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Chemiekeule auf Friedhöfen gefährdet Artenvielfalt

Red; 21. Aug 2017, 13:07 Uhr
Bild: Lothar Selbach.
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Chemiekeule auf Friedhöfen gefährdet Artenvielfalt

Red; 21. Aug 2017, 13:07 Uhr
Oberberg – Naturpädagogin wendet sich gegen die großflächige Verwendung von Glyphosat - Friedhöfe im Oberbergischen seien wichtige Lebensräume für Bienen, Schmetterlinge, Hummeln und Co.
Seit vielen Millionen Jahren erfüllen Heerscharen von blütenbesuchenden Insekten wichtige Aufgaben im Ökosystem unseres Planeten: Sie sorgen etwa  für Verbreitung und Vielfalt der Blütenpflanzen sowie für deren Fruchtbarkeit. Bestäuberinsekten wie Honigbienen und viele andere leisten somit einen bedeutenden Beitrag zur menschlichen Ernährungssituation. „Wir verdanken ihnen nicht nur Obst und Gemüse, Milch und Honig, sondern teilweise auch die Befruchtung der Tierfutterpflanzen“, so Irmgard Kutsch, Naturpädagogin und Buchautorin aus dem Reichshof. Doch Kutsch warnt, dass aufgrund der auf Profit ausgerichteten Lebensweise der Menschenein fortgesetzter Artenschwund im Ökosystem um sich greife, besonders auch in der Insektenwelt.

Die Naturpädagogin richtet ihr Augenmerk speziell auf die Friedhöfe im Oberbergischen. Mit Ausnahme weniger eisiger Winterwochen gebe es dort zwar ein bescheidenes, aber doch kontinuierliches Nahrungsangebot für die nützlichen Insekten. Dies werde geprägt von den Menschen, denen die Aufgabe der Grabpflege obliege. „ Allerdings gibt es in Oberberg immer noch Friedhöfe, die jedes Jahr mit Herbiziden wie beispielsweise Glyphosat, bearbeitet werden, um dem Unkraut den Garaus zu machen. So werden Zuwegungen zum Friedhof, die Raume zwischen den Gräbern, Gehwege, Müllentsorgungsplätze, selbst Wasserzapfstellen, Plätze von Friedhofshallen sowie der gesamte Bereich der Einfriedungszäune mit Pestiziden bearbeitet“, kritisiert Kutsch diese Praxis.


Von „Pflanzenschutzmitteln“ können keine Rede sein, vielmehr würden Kräuter und Gräser massenhaft absterben. Noch schlimmer seien die Auswirkungen auf Bienen. Letztere sammelten als blütenstete Insekten während des mehrere Tage dauernden Absterbeprozesses der Pflanzen weiter deren Nektar und Pollen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe Glyphosat jedoch als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ bewertet. Der Hersteller von Glyphosat bestreitet jegliche schädigende Wirkung und verweist auf eigene Studien. Umso mehr gilt es nach Auffassung von Irmgard Kutsch nun, sich zu besinnen und andere Wege als die der Chemiekeule zu finden. Glücklicherweise erlebe man derzeit einen Paradigmenwechsel, eine Neuorientierung hin zu mehr Naturnähe und vor allem zu aktivem Erhalten der kostbaren Artenvielfalt - auch im öffentlichen Grün. Die Buchautorin regt an, dass Friedhofsträger, wie Kirchen und Kommunen, die Bürger zu Friedhofaktionstagen einladen sollten. Grab-Bepflanzung könnte zukünftig so nach Gesichtspunkten der Insektenfreundlichkeit gestaltet werden.

An Wegrändern, Einfriedungen und wo sonst Pestizide eingesetzt würden, ließen sich wohltuende und duftende Pflanzen wie Thymian, Mauerpfeffer und andere ansiedeln. Auf ehemaligen Rasenflächen könne Wildblumensaat ausgebracht werden, so Kutsch. Voraussetzung sei jedoch, dass die Bürger sich umorientierten, hin zu mehr Natur in einem fragilen Ökosystem. Beim Bergischen Landschaftstag am Sonntag, 3. September 2017 könnten Interessierte von 11 bis 17 Uhr auf dem Gelände von Schloss Homburg mündliche und gedruckte Informationen zum Thema Artenvielfalt erhalten.
  
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