswegen eine absolute Seltenheit.]

Doch woher bezieht der Fachmann seine Exponate? „Oft aus Haushaltsauflösungen“, verrät er. Dort nimmt er aber längst nicht alles mit in sein Geschäft, Stangenware ist nicht sein Ding. Stolz zeigt er auf eine Sitzbank, die aus Amerika stammt. Heute wird sie zwar auch in Deutschland in Lizenz hergestellt, bei dem Stücken handele es sich aber um ein sehr seltenes Original und hat dementsprechend auch seinen Preis, weil es nirgends mehr zu bekommen ist. Diesen Glückgriff tätigte er bei einer Praxisauflösung in Gummersbach. Oft rufen ihn aber auch Kunden an, die etwas anzubieten haben. „Das ist schon zum Selbstläufer geworden“, weiß der 62-Jährige.  Zwar gibt es auch diverses Geschirr und Vasen, die als Deko dienen, er betrachtet diese aber als Nebenprodukt, die zwar auch verkauft werden, wo ihm aber das nötige Fachwissen fehlt.   
 
[An der Vollmerhauser Straße eröffnete Baar seinen Laden.]

„Kollegen haben sich auf andere Dinge spezialisiert und könnten zu Porzellan viel mehr sagen“, beschreibt er auch die Marktsituation. Im Kölner Raum hat er durchaus Mitbewerber, aber eben mit anderen Schwerpunkten. Deshalb begrüßt er auch aus Großstädten Kunden in Vollmerhausen, weil sie Unikate suchen. Online verkauft er seine Möbel und Lampen im gesamten europäischen Raum. Zurzeit macht der Onlinehandel noch rund 90 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Das soll sich aber ändern. „Ich hatte keine Lust mehr, meine Kunden durch ein steriles Lager zu führen“, begründet er den Schritt, wieder ein Ladenlokal anzumieten. „Hier nämlich stimmt auch das Ambiente“, ist er sich sicher und drückt damit wieder seine Liebe zum Geschäft aus.   

„Würde ich rein kaufmännisch denken, könnte ich auch Schrauben verkaufen“, sagt Baar mit einem Schmunzeln.  Aber noch einen weiteren Vorteil des Ladenlokals nennt er: „Die Spediteure müssen sich an die Öffnungszeiten halten. So bin ich nicht mehr 24 Stunden erreichbar“, sagt er mit einem Schmunzeln. Denn mit seinen vier Söhnen, die ihm ab und an im Geschäft helfen, und seiner Frau genießt er gerne auch das Familienleben an seinem Wohnort in Gummersbach-Niederseßmar.   

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.schoendesign.org.
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