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Weniger Landesgelder, mehr Zahlungen

fj; 28. Oct 2016, 11:35 Uhr
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Weniger Landesgelder, mehr Zahlungen

fj; 28. Oct 2016, 11:35 Uhr
Oberberg – Der Fehlbetrag im Kreishaushalt soll von 4,7 Millionen Euro in 2017 auf 1,3 Millionen Euro in 2018 sinken – Hagt kritisiert: Förderprogramme sind das einzige Mittel, um Spielräume für Investitionen zu gewinnen.
Mutig als „Chance“ sehen möchte Landrat Jochen Hagt den Kreishaushalt 2017/2018, den er gestern im Kreistag einbrachte. „Der Begriff Chance bezeichnet auf der einen Seite eine günstige Gelegenheit, auf der anderen aber auch Gefahren und Risiken, die es zu bedenken und zu beachten gilt“, so der Landrat in seiner ersten Haushaltsrede. Nicht nur günstig, sondern erfreulich sei der Umstand, dass die Kommunen heute überwiegend besser dastehen, als noch vor zwei Jahren. Dies sei vor allem dem Gewerbesteueraufkommen zu verdanken, das zuletzt deutlicher als im Landesdurchschnitt stieg.

„Leider muss man aber auch hinter die Fassade schauen“, erklärte Hagt, dass die positiven Effekte aufgrund von Vorgaben des Landes ordentlich reduziert werden: Die auf die Kommunen entfallenen Schlüsselzuweisungen des Landes sinken von 2016 auf 2017 um 5,6 Prozent, obwohl sie landesweit um 1,7 Prozent steigen. Auch der Kreis erhält weniger Schlüsselzuweisungen vom Land, während die an den Landschaftsverband Rheinland zu zahlenden Beträge steigen. Trotzdem will der Kreis, so Hagt, zugunsten der Kommunen in 2017 und 2018 Eigenkapital im Umfang von rund sechs Millionen Euro zur Reduzierung der Kreisumlage einsetzen. „Zudem erstatten wir den Kommunen im Januar 3,3 Millionen Euro zurück, die durch restriktive Haushaltsführung eingespart werden konnten“, kündigte der Landrat an.

Das Verwaltungspersonal möchte Hagt punktuell verstärken, insbesondere in den Bereichen „Inklusion“ und „Integration“. Zusätzliche Stellen sollen beispielsweise im Jugendamt, im Kommunalen Integrationszentrum, im Amt für Schule und Bildung oder im Jobcenter geschaffen werden. Der Haushaltsentwurf für 2017 sieht daher Personalaufwendungen in Höhe von rund 79 Millionen Euro vor (abzüglich der Erstattungen zu Personalaufwendungen und der Zuführung zu den Pensionsrückstellungen: rund 48,6 Millionen Euro), für 2018 von rund 80,6 Millionen Euro (mit Abzügen: rund 49 Millionen Euro).



Investieren möchte der Landrat in die Unterstützung des Ehrenamts, beispielsweise durch die Realisierung des Feuerwehrübungsgeländes in Brächen, die Wirtschaftsförderung, die Breitbandversorgung, Tourismus und Mobilität. Dazu sollen auch Fördermittel, wie durch das LEADER-Programm oder die RGIONALE, um die sich der Kreis derzeit gemeinsam mit Partnern bewirbt, genutzt werden. „Die Zukunft liegt in der Akquise von Fördermitteln. Ungeachtet der Frage, ob es richtig ist, dass sich die gesamte kommunale Familie nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren kann und demzufolge auf Fördermittel angewiesen ist“, ließ Hagt auch seine Kritik an Land und Bund erkennen.

In die Kreis-Infrastruktur möchte der Landrat aber nicht nur investieren, sie soll auch saniert werden. Dabei stehen das Straßenverkehrsamt sowie die zahlreichen Außenstellen des Kreises im Fokus. „Auf der Basis erster Vorprüfungen deutet sich an, dass in Zukunft auf die Nutzung der Vielzahl unwirtschaftlicher Außenstellen verzichtet werden sollte und möglichst in unmittelbarer Nähe zum Kreishaus ein neuer Büroraum zu schaffen sein wird“, so Hagt.

Eine besondere finanzielle Herausforderung für den Kreishaushalt stellt laut Hagt der Bereich Soziales, Jugend, Gesundheit und Bildung dar. Die Inklusion allein im Schul- und Kindergartenbereich koste den Kreis ab 2017 jährlich steigend 300.000 € sowie erhebliche personelle Kapazitäten. „Ich bekenne mich ausdrücklich zum Recht auf Teilhabe, erwarte aber ebenso, dass auch ein tatsächlicher finanzieller Ausgleich durch den Gesetzgeber erfolgt“, so Hagt. Dieselbe Forderung gelte auch für den Bereich der Kinderbetreuung. „Hier ist das Land in der Pflicht, sich stärker zu beteiligen“, so der Landrat. Bis das Land diese Rahmenbedingung erfülle, gelte es, vor Ort zu schauen, wie ein Ausgleich der finanziellen Belastungen für die Kinderbetreuung aussehen kann. Hagt kündigte an, dem Jugendhilfeausschuss einen Vorschlag zu unterbreiten, der auch eine stärkere Beteiligung der betroffenen Eltern vorsieht. „Wir werden uns über dieses Thema bestimmt noch intensiv austauschen“, wusste der Landrat, dass das Thema Kinderbetreuung weiter auf der Agenda stehen wird.

Eckdaten des Doppelhaushalts 2017/2018

Haushaltsvolumen
Erträge gesamt: 369,8 Millionen Euro (2017) / 380,5 Millionen Euro (2018)
Aufwendung gesamt: 374,5 Millionen Euro / 381,8 Millionen Euro
Fehlbetrag: 4,7 Millionen Euro / 1,3 Millionen Euro

Hebesätze
Allgemeine Kreisumlage: 41,3 Prozent / 41,3 Prozent
Jugendamtsumlage: 28,23 Prozent / 27,9 Prozent
Berufsschulumlage: 2,03 Prozent / 1,97 Prozent
Kreisvolkshochschule: 0,35 Prozent / 0,34 Prozent

Kreisumlage-Aufkommen
Allgemeine Kreisumlage : 145,7 Millionen Euro / 152,3 Millionen Euro
Jugendamtsumlage: 53 Millionen Euro / 54,8 Millionen Euro
Berufsschulumlage: 7,1 Millionen Euro / 7,3 Millionen Euro
Kreisvolkshochschule: 1 Millionen Euro / 1 Millionen Euro

Aufwand
Transferaufwand: 195 Millionen Euro / 199,5 Millionen Euro
Sach- /Dienstleistungs-Aufwand: 39,6 Millionen Euro / 40,1 Millionen Euro
Personalaufwand: 71,3 Millionen Euro / 72,5 Millionen Euro
Sonstiger ordentlicher Aufwand: 48,5 Millionen Euro / 48,4 Millionen Euro
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