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Ein Trump im Weißen Haus

nh; 9. Nov 2016, 15:57 Uhr
Bild: privat --- Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein.
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Ein Trump im Weißen Haus

nh; 9. Nov 2016, 15:57 Uhr
Oberberg - Michaela Engelmeier und Klaus-Peter Flosbach sind entsetzt über die Wahl von Donald Trump - „Panik wäre übertrieben“ meint dagegen eine Wiehlerin, die in den USA lebt - Fassungslos ist der Afro-Amerikaner Marc Dentley aus Lindlar (AKTUALISIERT).
Von Nils Hühn


Am frühen Mittwochvormittag war klar, dass Donald Trump der Nachfolger von Barack Obama und damit der 45. Präsident der USA werden würde. Nach einem spektakulären Wahlkampf, der auch in der Region viel Beachtung fand, setzte sich der 70-jährige Republikaner gegen seine Rivalin Hillary Clinton von den Demokraten durch. Ausschlaggebend für seinen Erfolg waren unter anderem Siege in den sogenannten "Swing-States", vor allem in den umkämpften Bundesstaaten Ohio und Florida.


Nördlich von Orlando (Florida) leben seit knapp zehn Jahren Dirk und Edda Neubauer mit ihrem Sohn Marc. Vorher wohnte die Familie 25 Jahre lang in Wiehl-Bielstein. Bei den Neubauers ist man froh, dass die Wahl nun vorüber ist, klingelte an den vergangenen Tagen mindestens zehn Mal täglich das Telefon mit der Bitte, für Donald Trump zu stimmen. „Das war schon ziemlich nervig“, beschrieb Edda Neubauer das Wahlkampfgetöse. Die Amerikaner hätten eine Wahl zwischen Pest und Cholera gehabt. „Jetzt müssen wir abwarten, was wirklich passiert“, sagte sie am Morgen nach der dramatischen Wahlnacht. „Wenn es zu schlimm wird, dann komme ich wieder zurück.“


[Bild: Oliver Müller --- Dem 51-jährigen Marc Dentley macht die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten Angst.]

Edda Neubauer glaubt aber derweil nicht, dass Donald Trump alle seine Ankündigungen durchsetzen wird. „Panik wäre übertrieben“, wirken ihre Worte beruhigend. Sie vergleicht die Trump-Wähler mit den AfD-Wählern in Deutschland, die aus Frustration und Existenz-Ängsten sowie dem Wunsch nach Veränderung ihre Stimme abgeben würden. Ähnlich sieht dies Marc Dentley. Der 51-Jährige lebt in Lindlar, wuchs aber in Brooklyn auf. Er ist fassungslos, dass die US-Bürger einen „bekennenden Rassisten“ gewählt haben. „Aber hier in Deutschland werden die Stimmungsmacher auch gewählt“, werde er als  Afro-Amerikaner in der jüngeren Vergangenheit vermehrt schräg angeschaut, so wie einst in den 1970er Jahren in Deutschland.

Im Dezember wird er seinen Vater in Columbus/Ohio besuchen. „Erschreckend“, findet Dentley, dass Trump auch dort gewonnen hat. „Vielleicht ist es mein letzter USA-Besuch“, wird er genau beobachten, was sich ab dem 20. Januar 2017 ändern wird, wenn Trump vereidigt wird. Der 51-Jährige hatte derweil mit einem Sieg des Republikaners gerechnet und auch mit seiner Frau gewettet. „Hätte Clinton gewonnen, hätte ich meiner Frau eine Handtasche kaufen müssen. Die kann sie sich abschminken“, ist dies aus Dentleys Sicht das einzig Positive. „So eine Knallbirne ist doch eigentlich nicht wählbar“, hat er eine klare Meinung zum künftigen US-Präsidenten.

Oberbergs Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier (SPD) war heute Morgen bereits um 4 Uhr aufgestanden, um sich über den Sieg von Hillary Clinton zu freuen - doch es kam ganz anders. "Ich kenne niemanden, den die Wahl von Trump nicht erschrocken hat", ist sie hörbar erschüttert über das unerwartete Ergebnis. Sie hoffe, dass die transatlantischen Beziehungen diese Belastungsprobe auszuhalten imstande seien. Doch müsse man sich angesichts des Erstarkens populistischer Strömungen in aller Welt Gedanken machen, wie man dieser Entwicklung begegne. "Wir Politiker müssen noch mehr mit den Menschen reden, ihnen zuhören und soziale Ungerechtigkeiten beseitigen", ist sie überzeugt. Trump habe mit Ängsten gearbeitet und rassistische Abgründe geöffnet. "Ähnliches versucht die AfD in unserem Land ja auch - das darf ihnen nicht gelingen", so die Sozialdemokratin weiter.

Auch Engelmeiers CDU-Kollege Klaus-Peter Flosbach war nach der Wahl perplex. „Ich bin schockiert über den Wahlausgang in den USA. Wir müssen uns vor allem fragen, warum über 50 Millionen Menschen Trump gewählt haben“, so der Christdemokrat. Die weitere Zusammenarbeit erscheine ihm zurzeit unberechenbar. „Wir brauchen jetzt schnell Klarheit, wie die künftige amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik konkret aussehen wird. Es ist gut möglich, dass Europa in Zukunft noch mehr selbst für die Wahrung seiner Interessen sorgen muss. Wir müssen daher so schnell wie möglich geschlossener auftreten und handlungsfähiger werden“, sah Flosbach neue Herausforderungen für Europa.

Doch auch die Vereinigten Staaten bräuchten Freunde. Dabei sollten sie sich seiner Meinung nach vor Augen halten, dass die besten Freunde diejenigen Länder seien, mit denen sie eine lange Freundschaft verbinde. „Die USA sind Deutschlands größter Handelspartner und sie werden es auch in den nächsten Jahren bleiben“, war Flosbach überzeugt. Neben dem Ausgang der Wahl habe er auch die persönlichen Anfeindungen im Wahlkampf nicht für möglich gehalten. „Dieser Wahlkampf hat die amerikanische Gesellschaft tief gespalten. Ich hoffe, wir werden solche Erfahrungen nicht in Deutschland machen und sollten uns vor einer solchen Auseinandersetzung hüten“, merkte der Bundestagsabgeordnete an.
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