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Van Bastens Fußball-Revolution – Was sagen die Trainer?

lo; 19. Jan 2017, 16:10 Uhr
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Van Bastens Fußball-Revolution – Was sagen die Trainer?

lo; 19. Jan 2017, 16:10 Uhr
Oberberg - Zeitstrafen statt Gelber Karten, die Abschaffung der Abseitsregel - Die Vorschläge von Marco van Basten, neuer technischer Direktor der FIFA, werden auch in der Region intensiv diskutiert.
Kaum hat sich die Aufregung um die WM 2026, bei der nach einen Beschluss der FIFA 48 statt 32 Teams starten dürfen, gelegt, sorgte der neue technische Direktor des Weltfußballverbandes und frühere Topstürmer Marco van Basten mit einem Interview zu möglichen Regeländerungen für Aufsehen. Die revolutionärste Idee, die er in dem Raum stellt, ist das Aus für die Abseitsregel. OA hat sich bei einigen Trainern aus der Region umgehört, wie sie die Vorschläge des Niederländers bewerten.

„Wenn es kein Abseits mehr gibt, bleibt von dem Spiel, das wir kennen, nicht viel übrig“, ist Ingo Kippels (Bild li.), Coach des Landesligisten FV Wiehl, überzeugt. „So wie es jetzt ist, ist es gut. Mit dem passiven Abseits wurde vor einigen Jahren eine zusätzliche Ebene eingeführt, die das Ganze interessanter macht.“ Die Umsetzung würde in seinen Augen dazu führen, dass die Attraktivität verlorengeht. „Irgendwann bekommen die Zuschauer einen steifen Hals, weil die Bälle nur noch hoch nach vorne geschlagen werden.“

Sven Reuber vom A-Ligisten SSV Süng sieht das ähnlich. „Ob dadurch mehr Tore fallen, weiß ich nicht. Wahrscheinlich bleiben die meisten Mannschaften mit vielen Spielern in der eigenen Hälfte stehen. Fußballerische Qualitäten wären weniger gefragt.“ Und auch Erkan Yorganci, Trainer des B-Ligisten TV Klaswipper, ist skeptisch. „Die Schiedsrichter hätten es sicherlich leichter, aber meiner Meinung nach käme der Spielfluss zum Erliegen und es gäbe ‚Kick and rush‘.“


[Sven Reuber vom SSV Süng.]

Für die Referees hätte die Abschaffung der Abseitsregel eine deutliche Entlastung zur Folge. Nicht zuletzt in den unteren Spielklassen, wo häufig keine Assistenten an den Seitenlinien postiert sind. Dies ist erst ab der Bezirksliga aufwärts üblich. „Aber der Sport ist ja gerade deshalb interessant, weil es manchmal zu Fehlentscheidungen kommt. Das gleicht sich im Verlauf einer Saison immer aus“, so Reuber. Yorganci stößt ins gleiche Horn. „Fußball lebt von Tatsachenentscheidung.“


Mit der Idee, taktische Fouls mit einer Zeitstrafe statt mit einer Gelben Karte zu sanktionieren, können sich die Übungsleiter eher anfreunden. Bei den Senioren ist das Sünderbänkchen abgeschafft worden, während zeitlich begrenzte Hinausstellungen im Jugendbereich bis heute zum Repertoire der Schiris gehören. „Das Spiel ändert sich für fünf oder zehn Minuten komplett. Zudem hätten die Schiedsrichter größeren Spielraum und müssten nicht direkt Gelbe Karten zeigen. Notbremsen sollten jedoch weiterhin „Rot“ nach sich ziehen“, meint Kippels.

Yorganci kennt Zeitstrafen noch aus seiner aktiven Laufbahn. „Ich befürworte das. Als Trainer kann ich auf die Spieler, die vom Platz müssen, besser Einfluss nehmen und sie selbst können sich ein bisschen beruhigen.“ Reuber steht Zeitstrafen ebenfalls offen gegenüber, allerdings fordert er eine klare Definition für taktische Fouls. „In der Praxis könnte das schwierig werden, weil jeder Schiedsrichter solche Dinge anders beurteilt.“

Wann beziehungsweise ob die Änderungen in Kraft treten, steht in den Sternen. Dass die FIFA die Schlagzahl erhöht, was Modernisierungsversuche angeht, lässt sich indes nicht von der Hand weisen. Das nächste größere Kapitel ist der Videobeweis, der heiß diskutiert wird. „Man kann neue Dinge ausprobieren“, so Kippels. „Aber man darf nicht vergessen, dass Fußball der Volkssport Nummer eins ist und man ihn deshalb so einfach wie möglich halten sollte.“ Zumindest Torlinientechnik und Video werden im Amateurbereich keinen Einzug halten. Andere Neuerungen - fliegende Wechsel, Time-Out, Norweger Modell - werden hingegen schon getestet.   

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