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„Unwucht am Arbeitsmarkt“: IG BAU fordert klare Konzepte

pt; 26. Jul 2017, 15:06 Uhr
Bild: privat --- Arbeitnehmer verdienen ihr Geld immer öfter als Leiharbeiter oder in Teilzeit.
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„Unwucht am Arbeitsmarkt“: IG BAU fordert klare Konzepte

pt; 26. Jul 2017, 15:06 Uhr
Oberberg – Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt kritisiert die Schieflage am Arbeitsmarkt im Oberbergischen Kreis – Anteil „atypischer“ Jobs auf 41 Prozent gestiegen.
Immer mehr unsichere Jobs: Rund 49.600 Menschen im Oberbergischen Kreis arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit ist der Anteil der sogenannten „atypischen Beschäftigungen“ an allen Arbeitsverhältnissen im vergangen Jahr auf einen Rekordwert von 41 Prozent gestiegen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) kritisiert das und beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Oberbergischen Kreis seit 2003 untersucht.


[Bild: IG BAU --- Mehmet Perisan, Bezirksvorsitzender der IG BAU Köln-Bonn.]


Mehmet Perisan, IG BAU-Bezirkschef, spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG BAU Köln-Bonn. Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Oberbergischen Kreis besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Von 2003 bis 2016 hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Teilzeit verdoppelt.



Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 18.000 Menschen im Kreis waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt. Es seien insbesondere die weiblichen Erwerbstätigen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschen. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen“, ist Perisan überzeugt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Köln-Bonn von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Perisan. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Kräfte sorgen.
  
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