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Wo sind all die Wespen hin?

fj; 11. Aug 2016, 15:10 Uhr
Bild: privat --- Insekten stehen ganz oben auf dem Speiseplan der Wespe.
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Wo sind all die Wespen hin?

fj; 11. Aug 2016, 15:10 Uhr
Oberberg – Vergangenen Sommer waren sie allgegenwärtig, dieser Tage sieht man sie nur selten: OA sprach mit Stephanie Kesseler vom NABU über den Verbleib der Wespe und warum sie besser ist als ihr Ruf.
Mitte August, 14 Grad. Natürlich erinnert man sich da mit Wehmut an den Sommer 2015 zurück: heiße Tage, warme Nächte, Gartenpartys am laufenden Band. Aber war da nicht noch mehr? Kleine Plagegeister, die Attacken auf das Grillfleisch oder den Obstkuchen starteten, sich todesverachtend in die süße Limonade stürzten und auch manchmal schmerzende Stiche austeilten hatten im vergangenen Sommer Hochkonjunktur. In diesem waren Wespen bisher eher selten gesehene Gäste – und dies wird auch so bleiben, weiß Stephanie Kesseler, Mitglied im Arbeitskreis „Hornissenschutz“ des Naturschutzbundes (NABU) Kreisverband Oberberg.

Für die Größe eines Wespenvolkes sind die Temperaturen im Frühjahr wichtig, erklärt die 53-jährige Nümbrechterin. Dann legt die Königin die ersten Eier, aus denen Arbeiterinnen heranwachsen, die sich ihrerseits um das wachsende Volk kümmern. Allerdings fliegen sie ungern bei Regen und so bedeutet ein nasses und kaltes Frühjahr wie das diesjährige, dass es weniger Wespen gibt.

Frühjahr und Sommer nutzen die Insekten, um ihren Staat aufzubauen, der dann im August und Herbst am größten ist. Die erwachsenen Wespen ernähren sich von Pflanzensäften und Blütennektar, die Brut wird mit eiweißhaltiger Nahrung wie Insekten versorgt. „Wenn es viele Wespen gibt und die Nahrung knapp zu werden droht, bedienen sie sich gerne an unseren Tischen“, erklärt Kesseler, warum sich Wespen insbesondere im Spätsommer von der Gartenparty wie magisch angezogen fühlen.



Eigentlich sind es nur zwei Arten, die dem Menschen lästig werden: Die Gemeine und die Deutsche Wespe, die zu den Kurzkopfwespen gehören. Sie bauen ihre Nester gerne im Erdreich oder auf Dachböden, ihre Völker werden größer und sie sind langlebiger als die der Langkopfwespen. „Außerdem sind sie sehr nervös, fühlen sich schneller bedroht und stechen zu“, weiß Kesseler. Der alte Rat, Ruhe zu bewahren, macht ihrer Meinung nach noch immer Sinn.

„Das im menschlichen Atem enthaltene Kohlendioxid gilt im Wespennest als Alarmsignal. Darum sollte man auf keinen Fall versuchen, Wespen wegzupusten.“ Auch herumfuchtelnde Hände empfinden Wespen als Bedrohung – und sie stechen, wenn sie sich bedroht fühlen. Hat man eine Wespe erschlagen, lockt dies schnell ihre Artgenossen an. „Eine tote Wespe verströmt einen Duftstoff, der alle anderen auch gleich in Rage bringt“, so die Expertin.

Besser wäre es, die Insekten abzulenken. „Ich stelle gerne ein leeres Glas Marmelade irgendwo hin, wo es nicht stört. Dann können sich die Wespen hier satt essen, während ich in Ruhe meinen Kuchen genieße“. Den gleichen Effekt hat ein Stück Fleisch oder ein Apfelsaft-Essig-Mix. Hiermit sollte man aber nur den Boden eines Glases bedecken, damit die Wespen nicht in der Flüssigkeit ertrinken. Denn ganz davon abgesehen, dass Arten wie die Hornisse unter Naturschutz stehen, sind alle Wespen auch durchaus nützlich: Ein Volk vertilgt bis zu 500 Gramm Insekten an einem Tag, darunter Motten, Spinnen und Mücken.

Wer ein Nest an seinem Haus findet, sollte zuallererst Ruhe bewahren. Denn ein Volk sendet Wächter aus, die sofort Alarm schlagen, sollte es vorm Wespenstock zu hektisch zugehen, erklärt Kesseler. Rat und Hilfe bei Problemen mit Wespen, aber auch Hummeln und Hornissen, bietet der Arbeitskreis Hornissenschutz des NABU. „Wenn das Nest nicht stört, kann man auch einfach bis zum Winter warten und es dann entfernen“, so Kesseler. Die Insekten sterben im Herbst, nur die Jungköniginnen überwintern – allerdings nicht im Nest, sondern einem geschützten Ort wie einer Holzspalte. Im nächsten Frühjahr geht es dann von vorne los und wieder wird das Wetter entscheiden, mit wie vielen der schwarz-gelben Insekten man im nächsten Sommer auskommen muss.
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