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Seelsorge im Alltag bei Menschen mit Demenz

Anzeige; 15. Aug 2017, 06:30 Uhr
Bilder: privat.
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Seelsorge im Alltag bei Menschen mit Demenz

Anzeige; 15. Aug 2017, 06:30 Uhr
Wiehl – Menschen mit Demenz brauchen auch in der Pflegeeinrichtung einen Menschen, der sich seiner annimmt und ihm auf Augenhöhe begegnet – So wird Sicherheit und Vertrauen geschaffen.
Das Zusammenleben mit demenziell veränderten Menschen ist für alle Beteiligten, sowohl in einer Pflegeeinrichtung als auch als Angehörige im häuslichen Umfeld, eine besondere Herausforderung. Der uns anvertraute Mensch, der Vater, die Mutter oder der Lebenspartner, lebt in seiner eigenen Welt, zu der Außenstehende nur schwer Zugang finden. Der erkrankte Mensch, entrückt in seine eigene Welt, kann unserem Alltag nicht mehr folgen. Der pflegende Angehörige lernt den einstmals so vertrauten Menschen von einer ganz neuen, ganz anderen Seite kennen.



An die eigenen Kraftgrenzen stoßend, macht sich ein Gefühl von Frustration und Ohnmacht breit, Schuldgefühle kommen, wenn der Umzug in eine Pflegeeinrichtung ansteht. Dann heißt es, darauf zu vertrauen, dass es mehr als die Grundversorgung gibt. Das Ziel, sowohl in einer Pflegeeinrichtung als auch bei der häuslichen Pflege ist, zu einem ausgeglichenen und für alle Beteiligten, harmonischen, seligen, Miteinander zu kommen.

Der hilfsbedürftige Mensch braucht Menschen an seiner Seite, die sich seiner annehmen und versorgen. Anders gesagt, er braucht einen „Seelsorger“, jemanden, der das alltägliche Wohlsein im Blick hat. Unter Seelsorge verstehen wir in diesem Fall nicht die Arbeit eines Geistlichen, sondern die Schaffung einer Beziehung zwischen dem Pflegebedürftigem und seinen Bezugspersonen, in der es ein Geben und Nehmen gibt und man sich auf Augenhöhe begegnet.
Ein Geben und Nehmen auf Augenhöhe bedeutet für den dementiell veränderten Menschen, dass

-         er sich verstanden wissen will,
-         er weitestgehend autonom sein möchte,
-         er produktiv sein möchte,
-         er Sicherheit haben möchte,
-         er seinem Dasein Sinn geben möchte,
-         er eingebunden sein möchte.

Seelsorge geschieht in allen Bereichen unseres Alltags. Ein vertrauter Alltag schenkt Geborgenheit und wie wird er erlebt? Jeder Mensch erlebt oder hat seinen eigenen Alltag erlebt, mit der wichtigen Frage: „Wie versorge ich mich über den Tag?“ Diese Frage bleibt auch für den dementiell veränderten Menschen von Bedeutung.

So ist zum Beispiel die Wahl der Kleidung von Bedeutung. Früher gab es eine Wochentags- und eine Sonntagskleidung. Wer seine gewohnte Umgebung kurzzeitig verlässt, hat oftmals den Wunsch, sich anders zu kleiden. Besonders bei Frauen ist es wichtig, noch einmal in den Spiegel zu schauen und die Haare zu richten.

Eine hohe Bedeutung haben die Mahlzeiten am Tag und in welcher Atmosphäre sie eingenommen werden. Haben wir es mit einem „Schnell- oder Langsamesser“ zu tun? Wird zum Essen ein Wäscheschutz, bitte kein „Lätzchen“, getragen? Viele ältere Menschen trugen in früheren Jahren Kittel. Heute ist dies eine Möglichkeit, die Wäsche zu schonen und gleichzeitig das Gefühl zu vermitteln: „Ich habe was getan bevor ich mich an den Tisch setze.“ Trinkt es sich aus einem Strohhalm nicht interessanter als aus einem Schnabelbecher, der immer was von Krankenhaus an sich hat?

Der erkrankte Mensch kann sich auf uns nicht mehr um- oder einstellen. Nur wir können uns auf ihn einlassen. In unserer schnelllebigen Zeit eine schwere Aufgabe und eine große Herausforderung.

Demenz heißt, die Langsamkeit entdecken.

„Nicht satt werden,
sondern dem Hungrigen
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten“
(nach Hilde Domin)

Ihre Martina Bubenzer

Mitarbeiterin in der Betreuung,
Seniorenzentrum Bethel Wiehl

Telefon: 02262/7910

E-Mail: martina.bubenzer@bethelnet.de

Wer sich hinter www.diakonie-oberberg.de verbirgt, erfährt man hier.
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