Archiv

Wie zu Luthers Zeiten

us; 11. Jun 2017, 21:46 Uhr
Bilder: Ute Sommer --- In mittelalterlich anmutenden Gewändern und mit buntem Kopfschmuck begeisterten die Tänzerinnen der Gemeinschaftsgrundschule das Publikum.
ARCHIV

Wie zu Luthers Zeiten

us; 11. Jun 2017, 21:46 Uhr
Wiehl – Arbeitskreis Christlicher Kirchen lud zur Zeitreise ins Mittelalter ein - Buntes Programm vom Burgfräulein bis zur Falknerei lockte die Besucher an.
Wie könnte man die Erinnerung an 500 Jahre Reformation angemessener feiern, als mit einem typisch mittelalterlichen Fest?  Unter dem Motto "Wie zu Luthers Zeiten" hatte der Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) in Wiehl zu einem Fest der Generationen in den Park an der Jakob-Neuleben-Straße eingeladen.

[Dass ausgerechnet der Chef der oberbergischen Protestanten, Jürgen Knabe (rechts), einen Ablassbrief von Ablassprediger Berthold von Ebersbach (2.v.r.) erhielt, sorgte für Heiterkeit bei den Umstehenden.]

Am Wochenende konnten die zahlreichen Besucher auf dem weitläufigen Grüngelände in die pralle und faszinierende Atmosphäre des Mittelalters eintauchen. Für die Organisation der zweitägigen "Zeitreise" zeichneten die evangelischen Kirchengemeinden Drabenderhöhe, Marienberghausen, Marienhagen, Oberbantenberg-Bielstein, Wiehl, die evangelisch-freikirchlichen Gemeinden "Christus für alle", Hüttenstraße, Mühlen-Bielstein, Drabenderhöhe und die katholischen Kirchengemeinden  St. Bonifatius sowie St. Mariä Himmelfahrt verantwortlich. Unterstützt wurden sie dabei vom  Seniorenheim "Haus Siebenbürgen" und den Schülern der Gemeinschaftsgrundschule.

„In den Vorjahren gab es mit Gemeinde-, Schul-und Senioren-Sommerfest drei unterschiedliche Veranstaltungen. Heute möchten wir in Wiehl das gemeinsame Feiern und Gedenken in den Mittelpunkt stellen", unterstrich Pfarrer Frank Müllenmeister, der als Prediger im ökumenischen Open-Air-Sonntagsgottesdienst auf das Thema "Luther und der Ablass" eingegangen war. Nach dem geistlichen Startschuss übernahmen Gaukler und Spielleute die Regie, zeigten die Grundschüler, was sie in der vorhergehenden Mittelalter-Projektwoche so alles gelernt hatten. Zum Beispiel handwerkliche Fähigkeiten wie Filzen, Sticken und die Papierherstellung oder geschickten Umgang mit Pfeil, Bogen und Schwert.



„Ein Burgfräulein ist froh und lacht, wenn sie der Ritter gut bewacht" - mit der Niederschrift der mittelalterlichen Lebensweisheit auf ein Pergamentpapier übte sich die neunjährige Alina, so wie viele andere, in der historischen Kunst der Kalligrafie. Unter Anleitung von Barbara Degener und Jürgen Körber, alias "Kurtzweyl", die mit den Kindern Musik und Tänze der Zeit einstudiert hatten, kamen die begeisterten Zuschauer in den Genuss eigenwilliger Minne-Melodien und mittelalterlicher Rundtänze.

Im "Kunterbunten Kinderzelt" konnten Stockbrot gebruzzelt, Schellenkränze fabriziert, Schatztruhen oder Kronen gebastelt und Edelsteine gesiebt werden. Stilechte Tonwaren, Bestecke, Spiele und Nestelbänder im Lager der "Kings und Queen" aus Engelskirchen ließen mediävales Alltagsleben greifbar werden.

[Obwohl eigentlich kein Kuscheltier, ließ sich Schleiereule Lotta willig auf den Arm nehmen und streicheln.]

„Ich bin ausgesandt, die verlorenen Seelen in hiesig, evangelischen Landen zu retten", appellierte Ablassprediger Berthold von Ebersbach an das Gewissen der vielen Besucher und fand in Oberbergs Superintendent Jürgen Knabe, gerade eben zurückgekehrt aus der Lutherstadt Wittenberg, einen wohl weichherzigen, aber nachsichtig lächelnden Protestanten als Abnehmer des Sündenerlasses. Einblicke in die mittelalterliche Greifvogeljagd vermittelten die Falkner Marco Wahl und Robert Schmitz, deren Schleiereule Lotta, Weißgesichtseule Georgy, die beiden Wüstenbussarde Koda und Luke sowie ein noch namensloser Falke sich mit rasanten Flügen, knapp über die Köpfe des Publikums, schnell dessen Respekt und Begeisterung sicherten.

Mit Tanzliedern und Volksweisen vergangener Zeiten sorgte das Ensemble Chapelloise für den passenden musikalischen Rahmen und das ortseigene Orchester Siebenbürgen/Drabenderhöhe, unter Leitung von Michael Schumachers, unterhielt mit zünftiger, böhmischer Blasmusik.

Bei strahlendem Sommerwetter bildeten sich lange Warteschlangen vor dem Eisstand, aber auch Baumstriezel, Waffeln, Mici-Fleisch, Pilzpfanne oder Grillfleisch fanden reißenden Absatz. Am Nachmittag setzte, "wie zu Luthers Zeiten", ein Reisesegen den Schlusspunkt hinter ein gelungenes ACK- Fest.
WERBUNG