Archiv

Ein Kumpel, kein "Johnny Controletti"

bv; 12. Oct 2016, 15:03 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Trotz aller Professionalität im Job will Frank-Peter Twilling ein "Mann zum Anfassen" bleiben.
ARCHIV

Ein Kumpel, kein "Johnny Controletti"

bv; 12. Oct 2016, 15:03 Uhr
Oberberg - Frank-Peter Twilling führt ein Leben mit vielen Kompromissen - Als Kreisbrandmeister muss er zahlreichen Verpflichtungen nachkommen und ist meist eng an der Seite seiner Wehrleute.
Von Bernd Vorländer

Er ist ein lockerer, umgänglicher, ja hemdsärmeliger Typ, nicht nur, wenn man ihm beim Kaffee gegenübersitzt und mit ihm über Gott und die Welt philosophiert, seine Motivation hinterfragt wie den Druck der Verantwortung, der auf ihm lastet. Bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit seines Jobs und der Professionalität des Handelns hat seine Persönlichkeit etwas Leichtes, Schwingendes und die Prise von rheinischem Lebensgefühl, die es braucht, um ein Unternehmen zu führen, dass zwar auch hierarchisch aufgebaut ist, bei dem man allerdings mit Chef-Allüren schnell an seine Grenzen kommt. „Führen gelingt nur durch Zusammenarbeit und Verständnis füreinander“, sagt Frank-Peter Twilling. Er ist der Vormann des Unternehmens Feuerwehr mit 4.200 Floriansjüngern im Kreis. 2.700 aktive Wehrleute hören im Ernstfall auf sein Kommando.


Am Anfang, nachdem er 2011 das Amt des Kreisbrandmeisters übernahm, habe er einige Vorbehalte ausräumen müssen. Denn Twilling ist oft vor Ort bei seinen Leuten und beobachtet die Einsätze. Weniger als „Johnny Controletti“, obwohl das zu seiner Arbeitsbeschreibung als Angestellter des Oberbergischen Kreises gehört, sondern vielmehr aus Interesse, weil ihm seine Leute am Herzen liegen und er seinen Teil dazu beitragen will, damit die Einsätze optimal ablaufen. „Ich dränge da nie in den Vordergrund, betätige mich oft in zweiter und dritter Reihe und will den Wehrleuten einfach nur zeigen, dass ich an ihrer Seite bin, auch wenn es drei Uhr in der Nacht ist“, sagt Twilling. Bereits als Jugendlicher stand für ihn fest, dass er zur Feuerwehr gehen würde. Zunächst in Marienberghausen, später wurde er dann Gemeindebrandinspektor in Nümbrecht. „Ich hatte immer schon ein Helfersyndrom.“ Aus Twillings Mund hört sich das eben nicht wie eine behandlungsbedürftige seelische Notlage, sondern als scherzhafter Verweis auf seine soziale Grundeinstellung an.

Die ganz persönliche Nachbereitung der Einsätze ist für Frank-Peter Twilling sehr wichtig. Angehörige von durch Unfälle oder Unglücke getöteten Opfern besucht er auch noch lange nach den Tragödien. Und für sich selbst hat Twilling einen Weg gefunden, mit dem manchmal Unfassbaren fertig zu werden. „Wann immer es meine Zeit erlaubt, gehe ich möglichst täglich fünf oder zehn Minuten in eine Kirche. Diese Umgebung lässt mich zur Ruhe kommen.“ Die Kraft, die ihm hier gegeben werde, lasse ihn mit dem Geschehenen abschließen. Die Seele der Helfer – davon ist Twilling überzeugt – dürfe keinen Schaden nehmen. Deshalb sind ihm auch die PSU-Teams der Feuerwehr im Oberbergischen wichtig, die psycho-soziale Unterstützung im Anschluss an Einsätze bieten. „Es geht kein Feuerwehrmann alleine nach Hause, der mit dem Einsatz ein Problem hatte“, so der Kreisbrandmeister.

Twillings Leben ist eines mit vielen Kompromissen. Für den verheirateten Vater zweier erwachsener Kinder und Hundefreund ist der „Piepser“ ständiger Begleiter. Wenn drei Einheiten oder mehr zu einem Geschehen gerufen werden, wenn Unfälle passieren und Menschen verletzt sind, wenn Feuerwehrleute zu Schaden kommen oder überörtliche Hilfe beansprucht wird, ist Twilling informiert und meistens eilt er dann zur Unglücksstelle. Wie lange sich der 61-Jährige diesem Stress aussetzen will? Gerade hat der Kreis seinen Vertrag bis 2018 verlängert. Und eigentlich will Twilling dann aufhören, denn „es kommen jüngere Leute mit neuen Ideen und dann sollte man die auch mal machen lassen“. Aber bis dahin ist noch Zeit, die Twilling unter anderem nutzen will, um gemeinsam mit vielen weiteren Aktiven die Zukunft der Feuerwehr zu sichern.

Den Ausbildungsstand der oberbergischen Wehrleute bezeichnet der Kreisbrandmeister als „hervorragend“, für den Nachwuchsbereich sieht er die Ampel auf Gelb. Vieles sei schon geschehen, um junge Menschen für die Feuerwehr-Arbeit zu begeistern. Dass 20 Prozent der Mitglieder in den Jugendfeuerwehren junge Frauen seien, hält Twilling für „sehr erfreulich und bemerkenswert“. Auch das Element der Bambini-Feuerwehr sei erfolgreich und nachahmenswert. Dennoch bedürfe es noch großer Anstrengungen, um den Gedanken der gelebten Solidarität, der die Feuerwehr auszeichne, der jungen Generation nahezubringen. „Da dürfen wir nicht nachlassen“, so der oberbergische Feuerwehrchef.   
  
WERBUNG