Archivbild: Michael Kleinjung --- Gerade an Karneval ist Alkohol ein 'Gefährder' für Minderjährige.
ARCHIV
Mit Verantwortung gegen den Vollrausch
Oberberg Die Krankenkasse DAK berichtet von einer drastisch gestiegenen Zahl jugendlicher Komasäufer in Oberberg Jetzt steht die heiße Phase des Karnevals vor der Tür Was tun die Vereine, um Alkoholmissbrauch vorzubeugen Oberberg-Aktuell hörte nach.
Von Giulia WinkelmannWir kennen diese Szenen, auch wenn wir die Bilder nicht sehen wollen: Jugendliche mit Alkoholika in der Hand, Minderjährige, die schon ordentlich getankt haben. Eine Gruppendynamik, die es als schick erscheinen lässt, möglichst große Mengen Alkohol zu konsumieren. Wer dazu gehören will, trinkt Alkohol, oft viel größere Mengen als einem gut tun und erlaubt ist. Viele Jugendliche glauben, Spaß könne es nur mit Alkohol geben, auch wenn das Unsinn ist, so Wolfgang Brelöhr von der DAK-Gesundheit in Gummersbach. Seit Jahren wendet sich die Krankenkasse gegen übermäßigen Alkoholgenuss bei Jugendlichen, unter anderem mit der Aktion bunt statt blau Kunst gegen Komasaufen. In Oberberg scheint dies nicht immer zu fruchten, denn die Zahl jugendlicher Rauschtrinker steigt gegen den Landestrend. Laut DAK mussten allein im vergangenen Jahr 82 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung in einem Krankenhaus behandelt werden. Besonders schlimm: Die Rauschtrinker werden immer jünger.
Und jetzt steht auch noch die heiße Phase der Karnevalszeit vor der Tür, eine Zeit, in der grundsätzlich lockerer mit Alkohol umgegangen wird. Spätestens, wenn an Weiberfastnacht der Karnevalsbazillus in weiten Teilen Oberbergs grassiert, und ausgelassene Feiern anstehen, ist Gerstensaft und Hochprozentiges ein Thema. Die Lustigen werden lustiger und die Jecken jecker. Aber: Inmitten des feuchtfröhlichen Treibens feiern auch Kinder und Jugendliche. Und Fachleute beobachten, dass gerade deren Schutz vernachlässigt wird. Insofern ist Alkoholmissbrauch auch für die heimischen Karnevalsvereine ein wichtiges Thema. Mit Präventionsmaßnahmen will man dem übermäßigen Alkoholkonsum Minderjähriger entgegentreten.
Der Karnevalsverein Bielstein ist seit Jahren Unterstützer der DAK-Kampagne bunt statt blau, bei der Kinder und Jugendliche Plakate mit kreativen Botschaften gegen das Rauschtrinken entwerfen. Karneval bedeutet nicht trinken ohne Ende. Es geht um den Spaß, das Miteinander. Wir wollen, dass die Kinder und Jugendlichen das verstehen, sagt Wolfgang Wengefeld, Sprecher der Bielsteiner Karnevalisten. Deswegen habe auf der Zunftkiste, dem Bielsteiner Vereinswagen am Rosenmontagszug, kein Minderjähriger etwas zu suchen. Auch die Tanzgruppe der Raketen schaffe es nie, ein Gläschen zu ergattern. In der Gruppe sind auch Minderjährige. Und da gilt gleiches Recht für alle. Die Großen haben da Vorbildfunktion, erklärt Wengefeld. Das Konzept der Bielsteiner wird auch bei den Karnevalsitzungen fortgeführt. Die Minderjährigen müssen nüchtern ihren Spaß haben.
Junge Jecke haben es auch bei dem Ründerrother Karnevalsverein 1975 nicht leicht. Minderjährige kommen bei uns gar nicht erst ins Zelt, verrät Andreas Heckener, Präsident des Ründerother Karnevalsvereines. Laut Franz-Josef Steinfort, Pressesprecher des KG Rot Weiss Denklingen, gewährleisten vor und im Karnevalszelt rund 30 professionelle Security-Mitarbeiter Schutz. Mit gezieltem Blick und gründlicher Passkontrolle komme dabei kein U-16-Karnevalist hinein. Um 24 Uhr müsse dann auch der letzte Minderjährige das Zelt verlassen.
Security-Mitarbeiter, Polizei, Karnevalsgesellschaft und Ordnungsamt sind bei uns schon ein eingespieltes Team, ist sich Marco Tessitori, Sicherheitsbeauftragter der Karnevalsgesellschaft der Närrischen Oberberger in Engelskirchen, sicher. Nach dem Rosenmontagszug könnten zunächst alle in das Zelt kommen, ab 22 Uhr achte man aber darauf, dass keine Jugendlichen unter 16 Jahren im Zelt angetroffen würden. Auch durch die Zusammenarbeit mit dem Aggertalgymnasium (ATG) sei ein Alkoholmissbrauch eingeschränkt, so Tessitori. Denn beim Umtrunk an Weiberfastnacht auf dem Edmund-Schiefeling-Platz seien auch Lehrer anwesend. Die Autorität der Pädagogen bewirke dabei ganz automatisch einen verantwortungsvolleren Umgang mit Alkohol.
Joachim Stüttem, Präsident der KG Rot Weiss Lindlar, kennt die Problematik, Minderjährige von Alkoholika abzuschirmen. Alkohol sei vielfach zu leicht verfügbar. Rückblickend auf viele Jahre der Erfahrungen im Zelt kennt Stüttem auch die Fälle, wo Eltern beim gemeinsamen Feiern ihren minderjährigen Sprösslingen alkoholhaltige Getränke anbieten. Um einem wachsenden Alkoholkonsum Jugendlicher und mögliche Folgen zu unterbinden, sollen Polizeibeamte gerade an den tollen Tagen verstärkt in Lindlar nach dem Rechten sehen.
Auch auf ihrer Webseite stellen die Lindlarer Karnevalisten klar, wie wichtig ihnen der verantwortungsvolle Alkoholumgang ist. Für die Fahrer der Fahrzeuge wie die sogenannten Wagenengel, die achtgeben, dass niemand unter die Räder kommt, herrscht absolutes Alkoholverbot. Allen anderen wird dringend empfohlen, Alkohol wegzulassen, denn die Gefahr, dort herunterzufallen, ist bei einem notdürftigen Vehikel sehr hoch, heißt es in einer Empfehlung des Vereins. Betrunkene Karnevalisten müssten die Fahrzeuge verlassen, so die KG Lindlar. Allerdings dürfte die Überprüfung in der Praxis schwer fallen. Dennoch: In Lindlar ist man sich der Problematik bewusst. Wer im Umzug mitgeht, sollte nicht unbedingt mit Bierflasche oder Spirituosen in der Hand rumlaufen. Immerhin stehen viele kleine Kinder am Straßenrand und beobachten das sehr genau, weil sie die heißgeliebten Kamelle haben möchten. Sowas ist für diese Zwerge nicht zu verstehen, wenn die Erwachsenen angetrunken als Vorbild dort stehen, heißt es auf der Homepage. Ob sich die oberbergischen Karnevalisten bei ihren Zügen an diese Worte halten?