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Wieder aufstehen nach dem Knockout

bv; 18. Oct 2017, 07:00 Uhr
Archivbild: Michael Kleinjung --- Ob sich Florian Baumgärtner gegen Flensburg wieder so in Szene setzen kann?
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Wieder aufstehen nach dem Knockout

bv; 18. Oct 2017, 07:00 Uhr
Gummersbach – Für den VfL Gummersbach wird es am Sonntag gegen Flensburg (15 Uhr, SCHWALBE arena) darauf ankommen, Selbstvertrauen zu tanken, auch wenn viele Baustellen bleiben - 'Gesundes Oberberg e.V.' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Bernd Vorländer

Die vergangene Woche war für den VfL Gummersbach eine zum Vergessen. Alles sollte besser werden, nach dem Sieg in Stuttgart. Man hoffte, den Bock umgestoßen zu haben durch den Erfolg im Schwabenland. Zudem hatte der kommende Gegner bei seiner Niederlage in Berlin eine deutliche Schlappe kassiert. Doch der TBV Lemgo setzte sich locker, leicht, und ohne zu brillieren in der SCHWALBE arena gegen den heimischen VfL durch und legte vor maßlos enttäuschten Zuschauern schonungslos die Schwachstellen bei den Oberbergern frei.

Erstens: Der Findungsprozess der Mannschaft ist noch lange nicht abgeschlossen, auch wenn man seit drei Monaten zusammen trainiert. Es gibt keine eindeutige Zuordnung im Deckungsverbund, Abläufe passen nicht und das höhere Tempo, das man in den Angriffsaktionen erkennen kann, bringt nichts, solange die Stoßbewegungen in den Deckungsverbund, das entsprechende Durchsetzungsvermögen und die wuchtige Entschlossenheit der Angreifer fehlen. So lässt sich als Ergebnis keine Abwehrformation unter Druck setzen, geschweige denn verunsichern.


Zweitens: Es gibt keinen Leader in der Mannschaft, was allerdings bei den zahlreichen Neuzugängen niemand verwundern sollte. Simon Ernst könnte so einer sein, doch er dürfte erst im Februar wieder ins Team rutschen. Zudem darf man von ihm nach seiner schweren Verletzung zu Beginn keine Wunderdinge erwarten. So fehlt in entscheidenden Spielsituationen ein Akteur, der die Sprache der Mannschaft spricht, das Team mitreißen, die Zuschauer emotionalisieren und sich bei den Schiedsrichtern nachdrücklich Gehör verschaffen kann.

Drittens: Der VfL Gummersbach ist zu einem wesentlichen Teil abhängig von wenigen Spielern. Wenn Carsten Lichtlein nur eine solide, aber keine herausragende Leistung bringt, wenn der junge Florian Baumgärtner nicht überdurchschnittlich trifft oder Kreisläufer Moritz Preuss zugestellt wird, ist ein Spiel für den VfL 2017 kaum zu gewinnen. Die 60 Minuten gegen Lemgo waren dafür ein gutes Beispiel. Da konnte ein Marvin Sommer auf Linksaußen wirbeln wie er wollte – seine elf Tore reichen nicht annähernd, wenn nicht mindestens zwei der oben genannten Sieg-Voraussetzungen erfüllt sind.   



Trainer Dirk Beuchler ist denn auch erstmals in dieser Saison in der Kabine richtig laut geworden, hat am Freitagmorgen nach dem Lemgo-Spiel der Mannschaft deutlich gemacht, dass er nicht bereit sei, diese Einstellung zu tolerieren. "Ich war echt enttäuscht, weil man auch an einem schlechten Tag immer alles raushauen kann - und den Eindruck hatte ich am Donnerstagabend nicht", so Beuchler. Unabhängig von diesem Spiel habe er immer darauf hingewiesen, dass die Mannschaft Zeit benötige, um zusammenzuwachsen. Einige Spieler agierten nicht konstant genug, andere seien verletzt, hinzu kämen viele Kleinigkeiten. "Aber klar ist: Die Spieler müssen auch zurückzahlen, denn der Verein tut alles, was in seiner Macht steht, damit man sich ausschließlich auf Handball konzentrieren kann", meint der Chef-Trainer.

Alles in allem: Keine guten Voraussetzungen für das nächste Heimspiel am kommenden Sonntag um 15 Uhr  in der SCHWALBE arena. Kein Geringerer als der frühere Europapokalsieger und Deutsche Meister aus der nördlichsten kreisfreien Stadt Deutschlands ist zu Gast. Und die SG Flensburg kommt mit Rückenwind zu den Blau-Weißen. Nach holprigem Start hat die Mannschaft des neuen Chef-Verantwortlichen Maik Machulla die Tabellenspitze in der Bundesliga im Blick. Niederlagen gegen Hannover und Leipzig ließ man einen Sieg gegen die Rhein Neckar Löwen und in der Champions-League einen Erfolg gegen Paris folgen. Und der nach dramatischem Spiel letztlich gewonnene Punkt in der Champions-League gegen den Nord-Rivalen THW Kiel sollte den Mannen von der Ostsee weiteren Auftrieb geben.

Zum Team der SG muss man nicht viele Worte verlieren, die Klasse spricht für sich: Altmeister Mattias Andersson im Tor, Rasmus Lauge Schmidt, Thomas Mogensen, Lasse Svan, Holger Glandorf oder auch Kentin Mahé bürgen für feinste Handball-Unterhaltung. Für den VfL wird es am Sonntag darauf ankommen, die Partie möglichst lange offen- und dagegenzuhalten. Schließlich geht es auch darum, nach der Lemgo-Pleite ein wenig Selbstvertrauen zu tanken für die wirklich wichtigen Begegnungen in Minden (2.11) gegen Hüttenberg (9.11) und in N-Lübbecke (19.11). Im November dürften die Weichen für die weitere Saison gestellt werden.

Dirk Beuchler ist es jedenfalls leid, gegen Spitzen-Teams gut auszusehen, aber keine Punkte zu holen. Für das Lob könne man sich nämlich nichts kaufen. Deshalb seien die drei Partien nach dem Sonntag so eminent wichtig. Von seinen Spielern erwartet er gerade im Hinblick auf den Monat der Wahrheit eine Fokussierung. "Jeder muss sich noch akribischer vorbereiten." Der Anspruch der
Akteure an ihre Leistung müsse wachsen.

Es hat den Anschein, als würde der Herbst auch in Gummersbach stürmischer.
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