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Grünfinken-Rückgang bleibt besorgniserregend

Red; 19. Feb 2018, 16:21 Uhr
Bild: Dieter Hartmann --- Seit 2012 werden bei der „Stunde der Wintervögel“ ständig weniger Grünfinken gezählt.
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Grünfinken-Rückgang bleibt besorgniserregend

Red; 19. Feb 2018, 16:21 Uhr
Oberberg - Die Ergebnisse der „Stunde der Wintervögel 2018“ zeigen, dass sich der Meisen-Bestand im Januar normalisiert hat - Rückgang der Grünfinken-Population setzt sich stetig fort - Klimawandel scheint Überwinterung in der Region möglich zu machen.
Vom 5. bis zum 7. Januar waren die Oberberger dazu aufgerufen, sich an der Zählung zur „Stunde der Wintervögel“ zu beteiligen – einer Mitmachaktion des Naturschutzbundes (NABU), bei der nicht Vogelkundler, sondern Bürger die Vögel zählen. Ziel ist es, die Entwicklung der Bestände zu erfassen. Bei der Wintervogel-Zählung im vergangenen Jahr waren viele Oberberger aufgrund der geringen Anzahl an Meisen, die gesichtet wurden, erschrocken. Diskutiert wurde, ob Katzen, Krähen oder Sperber dafür verantwortlich gemacht werden können. Alle Meisenarten, auch die sonst in Gärten allgegenwärtigen Kohl- und Blaumeisen, zeigten damals deutliche Bestandseinbußen.


[Bild: Reiner Jacobs ---  Der Meisen-Bestand hat sich im Januar 2018 normalisiert, auch die Blaumeise wurde wieder so oft gezählt wie gewohnt.]

Die Ergebnisse der „Stunde der Wintervögel 2018“ zeigen nun: Der Meisen-Bestand hat sich im Januar 2018 völlig normalisiert: Entsprechend wurden auch die selteneren Meisen-Arten wie Tannen- oder Haubenmeise wieder so oft gezählt, wie von 2012 bis 2016 gewohnt. Der geringe Meisen-Bestand Anfang 2017 war demnach, so der NABU, ein einmaliges Ereignis. Der NABU geht davon aus, dass Anfang Januar 2018 viele Meisen aus Nordeuropa ins Oberbergische gezogen sind, was ganz normal ist. Anfang 2017 sei dieser Zuzug aus kälteren Regionen wohl schlicht ausgeblieben.

Auch Gimpel (Dompfaff), Stieglitz (Distelfink) und Kernbeißer wurden häufiger gezählt als Anfang 2017, beim Kernbeißer scheint es bedeutenden Zuzug aus Nordeuropa gegeben zu haben. Bedenklich ist aus Sicht der Naturschützer allerdings die Bestandsentwicklung beim Grünfink: Seit 2012 werden im Rahmen der „Stunde der Wintervögel“ ständig weniger Grünfinken gezählt und 2018 brachte nur eine leichte Erholung. Die Frage, ob der stetige Grünfinken-Rückgang an der Trichomonas-Vogelseuche, die Grünfinken häufig befällt, oder an den vielerorts sterilen Gärten mit wenig Wildkraut-Samen liegt, bleibt derweil offen.



Seit 2012 – dem Beginn der „Stunde der Wintervögel“ im Oberbergischen - werden tendenziell immer mehr Stare gezählt. So auch im Vergleich zwischen Anfang 2017 und Anfang 2018: 21 Prozent mehr Stare stellten die Oberberger fest. Das widerspreche aber allen Erfahrungen zur Bestandsentwicklung des Stars, denn der Brutbestand der Stare sinkt seit Jahren – auch im Oberbergischen. Wie kann man also die Steigerungen des Staren-Winterbestands erklären, den die „Stunde der Wintervögel“ feststellt? Offenbar, so vermutet der NABU, bleiben die oberbergischen Stare im Winter hier, statt – wie früher – ins Rheintal oder in noch wärmere Gefilde zu ziehen. Der Klimawandel scheint es möglich zu machen: Denn wer auch im Winter in der Nähe des Brutplatzes bleibt, hat bessere Chancen, um früh mit der Balz zu beginnen und einen der seltenen Nistplätze zu besetzen.


[Grafik: NABU --- Durchschnittliche Anzahl gezählter Grünfinken je Garten bei der Stunde der Wintervögel.]

Auch andere Arten scheinen im Oberbergischen überwintert zu haben: Mit 31 Hausrotschwänzen, 14 Bachstelzen und fünf Rotmilanen wurden Vögel gesichtet, die im Winter eigentlich nach Spanien und Frankreich ziehen. Dass diese Vögel offenbar – in geringer Anzahl – eine Überwinterung im Oberbergischen versucht haben, sei ein Hinweis mehr auf den Klimawandel. Vor dem Schnee- und Frosteinbruch im Februar dürften diese Vögel aber inzwischen in wärmere Gefilde geflüchtet sein, so der NABU.

Auch bei der diesjährigen Winter-Vogelzählung entdeckten die Oberberger wieder einige seltene Gäste in ihren Garten, zum Beispiel einen Uhu. Inzwischen, so die Naturschützer, brüte der „König der Nacht“ auch wieder im Oberbergischen. Auch Silberreiher würden inzwischen überall im Kreisgebiet auftauchen. Ihre Brutstätten liegen insbesondere in den Niederlanden und von dort kommen mehr und mehr Jungvögel auch bis ins Oberbergische, so die Naturschützer. Auch Gänsesäger kommen aus nördlichen Gefilden ins Oberbergische und rasten im Winter an Agger, Wiehl und Bröl.

Noch läuft die Auswertung der Daten, doch der NABU geht davon aus, dass sich rund 800 Oberberger an der Vogelzählung beteiligt haben. Das ist ein Rekord-Ergebnis, über das man sich beim NABU sehr freut: „Jahr für Jahr nehmen mehr Oberberger an der Wintervogel-Zählung teil und das verbessert die Ergebnisse und ihre Auswertung sichtlich“, bedanken sich die NABU-Fachleute bei allen Zählern. Dank dem Engagement der Teilnehmer habe sich die „Stunde der Wintervögel“  inzwischen als wertvolle Datenbasis im Vogelschutz etabliert. Als Fazit der diesjährigen Zählung könne festgehalten werden, dass weder Katzen, Krähen oder Sperber die Meisen-Bestände gefährden. Die Zählungen werfen aber auch neue Fragen auf, zum Beispiel wie der Bestandsverlust der Grünfinken im Winter geklärt werden kann.
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