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Weihnachtsfriede im Rat

bv; 2. Dec 2016, 20:26 Uhr
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Weihnachtsfriede im Rat

bv; 2. Dec 2016, 20:26 Uhr
Gummersbach - Gummersbacher Volksvertreter verabschiedeten Haushalt 2017 mit ganz viel Harmonie und nur wenigen Misstönen.
Von Bernd Vorländer

Das Wichtigste zuerst: In seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause verabschiedete der Gummersbacher Stadtrat den Etat für das kommende Jahr, der ein Volumen von rund 131 Millionen Euro hat, bei einem Fehlbedarf von 4,8 Millionen Euro. Künftig soll jedoch Schluss sein mit den roten Zahlen. Der Stärkungspakt bringt auch Gummersbach in den positiven Bereich. Wie lange? Mindestens so lange wie die niedrigen Zinsen anhalten und die Gewerbesteuereinnahmen die Kämmerei verzücken. Wenn beide Pfeiler wackeln, in der EU neue Unwägbarkeiten in Krisen münden, der Flüchtlingsstrom wieder stärker wird, dann kann es mit dem Hurra-Geschrei aber auch schnell wieder vorbei sein. Das wissen alle, aber derzeit darf man sich auch einmal freuen. Erkauft wird die Haushalts-Entspannung allerdings mit höheren Steuern. Die Grundsteuer B steigt von 520 auf 560 Prozent, die Gewerbesteuer leicht um zehn Punkte auf 470 Prozent.

Die Verabschiedung des Haushalts ist aber auch regelmäßig die Stunde der Fraktionen, vor allem von deren Vorsitzenden. Beabsichtigt ist dann der Ritt über sämtliche Politikfelder, die bissige Pointe ist ebenso gern gesehen wie die krachlederne Parade. Schließlich ist das Ganze auch ein wenig Unterhaltung und Amusement für die eigene Fraktion, deren Wir-Gefühl beim Holzen gegen andere gestärkt wird. Natürlich sind die Haushaltsreden auch die Möglichkeit, neue Ideen zu entwickeln, der Verwaltung Arbeitsaufträge zu erteilen und die Kür zur eigenen Profilierung zu nutzen. Was aber tun, wenn der amtierende Rathauschef nicht nur seit geraumer Zeit alle Themen bereits besetzt, die Ideen selbst entwickelt und zur Not sogar in Opposition macht, wenn letztere ausfällt? Dann werden Ausweich-Spielfelder gesucht, weil alles andere in einer Wattebausch-Kanonade enden würde.


CDU-Fraktionschef Jörg Jansen sah die Stadt auf einem guten Weg, betonte, dass man sparen, aber nicht kaputtsparen wolle, schimpfte auf die "klebrigen Finger des Landes", das die Rechnungen nicht bezahle, obwohl man das zugesichert habe und bezeichnete den Stärkungspakt als "Mogelpackung". Der Landtagswahlkampf ließ grüßen, wie im Übrigen natürlich auch bei seinem Pendant Thorsten Konzelmann. Der pries als Sozialdemokrat selbstverständlich den Stärkungspakt und versuchte 45 Minuten lang, aus SPD-Sicht auf die Stadt zu blicken. Es war eine einzige Lobeshymne - auf die einzelnen Mitglieder seiner Fraktion, auf die Kämmerei, die Entwicklung der Stadt im Allgemeinen. Und wenn da nicht der Streit um ein Theaterkonzept gewesen wäre, hätte die Predigt des Guten und Schönen sogar satte 50 Minuten gedauert. Konzelmann schlug vor, bei der Frage nach einem Neubau des Theaters die Bürger mit ins Boot zu holen und sie in einem Bürgerentscheid die Frage letztlich beantworten zu lassen, ob man dieses "gigantische Projekt" tragen wolle.

Da standen auch FDP und Linke nicht zurück und stimmten in das allgemeine Lob mit ein. Geradezu staatstragend kam die Linke daher, nickte den Haushalt in ihrer Mehrheit ab, begrüßte die Umbaumaßnahmen des Hohenzollernbads wie der Vogtei, bezeichnete die Steueranhebungen als angemessen und erneuerte lediglich die Forderung von bezahlbaren, innenstadtnahen Wohnungen. Bürgermeister Frank Helmenstein muss spätestens jetzt weihnachtlich ums Herz gewesen sein. Alle auf der Pro-Seite. Alle? Nicht ganz. Konrad Gerards hatte sich bei der Ratssitzung die Rolle des "bad boy" geangelt.

Der Grüne sorgte dann doch dafür, dass sich einige Zornesfalten auf dem Gesicht des Rathauschefs bildeten, zieh ihn Gerards doch der Förderung der Ungerechtigkeiten in der Stadt, in der für die Innenstadt und Bernberg viel gemacht werde "und für die anderen nur noch ein paar Krümel übrig bleiben". Außerdem habe sich die Verschuldung der Stadt "dramatisch" erhöht. Dies bleibe jedoch verwaltungsseitig geflissentlich unerwähnt. Auch wenn Gerards sich Helmensteins Rüffel einfing, wurde er schließlich in den Weihnachtsfrieden mit eingeschlossen. Schließlich sollten keine Misstöne das traditionelle Zusammensein des Rates nach der letzten Sitzung stören.   
  
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