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„Er hat mich wie den letzten Depp dastehen lassen“

bv; 20. Jun 2017, 14:25 Uhr
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„Er hat mich wie den letzten Depp dastehen lassen“

bv; 20. Jun 2017, 14:25 Uhr
Nümbrecht – Nümbrechts Grünen-Fraktionschef Rainer Gottschlich ist sauer und enttäuscht über Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius und tritt von seinem Amt zurück – Redenius sieht Begründung „an den Haaren herbeigezogen'.
Von Bernd Vorländer

Rainer Gottschlich ist sauer, mehr noch, er ist menschlich enttäuscht. Und deshalb hat er hingeworfen. Mit sofortiger Wirkung trete er von seinem Amt als Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Nümbrechter Rat zurück, verkündete Gottschlich per Mail. Grund ist für ihn das Verhalten von Bürgermeister Hilko Redenius, mit dem man acht Jahre lang vertrauensvoll zusammengearbeitet habe. Nun aber sei das Maß voll. Der Rathauschef habe ihn und seine Fraktion „mehrfach arglistig hintergangen, indem getroffene Absprachen einseitig gebrochen wurden“, sagt Gottschlich. Starker Tobak.


Worum geht es?  Die von Seiten der Landesregierung geplante Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für Ausschuss-Vorsitzende empfanden die Nümbrechter Grünen als inakzeptabel und forderten Verzicht. Ursprünglich habe man die Zusatz-Gelder Ehrenamtlern in der Gemeinde zukommen lassen wollen. Gemeinsam mit dem Bürgermeister habe man sich dann aber darauf verständigt, den Schulen in der Gemeinde das Geld zukommen zu lassen. Ausdrücklich habe sich Redenius hinter den Vorschlag seiner Fraktion gestellt, sagt Gottschlich. Schließlich, so habe der Rathauschef argumentiert, leiste die Verwaltung nahezu die gesamte Vorarbeit für die Ausschüsse, sodass ein zusätzlicher Obolus für die Ausschussvorsitzenden nicht gerechtfertigt sei.

Seine Fraktion habe sich auf einem gemeinsamen Weg gewähnt, doch plötzlich habe Redenius (Bild) einen gegensätzlichen Kurs eingeschlagen. Nach einem Erlass der Regierungspräsidentin sei der Bürgermeister umgeschwenkt und habe die Grünen im Regen stehen gelassen, so der Vorwurf Gottschlichs. „Absprachen wurden von ihm gebrochen, er hat mich öffentlich wie den letzten Depp dastehen lassen“, ist der Grüne sauer. Mehr noch, in der Folge seien seiner Fraktion und ihm persönlich Informationen vorenthalten worden, die jedoch anderen Fraktionen zugegangen seien. „Er hat uns kalt vor die Wand fahren lassen.“

Über Wochen habe ihn dieses Verhalten des Bürgermeisters beschäftigt und wütend gemacht. Aus Selbstschutz müsse er jetzt die Konsequenzen ziehen. „Ich kann mit politischen Niederlagen leben, aber diese Art des Umgangs stößt mich ab. Ich kann und will so nicht arbeiten und deshalb ist für mich an dieser Stelle Schluss“, sagt Gottschlich. Andrea Saynisch, grünes Ratsmitglied und auch Mitglied des Kreistags wird das Amt übernehmen. Gottschlich behält weiterhin sein Ratsmandat.

Bürgermeister Hilko Redenius, der sich gerade im Urlaub befindet, ist nach dem Gottschlich-Abgang „total überrascht und perplex“. Er habe schon bei der vergangenen Ratssitzung gemerkt, dass sich bei den Grünen etwas zusammenbraue, habe sich aber darauf keinen Reim machen können. Die Behauptungen der Grünen seien „an den Haaren herbeigezogen“. Bereits im November 2016 habe er per Mail die Fraktionen darauf hingewiesen, welche rechtlichen Verpflichtungen sich aus der Erhöhung der Aufwandspauschale für die Ausschussvorsitzenden ergäben.

Im Übrigen habe er nie davon gesprochen, dass die Verwaltung die Ausschussvorbereitung quasi im Alleingang erledige. „So etwas wird gemeinsam erledigt, anders geht das auch gar nicht.“ Vielfach nähmen Ausschussvorsitzende auch weitere Termine wahr, sodass von einer ‚Tatenlosigkeit‘ keine Rede sein könne, so der Bürgermeister. Unmittelbar nach seiner Rückkehr will Redenius ein klärendes Gespräch mit Gottschlich führen. „Acht Jahre gute Zusammenarbeit wirft man ja nicht so einfach weg.“
  
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